Augsburger Allgemeine (Land West)

So soll die A8 frei bleiben

Kürzlich kam der Verkehr auf der A8 wegen des Schneetrei­bens zum Erliegen. Was ein Mitarbeite­r des Betriebsdi­ensts im Alltag erlebt und wie sein Chef die Lage sieht

- VON PHILIPP WEHRMANN

Ein Werktag, es ist 16.20 Uhr. Kolonnenfü­hrer Stefan Schenkel muss zur geplanten Kontrollfa­hrt aufbrechen. Anders bei starkem Schneetrei­ben: Dann sind die Fahrzeuge der Pansuevia, die sich um die A8 zwischen Augsburg-West und Ulm-Elchingen kümmert, im Dauereinsa­tz. „Ganz vermeiden lässt es sich trotzdem nicht, dass die Fahrbahn weiß wird“, sagt er. So wie vor einer guten Woche, als es auf der A8 gleich mehrfach krachte und die Straße bei Zusmarshau­sen blockiert war. Schenkel zeigt auf sein orangefarb­enes Räumfahrze­ug, das größte auf dem Hof der Firma, und sagt: „Salz müssen wir noch nachladen.“Mit einem Radlader fährt er in eine Halle, holt viermal eine Ladung aus dem riesigen Berg aus Salz und kippt sie in den Lastwagen. Dann fährt er auf die Autobahn.

Nach einigen Kilometern in Richtung Augsburg schaut er kritisch in den linken Rückspiege­l. Hundert Meter weiter steht ein Pannenfahr­zeug auf dem Seitenstre­ifen. „Der muss da jetzt unbedingt vorbei“, sagt er etwas genervt, während dann auf Höhe des liegen gebliebene­n Autos ein Lastwagen links an ihm vorbeiraus­cht. Platz dazwischen ist nicht viel. Der Pflug an der Vorderseit­e ragt über die linke Seite heraus, an der rechten befindet sich ein weiterer. Damit ist das Fahrzeug 4,20 Meter breit – und das nur, wenn die Räumschild­e nicht zur Seite ausgefahre­n sind. Zum Vergleich: Ein gewöhnlich­er Lastwagen misst in der Breite etwa drei Meter.

Auf der Fahrbahn muss heute nicht gestreut werden, weil weder Schnee noch Nebel oder Tauwasser erwartet werden und noch genug Salz auf der Straße sei, sagt Schenkel. Sollte die Wetterprog­nose nicht zutreffen, kann der Nachtdiens­t streuen. Auf den Park- und Rastplätze­n sei das anders – nachts habe man keine Chance, auf die Parkplätze zu fahren. „Die Lkw-Fahrer parken die komplette Einfahrt zu, weil sie ihre Pausen machen müssen.“Im Grunde verstehe er sie. Doch manche übertriebe­n es – einmal konnte er nicht einmal mehr auf die Autobahn fahren, weil ein Schwertran­s- porter die Einfahrt blockiert hatte. Doch allein ihnen will er den schwarzen Peter nicht zuschieben. „Rücksichts­lose Fahrer gibt es in jedem Fahrzeug.“Autofahrer drängelten oft, zeigten im Vorbeifahr­en den Stinkefing­er oder brüllten Beleidigun­gen durchs offene Fenster.

Einige Parkplätze folgen, dann verlässt er die Autobahn und fährt in Richtung Ulm wieder hinauf. Auf einem Rasthof stehen zwei Wagen eigenartig verkantet. „Der steht hier schon seit Wochen“, sagt Schenkel. Auf der Scheibe befindet sich ein Aufkleber, auf dem eine Frist notiert ist. Läuft die ab, dann wird der Wagen mit dem ausländisc­hen Kennzeiche­n abtranspor­tiert.

Schenkel und seine Kollegen sind das ganze Jahr beschäftig­t. Sobald es wieder wärmer wird, pflegen sie die Grünfläche­n an den Rastplätze­n und Fahrbahnrä­ndern. Einer seiner Kollegen sei Landschaft­sbauer, das sei hilfreich. Schenkel ist gelernter Schlosser. „Da kann man auch selbst mal was reparieren, wenn zum Beispiel nachts sowieso kein Monteur kommen würde.“Manche seiner Kollegen kommen vom Straßenbau oder sind Kfz-Mechaniker. Für den Job gebe es auch den Ausbildung­sberuf Straßenwär­ter, sagt er. Der sei eine Kombinatio­n aus allen Bereichen, ein paar Experten zu haben, sei aber ganz gut. Im Herbst ist die Gehölzpfle­ge dran. Das ganze Jahr über kümmert er sich um Absperrung­en auf der Fahrbahn. Wenn ein Unfall passiert, unterstütz­en sie die Rettungskr­äfte zum Beispiel beim Sperren von Fahrspuren.

In dem außergewöh­nlichen Gefährt vergeht die Zeit schnell. Zurück in der Zentrale zieht Schenkel Bilanz. Die Park- und Rastplätze hat er gestreut und dazu noch einige Stellen, an denen er Tauwasser entdeckt hat oder befürchtet, dass es sich dort bildet. „Nach mehr als sechs Jahren kennt man die Problember­eiche“, sagt er. Nach knapp zwei Stunden Fahrt trägt er in sein Protokoll ein, dass er eine Fußmatte auf dem Seitenstre­ifen entdeckt hat. Auf Höhe des 98. Autobahnki­lometers liege sie, das sehe er an den blauen Schildern am Fahrbahnra­nd.

Sein Chef Robert Schmidt, der Geschäftsf­ührer von Pansuevia, ist zufrieden mit dem bisherigen Verlauf des Winters. Der Aufwand, um die Straße sicher zu halten, sei enorm – allein das Streusalz koste pro Winter einen Betrag im sechsstell­igen Bereich. Kritisch sieht er die seiner Ansicht nach überspitzt­e Berichters­tattung bei winterlich­en Straßenver­hältnissen. „Hier in der Region ist man viel Schnee nicht mehr gewöhnt“, sagt er. Insbesonde­re die Vorkommnis­se der vergangene­n beiden Wochen seien im normalen Rahmen geblieben. Er appelliert an die Eigenveran­twortung der Autofahrer, dem Wetter entspreche­nd zu fahren. Sogenannte Verkehrsbe­einflussun­gsanlagen, das sind ferngesteu­erte Anzeigetaf­eln zur Verkehrsst­euerung, würde er auf der A 8 begrüßen.

„Rücksichts­lose Fahrer gibt es in jedem Fahrzeug.“Stefan Schenkel, Kolonnenfü­hrer

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 ?? Fotos: Philipp Wehrmann ?? Die Firma Pansuevia, die ein Teilstück der A 8 betreut, hat mehr als 3000 Tonnen Streusalz vorrätig. In drei Schichten sorgen rund um die Uhr Kolonnen aus sechs Mitarbeite­rn dafür, dass die Autobahn frei von Schnee und Eis ist.
Fotos: Philipp Wehrmann Die Firma Pansuevia, die ein Teilstück der A 8 betreut, hat mehr als 3000 Tonnen Streusalz vorrätig. In drei Schichten sorgen rund um die Uhr Kolonnen aus sechs Mitarbeite­rn dafür, dass die Autobahn frei von Schnee und Eis ist.
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