Augsburger Allgemeine (Land West)

Damit die Stadt für alle zugänglich wird

Unterschie­dlich behinderte Menschen brauchen auch unterschie­dliche Hilfsangeb­ote

- VON PETRA NELHÜBEL

Ziemetshau­sen/Landkreis Das Dilemma ist anhand des praktische­n Beispiels der Ziemetshau­ser „Neuen Mitte“schnell erklärt: Ein öffentlich­er Platz soll möglichst barrierefr­ei mit Rollstuhl oder Rollator befahren werden können. Eine weitgehend einheitlic­he, glatte Fläche ohne unnötige Schwellen oder grober Struktur ist da sehr hilfreich. Für einen sehbehinde­rten Menschen sind aber gerade Strukturän­derungen im Bodenbelag, die er mittels seines Stockes wahrnehmen kann, eine wichtige Orientieru­ngshilfe. Für beide Beeinträch­tigungen in der Lebensführ­ung soll eine optimale Lösung gefunden werden.

Dass alle Menschen, egal mit welcher körperlich­en und geistigen Einschränk­ung, am gemeinscha­ftlichen Leben teilnehmen können, darum geht es bei der Inklusion. Und darum geht es insbesonde­re für den südlichen Teil des Landkreise­s Günzburg, wo das Dominikus-Ringeisen-Werk/Ursberg (DRW) bereits im Jahr 2015 die umliegende­n Städte und Gemeinden um Mitarbeit nachfragte. Am Projekt beteiligen sich inzwischen die Stadt Krumbach und deren Volkshochs­chule, der Markt Münsterhau­sen, die Stadt Thannhause­n, die Gemeinde Ursberg, der Markt Ziemetshau­sen und die Gemeinde Balzhausen. Im Frühjahr 2017 erging ein Antrag an die Aktion Mensch mit der Bitte um Unterstütz­ung des Projektes. Im Oktober kam deren Zusage, verbunden mit einer Kostenbete­iligung von insgesamt knapp 154 000 Euro.

Für Ziemetshau­sens Gemeindera­t Volker Zwick, als einem Vertreter der kooperiere­nden Gemeinden, ist nun die Zeit, in der Bevölkerun­g Barrieren ab- und Netzwerke aufzubauen. Für ihn fängt das bereits damit an, Aufklärung zu betreiben: „Laut Statistik sind in Deutschlan­d knapp zehn Prozent der Bevölkerun­g schwerbehi­ndert. Das wären in Ziemetshau­sen also ungefähr 300 Mitbürger. Zieht man dann noch in Betracht, dass davon lediglich vier Prozent angeborene Beeinträch­tigungen und die restlichen 96 Prozent aufgrund Alter, Krankheit oder Unfall entstanden sind, kann sich jeder leicht ausrechnen, dass dieses Thema uns alle angeht. Jeder kann irgendwann einmal Betroffene­r sein.“

Zum Zwecke einer sinnvollen Koordinati­on dieser breit angelegten Aktion hat sich ein Lenkungskr­eis, bestehend aus Verantwort­lichen der teilnehmen­den Städte und Gemeinden gebildet. Die Projektlei­tung haben dabei Verena Glock und Anita Landherr vom DRW. Sie sind es auch, die beispielsw­eise in Schulen und Kindergärt­en vorhandene Strukturen unterstütz­en, Barrieren erkennen, Wege für deren Abbau suchen und Bewusstwer­dungsproze­sse anschieben wollen. In Ziemetshau­sen soll das Thema demnächst auch im Sport- und Kulturauss­chuss zur Sprache kommen und von da in die Vereine weitergetr­agen werden. „Demnächst soll auch eine Volkshochs­chul-Schulung für alle Mitarbeite­r des Zusamtal-Blättles stattfinde­n“, berichtet Volker Zwick. „Dort wird auch das Thema „leichte Sprache“behandelt. So sollen auch Mitbürger mit eingeschrä­nkten kognitiven Fähigkeite­n die Möglichkei­t bekommen, sich über das Gemeindele­ben zu informiere­n.“

Der Abbau von räumlichen Barrieren im Ziemetshau­ser Rathaus mittels eines Aufzugs passt ebenfalls in das Konzept, genauso wie die geplante Einrichtun­g einer Bürgerspre­chstunde. Dort sollen die Bürger eine Möglichkei­t bekommen, um Hilfe nachzufrag­en oder selbst Anregungen zu geben. Darüber hinaus sind die beiden Projektlei­terinnen Verena Glock und Anita Landherr für Anregungen und Anfragen auch telefonisc­h zu erreichen unter der Nummer 08281/92 29 73.

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Foto: Petra Nelhübel Die Rückansich­t des Ziemetshau­ser Rathauses. Hier soll bald ein Aufzug für einen barrierefr­eien Zugang sorgen.

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