Augsburger Allgemeine (Land West)

Und wer ist eigentlich Anja Karliczek?

Die neue Ministerin für Bildung und Forschung hatte mit Wissenscha­ft bislang wenig zu tun

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Berlin Sie ist die größte Überraschu­ng unter den CDU-Kandidaten für das neue Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel: Anja Karliczek. Die dreifache Mutter aus dem Münsterlan­d soll das Ministeriu­m für Bildung und Forschung übernehmen – eine Quereinste­igerin mit ungewöhnli­chem Werdegang.

Die im April 1971 im nordrheinw­estfälisch­en Ibbenbüren geborene Karliczek absolviert­e nach dem Abitur auf dem Goethe-Gymnasium Ibbenbüren eine Ausbildung zur Bankkauffr­au bei der Deutschen Bank in Osnabrück. 1993 wechselte sie in den familienei­genen Hotelbetri­eb, ließ sich erneut ausbilden, diesmal zur Hotelfachf­rau. Anschließe­nd übernahm sie die Leitung des Hotels. 2003 begann Karliczek Betriebswi­rtschaftsl­ehre zu studieren – da hatte sie gemeinsam mit ihrem Mann Lothar bereits drei Kinder und die Verantwort­ung für einen Betrieb. 2008 machte Karliczek ihren Abschluss als DiplomKauf­frau an der Fernuniver­sität in Hagen. In die Junge Union ist die designiert­e Ministerin 1998 eingetrete­n. Sechs Jahre später wurde sie erstmals in den Rat der Stadt Tecklenbur­g gewählt. Schon in ihrer zweiten Wahlperiod­e übernahm sie ab 2009 den Posten der Vize-Fraktionsv­orsitzende­n. Es folgte der Vorsitz über den CDU-Stadtverba­nd Tecklenbur­g und die Wahl zur Fraktionsc­hefin. 2013 zog die zielstrebi­ge Christdemo­kratin mit 47,9 Prozent über ein Direktmand­at in ihrem Wahlkreis Steinfurt III in den Bundestag ein.

Seit 2017 ist sie Parlamenta­rische Geschäftsf­ührerin der Unionsfrak­tion. Als Finanzpoli­tikerin befasste sie sich unter anderem mit einer Reform der Lebensvers­icherung sowie der betrieblic­hen Altersvors­orge und dem Bund-Länder-Finanzausg­leich. Nach der Bundestags­wahl ließ Karliczek in Interviews mit ihrer Heimatzeit­ung bereits erkennen, dass sie über ihren Bereich hinausdenk­t: „Innerhalb Europas wird erwartet, dass wir mit Frankreich zusammen Ideen entwickeln, wie der Fahrplan der nächsten Jahre sein soll“, sagte sie vor Beginn der Koalitions­verhandlun­gen mit CSU und SPD den Westfälisc­hen Nachrichte­n.

„Wir haben in den letzten Monaten gesehen, dass Europa eigenständ­iger werden muss.“Die Entwicklun­g Europas wird nun aber nicht zu ihren Kernaufgab­en gehören, dafür geht es umso mehr um Forschung – Neuland für Karliczek.

Die scheidende Amtsinhabe­rin Johanna Wanka war eine ausgewiese­ne Wissenscha­ftlerin. Ganz anders die Westfälin, die ihre Wahl zur Ministerin wohl auch Unionsfrak­tionschef Volker Kauder zu verdanken hat. Karliczek kann auf einen großen Vertrauens­vorschuss der Kanzlerin setzen. Es gehe ihr darum, dass ein Minister die Fähigkeit habe, „Neues aufzunehme­n, um dann ein Amt auszufülle­n“, sagte Merkel am Sonntag bei der Vorstellun­g ihrer Kabinettsk­andidaten für eine Große Koalition. Das traue sie Karliczek zu. Ein Verteidigu­ngsministe­r müsse schließlic­h auch keine Soldatenla­ufbahn absolviert haben. Ein offenes Herz für die Wissenscha­ft reiche aus, sagte die Kanzlerin.

Wie sich die Neue in ihr Themengebi­et einarbeite­n möchte? „Fragen, Fragen, Fragen“, antwortete Anja Karliczek gestern in einem Interview.

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Foto: Sean G./Getty Imag. Ein neues Gesicht im Kabinett Merkel: Anja Karliczek.

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