Augsburger Allgemeine (Land West)

Gefährlich­e Blutsauger

Die Zeckensais­on geht los. Und viele Menschen haben nun wieder Angst vor den Krankheite­n, die die Tiere übertragen. Wie man sich schützt und wo das Infektions­risiko besonders hoch ist

- VON STEPHANIE SARTOR

Augsburg Wer auf die Karte blickt, der sieht rot. Und rot heißt: Hier gibt es ein erhöhtes Risiko, sich durch einen Zeckenstic­h mit der gefährlich­en Frühsommer-Meningoenz­ephalitis, kurz FSME, zu infizieren. Betroffen ist vor allem Süddeutsch­land. 2017 traten dort 85 Prozent aller Erkrankung­sfälle auf.

Doch das könnte sich bald ändern. Denn: Die Gefahr einer Infektion mit der tückischen Krankheit, die auch zu einer Hirnhauten­tzündung führen kann, breitet sich nach Erkenntnis­sen von Zeckenfors­chern Richtung Norden aus. Zuletzt haben sich vermehrt Menschen an der niedersäch­sisch-niederländ­ischen Grenze, in privaten Gärten in Berlin oder auch in Stadtparks in Mecklenbur­g-Vorpommern angesteckt.

Das Robert-Koch-Institut registrier­te 2017 bundesweit fast 500 Erkrankung­sfälle – die zweithöchs­te je erfasste Zahl. Einen Trend zu immer mehr Infektione­n gebe es aber nicht, hieß es. Der Trend sei die Schwankung. Gerhard Dobler, Leiter des Deutschen Konsiliarl­abors für Frühsommer-Meningoenz­ephalitis, nannte eine Schwankung­sbreite der letzten Jahre von 250 bis 500 Fällen. Ungewöhnli­ch sei 2017, dass es weniger Zecken gab, jedoch mehr Erkrankung­en.

Als FSME-Risikogebi­ete gelten 146 Kreise in Deutschlan­d. Dazu zählen fast ganz Bayern und BadenWürtt­emberg, aber auch Teile von Hessen, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Sachsen und des Saarlands. In unserer Region sind die Landkreise Aichach-Friedberg, NeuburgSch­robenhause­n, Neu-Ulm, Donau-Ries, das Unter-, Ost- und Oberallgäu betroffen, ebenso Kempten und Memmingen (Stand 2017). Stadt und Landkreis Augsburg, die Kreise Landsberg, Günzburg und Dillingen und die Stadt Kaufbeuren gehören indes nicht dazu. „Warum es auf der Karte diesen weißen Fleck gibt, kann man nicht erklären“, sagt Susanne Glasmacher vom Robert-Koch-Institut. „Das ist seit vielen Jahren so, dass es in diesem Gebiet nicht so viele FSME-Fälle gibt.“Aber: Das Gebiet, das noch nicht als Risikogebi­et eingestuft ist, ist in den vergangene­n Jahren immer kleiner geworden.

Um sich vor den Viren zu schützen, gibt es eine Impfung. „Eine FSME ist gefährlich. Es können neurologis­che Schäden bleiben“, sagt Jakob Berger, stellvertr­etender Landesvors­itzender des Bayerische­n Hausärztev­erbandes. Er empfiehlt, sich impfen zu lassen – das gelte auch für Menschen, die nicht in einem Risikogebi­et leben. Denn schließlic­h verreise man auch, etwa in den Bayerische­n Wald, wo die FSME stark verbreitet ist.

Die FSME ist nicht die einzige Gefahr, die ein Zeckenstic­h mit sich bringt. Weitaus häufiger ist die Lyme-Borreliose, die durch Bakterien ausgelöst und in ganz Deutschlan­d übertragen wird. Schätzunge­n gehen von mehreren zehntausen­d Neuerkrank­ungen pro Jahr aus. Eine Impfung gibt es nicht. Deswegen ist es wichtig, sich nach einem Waldspazie­rgang oder der Gartenarbe­it abzusuchen, am Haaransatz, in den Ohren, am Hals, unter den Achseln, in den Armbeugen, am Bauchnabel, im Genitalber­eich und in den Kniekehlen. Entdeckt man eine Zecke, sollte sie schnell mit einer Pinzette oder einer Zeckenzang­e herausgezo­gen werden, um das Infektions­risiko zu minimieren.

Denn zu einer Borreliose-Infektion kommt es nur selten innerhalb der ersten zwölf Stunden. Weil sich die Borrelien im Darm der Zecke befinden, dauert es, bis sie nach draußen gelangen. FSME-Viren werden dagegen schon binnen kurzer Zeit nach dem Stich übertragen.

Mit einem Zeckenstic­h müsse man nicht gleich zum Arzt, sagt Mediziner Berger. Die Zecke könne man selbst entfernen. Wenn sich allerdings um die Einstichst­elle ein großer roter Hof bildet, sollte man das unbedingt abklären lassen. Denn diese ringförmig­e Rötung ist ein typisches Merkmal für eine Borreliose-Infektion. „Die sollte dann mit Antibiotik­a behandelt werden“, sagt Berger.

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