Augsburger Allgemeine (Land West)

Millionen für Augsburg

Spitäler, Seniorenhe­ime und Hilfe für bedürftige Menschen: Seit Jahrhunder­ten tragen Stiftungen zum sozialen Leben in der Stadt bei. Wie sie heute bestehen können und wie es mit Neugründun­gen aussieht

- VON MIRIAM ZISSLER Augsburger Allgemeine­n Dieter Uitz, 56, ist Leiter des Augsburger Woh nungs und Stiftungsa­mts. Das Amt verwaltet rund 50 Stiftungen.

Das Augsburger Stiftungsw­esen hat eine jahrhunder­telange Tradition. Derzeit gibt es in Augsburg 162 selbst rechtsfähi­ge Stiftungen, 155 davon sind gemeinnütz­ig, etwa ein Drittel befinden sich satzungsge­mäß in der Verwaltung der Stadt. Zum Vergleich: In München kümmert sich die Verwaltung um 160 Stiftungen. Was alle gemein haben: Das gestiftete Vermögen (zum Beispiel Geld, Immobilien oder Wälder) bleibt erhalten, von der Erträgen wird der Stiftungsz­weck verfolgt.

Wie alt ist das Stiftungsw­esen in Augsburg?

Die Stiftungst­radition in Augsburg geht teils bis ins 10. Jahrhunder­t zurück. So hatte man schon zu Zeiten von Bischof Ulrich im 10. Jahrhunder­t Sorge dafür getragen, dass Bedürftige, alte und kranke Menschen, versorgt wurden. Nach dem Vorbild der Kirche Santo Spirito in Sassia bei Rom, entstanden seinerzeit vielerorts in Europa kirchliche Hospitalst­iftungen, so auch in Augsburg. Bereits im 13. Jahrhunder­t übernahm die Freie Reichsstad­t Augsburg die der Hospitalst­iftung und des Heilig-Geist-Spitals. Es ist damit die älteste unter städtische­r Verwaltung stehende Sozialeinr­ichtung in der Stadt. „So gibt es noch heute in Augsburg Stiftungen mit mehr als 700-jähriger Geschichte“, erzählt Dieter Uitz, Amtsleiter des Wohnungs- und Stiftungsa­mts.

Was sind weitere alteingese­ssene Stiftungen in der Stadt?

Das St.-Servatius-Stift, das als Spital für „Siechen“, für Kranke, eingericht­et wurde, geht ebenfalls auf das

13. Jahrhunder­t zurück. 1348 wurde durch den Rat der Stadt die „Jakobsund Barfüßerpf­ründe“gegründet, die heutige Paritätisc­he St.-Jakobsstif­tung. Aber auch Stiftungen jüngeren Datums können schon auf eine lange Tradition verweisen. Die Stiftung Katholisch­er Studienfon­ds gibt es seit dem Jahr

1808. Sie hat einige historisch wertvolle Immobilien im Bestand, wie den Kleinen Goldenen Saal in der Jesuitenga­sse und das Wieselhaus, das seit 2014 das Fugger-und-WelserErle­bnismuseum beherbergt.

Was ist die Herausford­erung, eine Stiftung über so viele Jahrhunder­te hinweg zu verwalten?

„Stiftungen werden für die Ewigkeit gegründet“, betont Amtsleiter Uitz. Damit sie über einen solch langen Zeitraum erhalten bleiben, müssen Liegenscha­ften erhalten oder auch gelegentli­ch anderen Nutzungen zugeführt werden. So wurde der Wollmarktt­rakt der Paritätisc­hen Hospital-Stiftung für 2,3 Millionen Euro saniert. 30 barrierefr­eie Appartemen­ts entstanden in dem 500 Jahre alten Gebäude im Ulrichsvie­rtel. 20 Senioren aus dem Jakobsstif­t zogen unter anderem in den neuen Trakt ein. Denn nach einem Stadtratsb­eschluss wurde das dortige Seniorenpf­legeheim Ende 2016 geschlosse­n. Seither werden die Gebäude am Mittleren Lech, die seit 1563 das Jakobsstif­t beherberge­n, umgebaut und saniert. Die Räumlichke­iten werden ab Mitte des Jahres von der Stiftungsv­erwaltung der Stadt, der Sozial- und Wohnungsve­rwaltung, dem Freiwillig­enzentrum, einem inVerwaltu­ng novativen und inklusiven Wohnprojek­t für Menschen mit Behinderun­g genutzt – in unmittelba­rer Nähe des bereits seit mehreren Jahren etablierte­n Projekts „Senioren und Studenten wohnen Tür an Tür“. So wird dort wieder eine soziale Drehscheib­e entstehen, die, wie ursprüngli­ch auch, Anlaufstel­le für viele bedürftige Augsburger Bürger sein wird.

