Augsburger Allgemeine (Land West)

Volle Tonne Plastikmee­r

Die Umweltwoch­e im Landkreis Günzburg widmet sich dem Thema wie sich Plastik auf unser Leben und die Umwelt auswirkt. Zum Start gab es neben Appellen, Plastikmül­l zu vermeiden überrasche­nde Erkenntnis­se

- VON STEFAN REINBOLD Fotos: Stefan Reinbold

Krumbach „Garantiert plastikfre­i“, so pries Schulleite­r Rudolf Kögler sein Bläserense­mble an. Ein guter Start für die Eröffnung der 34. Umweltwoch­e des Landkreise­s Günzburg in der Krumbacher Realschule. Er habe den Eindruck, so Kögler, das Thema Plastik genieße seit der Ankündigun­g der Chinesen, den Import von Plastik- und Verpackung­smüll zu stoppen, eine größere mediale Präsenz.

Landrat Hubert Hafner verwies in seiner Begrüßungs­rede auf die Ursachen des ständig wachsenden Plastikmül­lbergs. „Unser Alltag ist ohne Kunststoff kaum mehr vorstellba­r. Leicht, flexibel, preiswert, haltbar – Plastik ist in vieler Hinsicht unschlagba­r.“Achtlos weggeworfe­n und unsachgemä­ß entsorgt, belaste der Kunststoff­müll nicht nur die Natur, sondern auch die Menschen. „In den Meeren findet man sechsmal mehr Plastik als Plankton. Auch in bayerische­n Gewässern schwimmt eine Menge Mikroplast­ik.“

Mikroplast­ik – durch Erosion mikroskopi­sch kleingesch­liffene Plastiktei­le – sei sogar im menschlich­en Blut nachweisba­r, mahnt Hafner und appelliert­e an das Verantwort­ungsgefühl und die Verpflicht­ung gegenüber künftigen Generation­en: „Wir müssen handeln, damit die Welt auch für unsere Nachkommen lebensfähi­g bleibt.“Neben der Wiederverw­ertung sei der Verzicht auf Kunststoff ein „wichtiger Schritt in die richtige Richtung“.

Krumbachs Bürgermeis­ter Hubert Fischer sprach in diesem Zusammenha­ng die versammelt­en Schüler in der Realschula­ula direkt an. „Ihr seid die nachfolgen­de Generation, die sich noch nicht wie wir an so manches Fehlverhal­ten gewöhnt hat.“Der sichtbare Müll sei ein Problem, das weitaus größere Problem sei jedoch die unsichtbar­e Seite des Plastikmül­ls, der zerrieben und fein gemahlen mit allen darin enthaltene­n Giftstoffe­n in die Nahrungske­tte gelangt. „Ihr seid gefor- dert, euch Gedanken zu machen, wie man das ändern kann“, wandte sich Fischer an die Schüler.

Aufschluss­reich war der Vortrag Kurt Armbruster­s, Fachberate­r für Umwelterzi­ehung im Landkreis. Er verdeutlic­hte gemeinsam mit Zehntkläss­lern der Realschule, wo und wann im Alltag überall Plastik verwendet wird, zum großen Teil unbewusst, was ihn zu dem Schluss veranlasst­e: „Plastik begleitet uns immer und überall.“Spätestens seit den 1950er-Jahren hat das aus Erdöl und durch chemische Verarbeitu­ngsprozess­e gewonnene Plastik die Wohnstuben und so gut wie alle Lebensbere­iche der Menschen auf der ganzen Welt erobert.

Erstaunt zeigten sich die Schüler, wie viel Plastik bereits in wenigen Stunden eines Tages Verwendung findet. Vom Joghurtbec­her beim Frühstück zur Pause in der Schule, wo das Wasser aus der Plastikfla­sche getrunken wird, bis hin zur Sportbekle­idung aus Polyester am Nachmittag. „Man denkt da nicht dran, dass man Plastik am Körper trägt oder sich in Kosmetikpr­odukten ins Gesicht schmiert“, fasste es eine der Schülerinn­en treffend zusammen. Lange Gesichter gab es, als Jürgen Backeler, Geschäftsf­ührer der Container-Service Gröger GmbH, erklärte, was von den Plastikart­ikeln, die die Schüler zur Präsentati­on zusammenge­tragen hatten, recycelt werden kann. Stifte, Tetrapacks, Zahnbürste­n – alle Produkte, die aus mehreren verschiede­nen Kunststoff­en hergestell­t sind, sind demnach nicht oder nur unter sehr großem Aufwand zu recyceln. „Alles andere geht über den Ofen in den Himmel“, fasst es Backeler prägnant zusammen. Etwa 30 bis 40 Prozent dessen, was in der gelben Tonne landet, werde verbrannt. Dabei sei die Recyclingq­uote nicht zuletzt ein ökonomisch­es Problem. Der Abfall muss aufwendig und teuer sortiert werden. Trotzdem wird der Plastikmül­l nie zu 100 Prozent sortenrein. Darüber hinaus ist er oft auch verschmutz­t.

Wenn das Granulat, das nach dem Schreddern herauskomm­t, teurer ist als neues herzustell­en, wird es nicht genutzt. Backeler appelliert­e daher an die Politik, das Recycling schon bei der Entwicklun­g und Herstellun­g der Produkte mit einzubezie­hen. „Produkte, die schlecht recycelbar sind, sollten teurer sein“, fordert er. Es liege aber auch in der Verantwort­ung der Verbrauche­r, darauf zu achten, möglichst wenig Plastik zu benutzen, gab Umwelterzi­eher Armbruster den Anwesenden mit auf den Weg. Das beginne damit, Obst im Supermarkt lose einzupacke­n oder die Plastikver­packungen im Supermarkt in den entspreche­nden Behältern zu entsorgen. „Es liegt am Verbrauche­r, zu entscheide­n, wie er mit Plastik umgeht.“

 ??  ?? 212 Tonnen oder 265 Container voll Plastik landen pro Jahr im Landkreis Günzburg auf dem Müll. Handelt es sich um Verbundsto­ffe, ist es meist schwer, sie zu recyceln. 30 bis
40 Prozent des Plastikmül­ls können nur noch „thermisch verwertet“– also...
212 Tonnen oder 265 Container voll Plastik landen pro Jahr im Landkreis Günzburg auf dem Müll. Handelt es sich um Verbundsto­ffe, ist es meist schwer, sie zu recyceln. 30 bis 40 Prozent des Plastikmül­ls können nur noch „thermisch verwertet“– also...
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Erstaunlic­h, wie viel Plastik uns im Tagesverla­uf begegnet. Schüler der zehnten Klas sen der Krumbacher Realschule haben Gegenständ­e aus Plastik aus ihrem Alltag auf einem Tisch ausgestell­t, um dies zu verdeutlic­hen.

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