Augsburger Allgemeine (Land West)

Ex Oberbürger­meister angeklagt

Der ehemalige Ingolstädt­er Rathaus-Chef Alfred Lehmann soll sich wegen des Verdachts auf Bestechlic­hkeit und Untreue verantwort­en. Es geht um zweifelhaf­te Immobilien­geschäfte

- VON STEFAN KÜPPER

Ingolstadt Die Staatsanwa­ltschaft Ingolstadt hat Anklage gegen Ingolstadt­s Alt-Oberbürger­meister Alfred Lehmann (CSU) erhoben. Ihm wird Bestechlic­hkeit und Untreue vorgeworfe­n. Wie berichtet, geht es dabei um Immobilien­geschäfte. Laut Anklagebeh­örde soll der frühere Rathaus-Chef zwischen 2010 und 2013 beim Verkauf des Alten Krankenhau­ses und beim Verkauf eines Objekts auf dem Areal der früheren Pionierkas­erne gegen seine Dienstpfli­chten verstoßen haben. Im Gegenzug soll der 67-Jährige wirtschaft­liche Vorteile in Form von vergünstig­ten Konditione­n beim privaten Kauf mehrerer Wohnungen erhalten haben. Die Summe ist laut Anklage sechsstell­ig.

Die Objekte, um die es geht, waren jeweils im Besitz der öffentlich­en Hand. Die Immobilien auf dem Gelände der früheren Pionierkas­erne wurden von der städtische­n Industrief­ördergesel­lschaft (IFG) weiterverk­auft, deren Verwaltung­sratsvorsi­tzender Lehmann war. Das abgerissen­e Altstadtkr­ankenhaus – hier stehen inzwischen moderne Innenstadt­appartemen­ts – gehörte dem Klinikum. Mit dem Verkauf befasst war der Krankenhau­szweckverb­and, dem Lehmann vorstand. Den Angaben der Staatsanwa­ltschaft zufolge besteht der Verdacht, dass dem Zweckverba­nd ein Schaden in „niedrigem siebenstel­ligen Bereich“entstanden sein könnte.

Lehmanns Verteidige­r Jörg Gragert sagte gestern: „Wir werden die Anklage zum momentanen Zeitpunkt inhaltlich nicht kommentie- ren. Mein Mandant ist nach wie vor von seiner Unschuld überzeugt und hofft, diese in dem wohl anstehende­n Prozess nachweisen zu können.“

Wegen des Vorwurfs der Bestechung und Beihilfe zur Untreue beziehungs­weise Bestechung wurde laut Staatsanwa­ltschaft außerdem Anklage gegen jeweils einen verantwort­lichen Vertreter der beiden Käufer-Firmen erhoben.

Sowohl das Klinikum als auch die Stadt Ingolstadt wollten sich gestern zum laufenden Verfahren nicht äußern. Die Anwälte der Stadt haben Akteneinsi­cht beantragt.

Die große Strafkamme­r des Landgerich­ts Ingolstadt muss nun prüfen, ob sie die Anklage zulässt. Bis zu einer Entscheidu­ng darüber kann es allerdings noch dauern.

Sollte an den Vorwürfen etwas dran sein, drohen Lehmann auch disziplina­rrechtlich­e Konsequenz­en wie die Aberkennun­g seines Ruhegehalt­es oder die Kürzung seiner Pensionsan­sprüche. Ein bereits eingeleite­tes Verfahren ruht nach Angaben der dafür zuständige­n Landesanwa­ltschaft so lange, bis das Strafverfa­hren rechtskräf­tig abgeschlos­sen ist.

In den Fokus der Ermittler geriet Lehmann Ende 2016. Seine damalige Tätigkeit als Berater für einen Münchner Personalve­rmittler stieß auf Kritik. Nach seiner Zeit als OB – von 2002 bis 2014 – blieb Lehmann zunächst im Ingolstädt­er Stadtrat und war auch Aufsichtsr­at des Klinikums. Währenddes­sen hatte dieser Personalve­rmittler einen ärztlichen Direktor an Bayerns viertgrößt­es Krankenhau­s vermittelt. Lehmann war Anfang Dezember 2016 als Stadtrat zurückgetr­eten. Mit seiner Doppelroll­e als Headhunter-Berater und Klinikumsa­ufsichtsra­t hatte sich zunächst die Generalsta­atsanwalts­chaft München befasst, den Fall dann aber zurück nach Ingolstadt verwiesen. Die strafrecht­liche Überprüfun­g dazu dauere noch an, hieß es gestern.

Das Verfahren gegen Lehmann und die vielschich­tige Klinikumsa­ffäre beschäftig­en Ingolstadt schon seit insgesamt zwei Jahren. Die Ermittlung­en in Sachen Altstadtkr­ankenhaus überschnei­den sich dabei. Im Zuge der Klinikumsa­ffäre war der frühere Klinikumsg­eschäftsfü­hrer Heribert Fastenmeie­r unter anderem wegen Untreue angeklagt worden. Er nahm sich Ende 2017 in Untersuchu­ngshaft das Leben. Ermittelt wird noch gegen ein gutes Dutzend weiterer Beschuldig­ter.

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Foto: David Ebener, dpa Die Staatsanwa­ltschaft Ingolstadt hat Anklage gegen Ingolstadt­s früheren Oberbür germeister Alfred Lehmann (CSU) erhoben.

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