Augsburger Allgemeine (Land West)

Warum diese Frau bei den Männern im Tor steht

Franziska Albl steht bei den Landsberge­r Riverkings im Tor. Die gegnerisch­en Fans und Spieler gehen nicht zimperlich mit der Torfrau um

- VON MARGIT MESSELHÄUS­ER

Landsberg Die Haare verraten sie: Bei den Landsberge­r Riverkings, die in den Eishockey-Play-offs gegen Lindau um den Einzug ins Halbfinale kämpfen, steht eine Frau im Tor. Anfang Januar wechselte Franziska Albl von Miesbach zum Bayernligi­sten nach Landsberg und wurde ins kalte Wasser geworfen, denn im letzten Zwischenru­ndenspiel verletzte sich Stammtorhü­ter Christoph Schedlbaue­r – jetzt muss Albl ran.

Wie kommt eine Frau dazu, bei Männern im Eishockey-Tor zu stehen? Franziska Albl lacht: „Und die nächste Frage ist dann, wie das mit dem Umziehen funktionie­rt.“Beide kennt sie schon zur Genüge. Zuerst mal, warum bei den Männern: „Ich spiele auch in Planegg bei den Damen, aber die Männer-Liga ist noch ein anderes Kaliber. Hier kann ich einfach viel mehr lernen.“Denn Franziska Albl hat ein großes Ziel: Sie will mit der deutschen, dann Damen-Nationalma­nnschaft bei Olympische­n Spielen antreten. Im „Team D“ist die 23-Jährige schon seit der U15-Jugend fester Bestandtei­l. Inzwischen ist die gebürtige Füssenerin Mitglied der Bundeswehr­Sportförde­rgruppe. „So kann ich mich ganz auf den Sport konzentrie­ren.“Einzig der Montag ist Ruhetag. Den genießt sie, um auch mal mit ihrem Hund Lahja spazieren zu gehen und den Kopf freizubeko­mmen. Ansonsten steht jeden Tag Fitness und abends Training mit den Riverkings auf dem Programm.

„Das mit dem Umziehen ist gar kein Problem. Irgendeine Kabine ist immer frei.“Sobald sie die Unterwäsch­e – den Schwitzanz­ug – an hat, wechselt sie zurück in die Mannschaft­skabine. „Manchmal sind noch nicht alle Männer so weit, aber man geht ja auch in eine Sauna“, sagt sie mit einem Schmunzeln.

So genau dürfe man das nicht nehmen. Schließlic­h gebe es auf dem Eis auch keinen Unterschie­d mehr. „Ich will gar nicht, dass die Männer auf mich Rücksicht nehmen, nur so kann ich dazulernen und mich verbessern.“Dass die Männer diesen Wunsch berücksich­tigen, zeigt der dicke blaue Fleck an ihrem Unterarm. „Na ja, da ist der Schutz verrückt. Ich muss nur aufpassen, dass der Bluterguss nicht zu tief reingeht und auf den Muskel drückt.“Zimperlich darf man nicht sein – weder im Training noch beim Spiel.

Denn 1000 Zuschauer und mehr, die Stimmung machen, müssen auch erst verkraftet werden. „Die FanGesänge der Gegner versuche ich auszublend­en“, sagt sie – „Fliegenfän­ger“bei einem Gegentor ist noch harmlos. Auch die gegnerisch­en Spieler seien nicht immer „Gentlemen“: Ein Lindauer hatte sie im ersten Play-off-Spiel lauthals beschimpft, aber „auf Tschechisc­h, und das hab ich nicht verstanden“, sagt sie und lächelt verschmitz­t.

Dieses Spiel haben die Landsberge­r mit 4:1 gewonnen. Albl hätte bei ihrem Einstand beinahe ein Shutout feiern können – der Gegentreff­er fiel erst 90 Sekunden vor Schluss. Doch dann folgten drei Niederlage­n und an der zweiten war Albl nicht unschuldig. Vorwürfe machte ihr niemand – die machte sie sich schon selbst. Aber noch sind die Play-offs nicht zu Ende, auch wenn Lindau in der Best-of-seven-Serie 3:1 führt. Am Freitag steht das nächste Heimspiel an: „Wir werden alles geben und dann schauen wir mal.“

„Ich will gar nicht, dass die Männer auf mich Rücksicht nehmen, nur so kann ich dazulernen.“Franziska Albl über Teamkolleg­en und Gegner

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 ?? Foto: Thorsten Jordan ?? Franziska Albl kämpft mit den Landsberge­r Männern um den Aufstieg in die Oberliga. Mit der deutschen Frauen Nationalma­nnschaft verfolgt die gebürtige Füssenerin noch höhere Ziele.
Foto: Thorsten Jordan Franziska Albl kämpft mit den Landsberge­r Männern um den Aufstieg in die Oberliga. Mit der deutschen Frauen Nationalma­nnschaft verfolgt die gebürtige Füssenerin noch höhere Ziele.

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