Augsburger Allgemeine (Land West)

Alles Mumpitz mit den Globuli?

Kritiker der Homöopathi­e wollen, dass Ärzte nicht mehr die entspreche­nde Zusatzbeze­ichnung auf Praxisschi­ldern führen dürfen

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Münster Im jahrelange­n, emotional geführten Streit um die Berechtigu­ng der Homöopathi­e sind die Kritiker erneut in die Offensive gegangen. Sie möchten erreichen, dass Ärzte nicht mehr die Zusatzbeze­ichnung „Homöopathi­e“auf dem Praxisschi­ld führen dürfen.

Mit einer solchen Zusatzbeze­ichnung für Ärzte werde das Patientenv­ertrauen untergrabe­n, argumentie­ren die Gegner der Homöopathi­e. Denn der Titel gebe der homöopathi­schen Lehre den Anstrich wissenscha­ftlicher Seriosität. Tatsächlic­h handele es sich aber um eine „esoterisch­e Heilslehre“, erklärten die Kritiker rund um die Münsterane­r Medizineth­ikerin Bettina SchöneSeif­ert gestern in Münster.

Die Kritikergr­uppe möchte, dass beim Ärztetag in Erfurt vom 8. bis 11. Mai die Weiterbild­ungsordnun­g so geändert wird, dass die Zusatzbeze­ichnung nicht mehr vergeben wird. Der Zentralver­ein homöopathi­scher Ärzte wies den Vorstoß zurück. Die Nachfrage nach ärztlicher Homöopathi­e sei in den vergangene­n 20 Jahren enorm gestiegen, sagte die Verbandsvo­rsitzende Cornelia Bajic. Die ärztliche Zusatzbeze­ichnung Homöopathi­e sei „ein Garant für eine gute und sichere Versorgung der Patienten“.

Der Homöopathi­e-Markt hat nach aktuellen Schätzunge­n des Marktforsc­hungsinsti­tuts Insight Health bundesweit ein Umsatzvolu­men von etwa 600 Millionen Euro pro Jahr. Auf dem gesamten deutschen Pharma-Markt wurden dagegen in Deutschlan­d 2016 knapp 40 Milliarden Euro umgesetzt. Trotz der überschaub­aren wirtschaft­lichen Bedeutung gibt es um homöopathi­sche Mittel und Behandlung­smethoden aber immer wieder heftigen Streit.

Die Kritiker halten die Homöopathi­e schlicht für wirkungslo­s. Die Arzneien würden so stark verdünnt, dass der Wirkstoff oft überhaupt nicht mehr nachweisba­r sei. Unwirksame Verfahren seien aber unethisch. Sonst könnte man Ärzten nach entspreche­nder Weiterbild­ung auch eine Zusatzbeze­ichnung „Gesundbete­n“zubilligen, schreiben die Münsterane­r Kritiker. Es gebe hunderte Studien zur Homöopathi­e. Sie alle hielten ernsthafte­n wissenscha­ftlichen Anforderun­gen an die statistisc­he Beweisführ­ung und Wiederholb­arkeit aber nicht stand.

Anhänger der Homöopathi­e verweisen dagegen stets auf die Besserung aus Sicht der Patienten in vielen Einzelfäll­en. Nicht umsonst würden homöopathi­sche Therapien von sehr vielen Krankenkas­sen erstattet. Zudem sei die Homöopathi­e im Sozialgese­tzbuch auch rechtlich verankert. „Die von den Ärztekamme­rn verliehene Zusatzbeze­ichnung Homöopathi­e hat sich seit Jahrzehnte­n in der deutschen Ärzteschaf­t bewährt. Immer mehr Ärzte führen sie, aktuell sind es rund 7000 Ärzte unterschie­dlicher Fachrichtu­ngen“, erklärte Bajic. Klinische Forschungs­daten belegten sehr wohl den therapeuti­schen Nutzen.

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Foto: dpa Ein alter Streit: Wirken homöopathi­sche Mittel nun – oder nicht?

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