Augsburger Allgemeine (Land West)
Damit die Stadt für alle zugänglich wird
Unterschiedlich behinderte Menschen brauchen auch unterschiedliche Hilfsangebote
Ziemetshausen/Landkreis Das Dilemma ist anhand des praktischen Beispiels der Ziemetshauser „Neuen Mitte“schnell erklärt: Ein öffentlicher Platz soll möglichst barrierefrei mit Rollstuhl oder Rollator befahren werden können. Eine weitgehend einheitliche, glatte Fläche ohne unnötige Schwellen oder grober Struktur ist da sehr hilfreich. Für einen sehbehinderten Menschen sind aber gerade Strukturänderungen im Bodenbelag, die er mittels seines Stockes wahrnehmen kann, eine wichtige Orientierungshilfe. Für beide Beeinträchtigungen in der Lebensführung soll eine optimale Lösung gefunden werden.
Dass alle Menschen, egal mit welcher körperlichen und geistigen Einschränkung, am gemeinschaftlichen Leben teilnehmen können, darum geht es bei der Inklusion. Und darum geht es insbesondere für den südlichen Teil des Landkreises Günzburg, wo das Dominikus-Ringeisen-Werk/Ursberg (DRW) bereits im Jahr 2015 die umliegenden Städte und Gemeinden um Mitarbeit nachfragte. Am Projekt beteiligen sich inzwischen die Stadt Krumbach und deren Volkshochschule, der Markt Münsterhausen, die Stadt Thannhausen, die Gemeinde Ursberg, der Markt Ziemetshausen und die Gemeinde Balzhausen. Im Frühjahr 2017 erging ein Antrag an die Aktion Mensch mit der Bitte um Unterstützung des Projektes. Im Oktober kam deren Zusage, verbunden mit einer Kostenbeteiligung von insgesamt knapp 154 000 Euro.
Für Ziemetshausens Gemeinderat Volker Zwick, als einem Vertreter der kooperierenden Gemeinden, ist nun die Zeit, in der Bevölkerung Barrieren ab- und Netzwerke aufzubauen. Für ihn fängt das bereits damit an, Aufklärung zu betreiben: „Laut Statistik sind in Deutschland knapp zehn Prozent der Bevölkerung schwerbehindert. Das wären in Ziemetshausen also ungefähr 300 Mitbürger. Zieht man dann noch in Betracht, dass davon lediglich vier Prozent angeborene Beeinträchtigungen und die restlichen 96 Prozent aufgrund Alter, Krankheit oder Unfall entstanden sind, kann sich jeder leicht ausrechnen, dass dieses Thema uns alle angeht. Jeder kann irgendwann einmal Betroffener sein.“
Zum Zwecke einer sinnvollen Koordination dieser breit angelegten Aktion hat sich ein Lenkungskreis, bestehend aus Verantwortlichen der teilnehmenden Städte und Gemeinden gebildet. Die Projektleitung haben dabei Verena Glock und Anita Landherr vom DRW. Sie sind es auch, die beispielsweise in Schulen und Kindergärten vorhandene Strukturen unterstützen, Barrieren erkennen, Wege für deren Abbau suchen und Bewusstwerdungsprozesse anschieben wollen. In Ziemetshausen soll das Thema demnächst auch im Sport- und Kulturausschuss zur Sprache kommen und von da in die Vereine weitergetragen werden. „Demnächst soll auch eine Volkshochschul-Schulung für alle Mitarbeiter des Zusamtal-Blättles stattfinden“, berichtet Volker Zwick. „Dort wird auch das Thema „leichte Sprache“behandelt. So sollen auch Mitbürger mit eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten die Möglichkeit bekommen, sich über das Gemeindeleben zu informieren.“
Der Abbau von räumlichen Barrieren im Ziemetshauser Rathaus mittels eines Aufzugs passt ebenfalls in das Konzept, genauso wie die geplante Einrichtung einer Bürgersprechstunde. Dort sollen die Bürger eine Möglichkeit bekommen, um Hilfe nachzufragen oder selbst Anregungen zu geben. Darüber hinaus sind die beiden Projektleiterinnen Verena Glock und Anita Landherr für Anregungen und Anfragen auch telefonisch zu erreichen unter der Nummer 08281/92 29 73.