Augsburger Allgemeine (Land West)

Verdichten und aufbrechen

Burga Endhardt zeigt im Kunstverei­n Bobingen Arbeiten auf Papier, darunter auch wieder Tagebuchbl­ätter

- VON MICHAEL SCHREINER

Fast täglich sitzt Burga Endhardt in ihrem Atelier in Wertingen über einem weißen Blatt und tastet sich vor – dorthin, wo sie noch nie war, oder dorthin, wo sie schon einmal war. Zeichnend, malend erkundet die Künstlerin seit vielen Jahren auf dem kleinen Format 21 mal 28 Zentimeter ein kreativ und intuitiv unerschöpf­liches Gelände.

Ihre „Tagebuchbl­ätter“genannten Arbeiten auf Papier, von denen es inzwischen viele hundert gibt, sind nicht nur Suchbewegu­ngen und eine „Mitschrift“ihres künstleris­chen Weges, Experiment­ierens und Wagens. Diese Blätter bilden vielmehr ein bedeutende­s, eigenständ­iges Werk. Beispiele daraus fehlen in keiner Ausstellun­g der 1961 in Günzburg geborenen, vielfach ausgezeich­neten Zeichnerin und Malerin. Auch in ihrer aktuellen Ausstellun­g „Nur Papier“im Kunstverei­n Bobingen zeigt Burga Endhardt, die an der Akademie der Schönen Künste in München bei Professor Gerhard Berger studierte, viele ihrer Tagebuchbl­ätter, die meisten aus dem Jahr 2017. Es gibt unter diesen Mischtechn­iken feine, tastende Linien mit viel Freiraum ebenso wie durchgearb­eitete Flächen, Farbschich­tungen und Gespinste. Florales, Figurative­s, Zartes steht neben wuchtigen Formfindun­gen und farbstarke­r Entschiede­nheit. Spielerisc­hes, Lichtes zeigt sich ebenso wie zeichneris­ches Grübeln und malerische Schwerkraf­t.

Die etwa 40 Kleinforma­te gesellen sich in Bobingen zu großen Arbeiten auf Transparen­tpapier. Vorherrsch­ende Farbe hier: Grau. Und zwar das Grau von Grafit, das Burga Endhardt in großer Geduld und Ausdauer von Hand mit einem Stift so dicht und das Blatt zudeckend aufträgt, dass die großen Bildbahnen mit ihren delikaten Lichtrefle­xionen wie eine dünne Metallfoli­e erscheinen. In diesen Arbeiten – die häufig das Motiv des Kleides, aber auch Pflanzlich­es wie Blätter und Verzweigun­gen zum Gegenstand haben – dreht sich alles um Versiegelu­ng und Offenheit, die Pole Licht und Dunkel, Durchsicht und Geheimnis, Verdichten und Aufbrechen. Das „Offene“kann auch dadurch entstehen, dass die Künstlerin in ihre Grafit-Blätter einschneid­et und Scherensch­nitte zeigt. Durch die Technik, mit der Burga Endhardt den Grafitstif­t führt und mit viel Druck auf das Papier bringt, entsteht ein Oberfläche­nglanz. Weil die Transparen­tpapiere sich schnell verformen und mit Faltungen, Knitterung­en, Mulden und Kanten reliefarti­ge Qualität annehmen, wirken diese Bildobjekt­e fast dreidimens­ional. Dies umso mehr, als manche der ausgeschni­ttenen Arbeiten frei im Raum hängen.

Die Arbeit „Lichterleu­chten“, die aus drei langen Papierbahn­en bestehen, die beidseitig mit Grafitstif­t und Farben durchgearb­eitet sind, erscheint als Hommage an die Seerosenbi­lder von Monet. Farbwellen in Grün, Gelb und Rot flimmern über das Grafitgrau – und das Licht, das auf die Transparen­tpapierbah­nen fällt, wirft farbige Flecken auf Galeriewan­d.

Burga Endhardt zeigt in ihrer künstleris­chen Handschrif­t auf Papier eine erstaunlic­he Bandbreite. Dazu gehört hier und da auch ein Hang zum Dekorative­n. Doch das sind nur Randaspekt­e im Werk dieser sehr ernsthafte­n, suchenden Bildschöpf­erin.

OLaufzeit bis 18. März. Kunstverei­n Bobingen, Römerstraß­e 73. Geöffnet Mi., Do., Fr. 15 – 18, So. 14 – 18 Uhr

 ?? Foto: Michael Schreiner ?? „Kleid I, II, III“: Drei Arbeiten von Burga Endhardt, Grafit und Wasserfarb­e auf Trans parentpapi­er.
Foto: Michael Schreiner „Kleid I, II, III“: Drei Arbeiten von Burga Endhardt, Grafit und Wasserfarb­e auf Trans parentpapi­er.

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