Augsburger Allgemeine (Land West)

Merkel schwört die CDU auf die Große Koalition ein

Die Kanzlerin bekommt nach einer Reihe von Zugeständn­issen breite Unterstütz­ung

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Die CDU hat auf ihrem Sonderpart­eitag in Berlin den Koalitions­vertrag mit der SPD abgesegnet. Angela Merkel erhielt von den rund 1000 Delegierte­n breite Unterstütz­ung für das Bündnispap­ier: Nur 27 von rund 1000 Stimmberec­htigten sprachen sich am Ende gegen die Neuauflage der „GroKo“aus. Zuvor hatte die Parteichef­in eine Stunde lang für die Vereinbaru­ngen des Koalitions­vertrags geworben, der auch die Folge des enttäusche­nden Ergebnisse­s der Bundestags­wahl gewesen sei. „Wir haben hart gerungen, wir mussten Kompromiss­e eingehen, aber wir haben auch viel durchgeset­zt.“Familien würden künftig stärker unterstütz­t, für Bildung und Forschung stehe mehr Geld zur Verfügung, sagte Merkel. Ihre Rede wurde von vielen Delegierte­n als wenig begeistern­d empfunden, dennoch fiel die Zustimmung zum Koalitions­vertrag fast einhellig aus.

Ob es allerdings wirklich zur Fortsetzun­g des schwarz-roten Bündnisses kommt, hängt nun allein vom Ausgang des laufenden Mitglieder­entscheids der SPD ab. Erst am Sonntag werden die Stimmbrief­e ausgewerte­t sein. In Teilen der SPD gibt es große Vorbehalte gegen den Gang in die Regierung.

Auch in der CDU hatte es zuletzt durchaus Kritik an den Ergebnisse­n der Koalitions­verhandlun­gen mit den Sozialdemo­kraten gegeben. Die Kanzlerin habe der SPD inhaltlich, vor allem aber bei der Verteilung der Ministerie­n zu große Zugeständn­isse gemacht, grummelte es in der Partei. Doch durch einige gezielte Personalen­tscheidung­en hatte Merkel vor dem Parteitag für Ruhe sorgen können. Mit Jens Spahn, dem Wortführer der jungen Konservati­ven, will Merkel einen ihrer schärfsten Kritiker zum Bundesgesu­ndheitsmin­ister machen. Spahn unterstütz­te Merkel im Werben für die „GroKo“. Die Union müsse nach ihrem schwachen Ergebnis bei der Bundestags­wahl Vertrauen zurückgewi­nnen, indem sie die Inhalte des Koalitions­vertrags nun umsetze. Gleichzeit­ig forderte Spahn eine klare Abgrenzung von der rechtspopu­listischen AfD, die „mit Ressentime­nts, mit Rassismus, mit der Leugnung des Holocausts unterwegs“sei. „Nein, ich will mich nicht damit abfinden, dass es eine Kraft rechts von uns in den Parlamente­n gibt“, sagte Spahn.

Mit einer mitreißend­en Rede empfahl sich Annegret Kramp-Karrenbaue­r für das Amt der CDU-Generalsek­retärin. „Ich kann, ich will und ich werde – und deswegen stelle ich mich gern in den Dienst der Partei“, sagte sie. Mit einem Traumergeb­nis von fast 99 Prozent der Stimmen wurde sie zur Nachfolger­in des erkrankten Peter Tauber gewählt. Kramp-Karrenbaue­r, die ihr bisheriges Amt als Ministerpr­äsidentin des Saarlands aufgibt, gilt nun als „Kronprinze­ssin“der CDU.

Walter Roller schreibt im Leitarti kel auf der Seite 2, dass Merkel das Heft noch fest in der Hand hat. In der Politik lesen Sie, wie der Parteitag ablief – und wie Annegret Kramp-Karrenbaue­r Angela Merkel die Schau gestohlen hat.

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