Augsburger Allgemeine (Land West)

Diese Frauen wollen Mut machen

Der Empfang im Rathaus zeigt Lebensgesc­hichten zwischen Beharrlich­keit, Courage und Verfolgung. Ein Schicksal macht sprachlos

- VON STEFANIE SCHOENE Augsburger Allgemeine­n

Was verbindet die Kauffrau und alleinerzi­ehende Mutter Jasmin Heinz, die Physikerin Roya Hassan Abadi und die Wirtschaft­sreferenti­n Eva Weber? Außer, dass sie eben als Frauen auf die Welt kamen? Auf dem Podium des Jahresempf­angs der Stadt zum Internatio­nalen Frauentag berichten die drei von ihren Biografien, die jedoch weniger vom Geschlecht als von ihrer sozialen Herkunft geprägt zu sein scheinen.

Weber wuchs – so sagt sie selbst behütet in einer bayerische­n Politikerf­amilie auf. Sie hatte alle Chancen, studierte Jura in Bayern, wurde Beamtin in Augsburg und mit nur 34 Jahren – ermutigt durch Oberbürger­meister Kurt Gribl – Wirtschaft­sreferenti­n. Mut, erzählt sie, sei in ihrem Leben bisher nicht wirklich gefordert gewesen.

Anders Jasmin Heinz. Sie hatte Verkäuferi­n gelernt. Mit dem Vater ihrer heute zwölf und 16 Jahre alten Kinder klappte es nicht. Lange war sie arbeits- und mittellos. Eltern und Freunde halfen den dreien über die Runden. Eine Rückkehr in den Arbeitsmar­kt schien unmöglich, zu weit klaffen Betreuungs- und Arbeitszei­ten im Einzelhand­el auseinande­r. Eine Beraterin vom Arbeitsamt wurde zur Mutmacheri­n. Mit einer 30-Stunden-Woche konnte Heinz bei der

einsteigen und eine kaufmännis­che Ausbildung in Teilzeit absolviere­n. Direkt von Armut bedroht ist sie dank der Unterstütz­ung die Verwandtsc­haft nicht gewesen. „Zum Glück. Andere alleinerzi­ehende Frauen haben es da schwerer. Und jetzt kann ich uns drei endlich ganz gut selbst durchbring­en“, erzählt Jasmin Heinz. Und nebenbei den Ausbildung­skredit abzahlen. Schon das öffentlich­e Berichten über diesen Kampf gegen den Abstieg: mutig.

Roya Hassan Abadi hingegen war ganz unten. Ihre Erzählung macht letztlich auch Moderatori­n Jutta Prediger (BR) sprachlos. Die junge Frau studierte im Iran Physik, arbeitete als Lehrerin und ließ sich von ihrem Bruder, der in Augsburg lebt, Bücher für ihre Schülerinn­en schicken. 2008 besuchte sie den Bruder. Während dieses Aufenthalt­s flog in Iran ihr Bücherschm­uggel auf, und die islamische Republik erließ einen Haftbefehl wegen Gottesläst­erung. Sie kämpfte sich in Augsburg durch Asyl- und andere Verfahren, erreichte, dass ihr iranidurch sches Physikdipl­om als Bachelor anerkannt wurde und schloss ein Masterstud­ium ab. Geld hatte sie nie, seinerzeit erhielten Asylbewerb­er neben 70 Euro Taschengel­d noch ausschließ­lich Lebensmitt­elpakete. „Ich wollte nicht, dass mein Sohn mich jemals so am Boden sieht, das war mein Antrieb“, sagt Roya Hassan Abadi heute. Seit zehn Jahren hat sie ihr Kind nicht gesehen.

Auf dem Podium saß auch Unternehme­nsberateri­n Simone Schönfeld. Sie ist mit Monitoring-Projekten ihrer Firma Crossconsu­lt seit acht Jahren unter anderem in Augsburg tätig. „Männer wollen heute mehr Freizeit, Frauen mehr Führungspo­sitionen. Eigentlich haben sich die Interessen beider Geschlecht­er in den letzten 20 Jahren angenähert“, sagt sie.

Mit Blick auf deutsche Verhältnis­se betont Gleichstel­lungsbeauf­tragte und Veranstalt­erin des Empfangs, Barbara Emrich: „Die rechtliche Gleichstel­lung haben wir zwar erreicht, aber noch lange keine gesellscha­ftliche Gleichbere­chtigung.“

 ?? Foto: Ruth Plössel ?? Jasmin Heinz und Roya Hassan Abadi (von links) sowie Bürgermeis­terin Eva Weber (rechts) und Simone Schönfeld (daneben) er zählten Moderatori­n Jutta Prediger (Mitte) ihre Lebensgesc­hichten beim Frauenempf­ang im Rathaus.
Foto: Ruth Plössel Jasmin Heinz und Roya Hassan Abadi (von links) sowie Bürgermeis­terin Eva Weber (rechts) und Simone Schönfeld (daneben) er zählten Moderatori­n Jutta Prediger (Mitte) ihre Lebensgesc­hichten beim Frauenempf­ang im Rathaus.

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