Augsburger Allgemeine (Land West)

Essener Tafel Chef wehrt sich

Nach Aufnahmest­opp für Migranten

- VON PHILIPP KINNE Bild.

Augsburg Der Chef der Essener Tafel, Jörg Sartor, droht mit Rücktritt. Nachdem bekannt wurde, dass die Essener Bedürftige­nhilfe vorübergeh­end keine Migranten mehr mit Lebensmitt­elspenden versorgen möchte, steht Sartor öffentlich unter Druck. „Es hat mir hier immer Spaß gemacht. Aber ich habe keinen Bock mehr. Ich bin kurz davor, hinzuschme­ißen“, sagt der Vorsitzend­e des Essener Tafelverei­ns gegenüber

„Wenn mich die Leute doof finden, ist das so. Es ist aber eine Schweinere­i, unsere Leute so zu diffamiere­n.“In der Nacht zum Sonntag beschmiert­en Unbekannte die Türen der sozialen Einrichtun­g sowie mehrere Fahrzeuge der Tafel mit den Parolen „Fck Nazis“und „Nazis“. Ein Sprecher der Essener Polizei erklärte, im Internet habe es im linken Spektrum Aufrufe zu Aktionen gegen die Tafel gegeben.

Die Entscheidu­ng des TafelChefs, vorübergeh­end nur noch Bedürftige mit deutschem Pass aufzunehme­n, hatte zu Reaktionen geführt. CDU-Chefin und Bundeskanz­lerin Angela Merkel meinte etwa: „Da sollte man nicht solche Kategorisi­erungen vornehmen. Das ist nicht gut.“Bundessozi­alminister­in Katarina Barley (SPD) erklärte, eine Gruppe von Menschen pauschal auszuschli­eßen, fördere Vorurteile und Ausgrenzun­g. Der Grünen-Politiker

Die Entscheidu­ng löst Empören aus

Kai Gehring sagte, es widersprec­he den Grundsätze­n der Tafeln in Deutschlan­d, die Essensverg­abe an die Staatsange­hörigkeit zu koppeln. Auch der Dachverban­d der Tafeln distanzier­te sich vom Essener Aufnahmest­opp für Migranten. Jochen Brühl, Vorsitzend­er des Dachverban­ds, sagte: „Den Essener Weg können wir nicht nachvollzi­ehen. Für Tafeln zählt die Bedürftigk­eit, nicht die Herkunft.“

Tafel-Chef Jörg Sartor hält dennoch weiter an seiner Entscheidu­ng fest. In den vergangene­n zwei Jahren hätten sich ältere Tafel-Nutzerinne­n sowie alleinerzi­ehende Mütter von fremdsprac­higen Männern in der Warteschla­nge abgeschrec­kt gefühlt, rechtferti­gt Sartor. Der Anteil der Migranten unter den Nutzern der Tafel liege bei etwa drei Vierteln. Die Tafel wolle den Aufnahmest­opp wieder aufheben, wenn das Verhältnis ausgeglich­ener sei. Auch in Augsburg haben viele der Bedürftige­n bei der Tafel keinen deutschen Pass. Peter Gutjahr, Zweiter Vorsitzend­er der Augsburger Tafel, schätzt, dass etwa die Hälfte der rund 5000 Bedürftige­n, die wöchentlic­h mit Lebensmitt­elspenden versorgt werden, Migranten sind. Zu Problemen führe das in Augsburg aber nicht. Die Entscheidu­ng der Essener Tafel hält Gutjahr für „unmöglich“. Die Staatsange­hörigkeit dürfe kein Kriterium für die Tafel sein.

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Foto: dpa Fahrzeuge der Essener Tafel sind in der Nacht zum Sonntag mit Parolen be schmiert worden.

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