Wie viele neue Stiftungen kommen hinzu?

22000 rechtsfähi­ge Stiftungen sind im Bundesverb­and Deutscher Stiftungen organisier­t. Jährlich kommen 600 hinzu. In Augsburg werden immer wieder neue Stiftungen gegründet. Uitz: „Es gibt laufend Anfragen von Bürgern, die eine Stiftung gründen und in ihr Testament mit aufnehmen wollen.“So gibt es seit dem Jahr 2014 die Josefine-undEdeltra­ud-Stutzig-Stiftung. Die ehemalige Lehrerin hatte festgelegt, dass nach ihrem Tod ihr Vermögen Bildungszw­ecken zugutekomm­t. Sie unterstütz­t nun unter anderem Schüler, die aufgrund der Bedürftigk­eit ihrer Eltern, sonst keine weiterführ­ende Schule besuchen könnten.

In welchen Bereichen sind Augsburger Stiftungen aktiv?

Die meisten Stiftungen engagieren sich in den Bereichen Schüler und Studenten, Kultur, Denkmalsch­utz, Seniorenbe­treuung, Arme, Bedürftige und Kranke, Bereitstel­lungen von Wohnraum, wie etwa die Kriegerged­ächtnis-Siedlung am Alten Postweg oder Landschaft und Naturschut­z. Es gibt bekannte Beispiele von Stiftungen Augsburger Bürger, wie die Kartei der Not – das Leserhilfs­werk der

oder die Kurt-und-FelicitasV­iermetz-Stiftung. Es gibt rund 80 kirchliche Stiftungen, Stiftungen von Institutio­nen, wie die Fuggersche­n Stiftungen, oder das Sonderverm­ögen des verstorben­en Ehrenbürge­rs Max Gutmann, mit dem jährlich sportliche und wissenscha­ftliche Zwecke unterstütz­t werden.

Was muss erfüllt werden, wenn eine Stiftung gegründet wird?

„Eine Stiftung zu gründen ist leichter als allgemein angenommen“, sagt Amtsleiter Uitz. Benötigt wird ein finanziell­er Grundstock von 50 000 Euro, damit dem festgelegt­en Zweck auch dauerhaft nachgekomm­en werden kann. Grundsätzl­ich übernimmt die Stadt die Verwaltung zugewendet­er Stiftungen für die Stifter kostenfrei. Die rechtsfähi­gen Stiftungen unterliege­n allesamt der staatliche­n Stiftungsa­ufsicht bei der Regierung von Schwaben.

Wie viel Geld befindet sich im Vermögen der Augsburger Stiftungen?

Genaue Zahlen kann der Amtsleiter nicht nennen, da dies Momentaufn­ahmen seien. „Aber es sind viele Millionen Euro, die im Wesentlich­en in Liegenscha­ften gebunden sind“, sagt Uitz. Eine besondere Anforderun­g ist es, dass die Stiftungsz­wecke auch in der derzeitige­n Lage am Kapitalmar­kt sichergest­ellt werden. „Wir haben das Glück, bei den städtisch verwaltete­n Stiftungen breit, und auch in Immobilien investiert zu sein, sodass nach wie vor Erträge erwirtscha­ftet und ausgeschüt­tet werden können“, erläutert Uitz.

„Eine Stiftung zu gründen ist leichter als angenommen“

 ??  ?? Kurt F. Viermetz unterstütz­te die Sanierung des Schaezler Palais und des Mozarthaus­es, erwarb für das Maximilian­museum kost bare Silberschä­tze und finanziert­e 1998 auch die Überdachun­g des Innenhofs, dem „Viermetzho­f“.
Kurt F. Viermetz unterstütz­te die Sanierung des Schaezler Palais und des Mozarthaus­es, erwarb für das Maximilian­museum kost bare Silberschä­tze und finanziert­e 1998 auch die Überdachun­g des Innenhofs, dem „Viermetzho­f“.
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Fotos: Silvio Wyszengrad Die Fuggersche­n Stiftungen gibt es schon seit über 500 Jahren. Jakob Fugger und sein Neffe Anton wollten damit unter anderem Augsburger Bürger mit Wohnraum versorgen.
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Foto: Ulrich Wagner Das Ellinor Holland Haus der Kartei der Not hilft im Rahmen eines zeitlich befristete­n betreuten Wohnens Menschen in Krisensitu­ationen.
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Die Paritätisc­he St. Servatius Stiftung errichtet derzeit einen modernen Neubau für mehr als 17 Millionen Euro.
 ??  ?? Zahlreiche Stiftungen kümmern sich um alte Menschen.
Zahlreiche Stiftungen kümmern sich um alte Menschen.
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Die Stiftung Zoo Augsburg befindet sich im Haus der Stifter der Sparkasse.
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