Augsburger Allgemeine (Land West)
Volle Tonne Plastikmeer
Die Umweltwoche im Landkreis Günzburg widmet sich dem Thema wie sich Plastik auf unser Leben und die Umwelt auswirkt. Zum Start gab es neben Appellen, Plastikmüll zu vermeiden überraschende Erkenntnisse
Krumbach „Garantiert plastikfrei“, so pries Schulleiter Rudolf Kögler sein Bläserensemble an. Ein guter Start für die Eröffnung der 34. Umweltwoche des Landkreises Günzburg in der Krumbacher Realschule. Er habe den Eindruck, so Kögler, das Thema Plastik genieße seit der Ankündigung der Chinesen, den Import von Plastik- und Verpackungsmüll zu stoppen, eine größere mediale Präsenz.
Landrat Hubert Hafner verwies in seiner Begrüßungsrede auf die Ursachen des ständig wachsenden Plastikmüllbergs. „Unser Alltag ist ohne Kunststoff kaum mehr vorstellbar. Leicht, flexibel, preiswert, haltbar – Plastik ist in vieler Hinsicht unschlagbar.“Achtlos weggeworfen und unsachgemäß entsorgt, belaste der Kunststoffmüll nicht nur die Natur, sondern auch die Menschen. „In den Meeren findet man sechsmal mehr Plastik als Plankton. Auch in bayerischen Gewässern schwimmt eine Menge Mikroplastik.“
Mikroplastik – durch Erosion mikroskopisch kleingeschliffene Plastikteile – sei sogar im menschlichen Blut nachweisbar, mahnt Hafner und appellierte an das Verantwortungsgefühl und die Verpflichtung gegenüber künftigen Generationen: „Wir müssen handeln, damit die Welt auch für unsere Nachkommen lebensfähig bleibt.“Neben der Wiederverwertung sei der Verzicht auf Kunststoff ein „wichtiger Schritt in die richtige Richtung“.
Krumbachs Bürgermeister Hubert Fischer sprach in diesem Zusammenhang die versammelten Schüler in der Realschulaula direkt an. „Ihr seid die nachfolgende Generation, die sich noch nicht wie wir an so manches Fehlverhalten gewöhnt hat.“Der sichtbare Müll sei ein Problem, das weitaus größere Problem sei jedoch die unsichtbare Seite des Plastikmülls, der zerrieben und fein gemahlen mit allen darin enthaltenen Giftstoffen in die Nahrungskette gelangt. „Ihr seid gefor- dert, euch Gedanken zu machen, wie man das ändern kann“, wandte sich Fischer an die Schüler.
Aufschlussreich war der Vortrag Kurt Armbrusters, Fachberater für Umwelterziehung im Landkreis. Er verdeutlichte gemeinsam mit Zehntklässlern der Realschule, wo und wann im Alltag überall Plastik verwendet wird, zum großen Teil unbewusst, was ihn zu dem Schluss veranlasste: „Plastik begleitet uns immer und überall.“Spätestens seit den 1950er-Jahren hat das aus Erdöl und durch chemische Verarbeitungsprozesse gewonnene Plastik die Wohnstuben und so gut wie alle Lebensbereiche der Menschen auf der ganzen Welt erobert.
Erstaunt zeigten sich die Schüler, wie viel Plastik bereits in wenigen Stunden eines Tages Verwendung findet. Vom Joghurtbecher beim Frühstück zur Pause in der Schule, wo das Wasser aus der Plastikflasche getrunken wird, bis hin zur Sportbekleidung aus Polyester am Nachmittag. „Man denkt da nicht dran, dass man Plastik am Körper trägt oder sich in Kosmetikprodukten ins Gesicht schmiert“, fasste es eine der Schülerinnen treffend zusammen. Lange Gesichter gab es, als Jürgen Backeler, Geschäftsführer der Container-Service Gröger GmbH, erklärte, was von den Plastikartikeln, die die Schüler zur Präsentation zusammengetragen hatten, recycelt werden kann. Stifte, Tetrapacks, Zahnbürsten – alle Produkte, die aus mehreren verschiedenen Kunststoffen hergestellt sind, sind demnach nicht oder nur unter sehr großem Aufwand zu recyceln. „Alles andere geht über den Ofen in den Himmel“, fasst es Backeler prägnant zusammen. Etwa 30 bis 40 Prozent dessen, was in der gelben Tonne landet, werde verbrannt. Dabei sei die Recyclingquote nicht zuletzt ein ökonomisches Problem. Der Abfall muss aufwendig und teuer sortiert werden. Trotzdem wird der Plastikmüll nie zu 100 Prozent sortenrein. Darüber hinaus ist er oft auch verschmutzt.
Wenn das Granulat, das nach dem Schreddern herauskommt, teurer ist als neues herzustellen, wird es nicht genutzt. Backeler appellierte daher an die Politik, das Recycling schon bei der Entwicklung und Herstellung der Produkte mit einzubeziehen. „Produkte, die schlecht recycelbar sind, sollten teurer sein“, fordert er. Es liege aber auch in der Verantwortung der Verbraucher, darauf zu achten, möglichst wenig Plastik zu benutzen, gab Umwelterzieher Armbruster den Anwesenden mit auf den Weg. Das beginne damit, Obst im Supermarkt lose einzupacken oder die Plastikverpackungen im Supermarkt in den entsprechenden Behältern zu entsorgen. „Es liegt am Verbraucher, zu entscheiden, wie er mit Plastik umgeht.“