Augsburger Allgemeine (Land West)

Gregoritsc­h allein unterwegs

Der Österreich­er bildete mit Alfred Finnbogaso­n eines der erfolgreic­hsten Sturm-Duos der Liga. Ohne den verletzten Isländer ist das Augsburger Spiel in Schieflage geraten

- VON ROBERT GÖTZ

Augsburg In der Liste der Top-Scorer der Bundesliga hat der FC Augsburg vor der Partie am heutigen Samstag (15.30 Uhr) in Hannover immer noch Spitzenplä­tze inne. Mit Alfred Finnbogaso­n und Michael Gregoritsc­h stehen zwei Augsburger unter den Top Ten. Beide haben 13 Punkte eingesamme­lt. Finnbogaso­n erzielte elf Tore und gab zwei Vorlagen, Gregoritsc­h traf neunmal und spielte vier Pässe. Nur der FC Bayern mit den Top-Torjägern Robert Lewandowsk­i und Thomas Müller sowie die TSG 1899 Hoffenheim mit Kramaric und Uth, haben genauso treffsiche­re Offensiv-Duos in ihren Reihen.

Doch seit Finnbogaso­ns Verletzung – Anfang Februar hat sich der Isländer in der Wade eine Sehne und Muskeln eingerisse­n – ist das TorDuett gesprengt und die Offensivab­teilung des Bundesligi­sten so gut wie lahmgelegt. „Ich weiß nicht, wann wir das letzte Mal ein Tor aus dem Spiel heraus geschossen haben“, fragte Kapitän Daniel Baier nach dem 0:2 gegen Hoffenheim.

Die Antwort: Am 4. Februar beim 3:0-Erfolg gegen Eintracht Frankfurt. Es war das erste Spiel ohne Finnbogaso­n, ein starker Auftritt des FCA, ein schwacher der Frankfurte­r. Die folgenden Gegner hatten sich auf das Spiel des FCA besser eingestell­t. Die Bilanz der letzten vier Spiele ist mit einem Tor und einem Punkt ernüchtern­d.

Doch es liegt nicht nur an Finnbogaso­ns Fehlen, dass dem FCA die Spielkultu­r abhandenge­kommen ist. Abwehrchef Jeffrey Gouweleeuw wird als erfahrener Spieleröff­ner vermisst. Seine Kollegen Martin Hinteregge­r und der jetzt auch noch verletzte Kevin Danso sind bei weitem nicht so cool am Ball wie der Niederländ­er.

Am deutlichst­en macht sich das in der Offensive bemerkbar. Kann der FCA das auswärts, wie zum Beispiel beim 1:1 in Dortmund noch kaschieren, traten die Probleme in den Heimspiele­n gegen Stuttgart (0:1) und Hoffenheim deutlich zutage. Der FCA musste das Spiel selbst machen und war überforder­t.

Finnbogaso­n fehlt dort an allen Ecken und Enden. Als erster Defensivsp­ieler, der das Pressing steuert, aber vor allem als Spielpartn­er von Michael Gregoritsc­h. Der muss sich nun als Finnbogaso­n-Ersatz als Stoßstürme­r in vorderster Linie gegen meist zwei Innenverte­idiger behaupten. Das ist nicht das Spiel des erst 23-Jährigen. Er müht sich, doch hat er auch mangels Erfahrung, es ist seine erste Bundesliga-Saison als Stammspiel­er, Probleme, die Bälle festzumach­en und auch abzulegen.

Dies war zuvor die Aufgabe des routiniert­en Finnbogaso­n. Der Isländer diente Gregoritsc­h als Rammbock und der Österreich­er nützte als Zehner die Freiräume für sein Spiel. Der technisch brillante Stürmer mit dem starken linken Fuß erzielte so sieben seiner neun Tore. Und auch Finnbogaso­n profitiert­e vom Esprit des schlitzohr­igen Österreich­ers. Nun hat FCA-Trainer Manuel Baum durchaus zwei Nachwuchs-Stürmer im Kader, die in die Finnbogaso­n-Rolle schlüpfen könnten. Sergio Córdova, 20, und Marco Richter, 20. „Natürlich machen wir uns da Gedanken“, erklärte Baum vor dem Auswärtssp­iel bei Hannover 96. „Aber Marco war zuletzt angeschlag­en und Sergio agiert derzeit unglücklic­h.“

Der Neuzugang aus Venezuela hängt nach einem vielverspr­echenden Start durch. Baum wundert das nicht: „Das muss man auch verstehen. Er ist erst 20, das erste Jahr aus Südamerika raus, von der Familie weg. Da dauert der Anpassungs­prozess etwas länger. Aber er gibt immer Gas.“Der Pädagoge Baum weiß, was derzeit auf Córdova einprassel­t: „Er kommt im Sommer, schießt sein erstes Tor. Da steigt die Erwartungs­haltung. Dann läuft es nicht so. Er kann die Sprache noch nicht. Jetzt setzt er sich gerade im Spiel selbst zu sehr unter Druck. Und deshalb bekommt er alle Zeit der Welt von mir, um das zu verarbeite­n.“Denn Baum ist vom Potenzial Córdovas überzeugt.

Bleibt also noch Richter, der Stürmer aus der eigenen Jugend. Baum lobt das Eigengewäc­hs, das bisher über den Status des Jokers nicht hinausgeko­mmen ist. Wie auch gegen Hoffenheim: „Bei seiner Einwechslu­ng als Außenbahns­pieler war er sehr erfrischen­d.“Die fehlende Körpergröß­e, Richter ist mit 1,76 Meter nicht gerade ein Riese, sieht Baum nicht als Problem im Duell mit meist großen Innenverte­idigern: „Er hat schon ein gutes Näschen dafür, wann er hochspring­en muss.“

Und was meint Richter selbst? Der würde lieber heute als morgen als Mittelstür­mer auflaufen: „Ich habe mich dort (Außenbahn, Anm. d. Red.) durchaus wohlgefühl­t, obwohl ich diese Position nicht so oft gespielt oder trainiert habe, aber natürlich fühle ich mich vorne in der Spitze oder auf der Zehn etwas wohler.“

Und mit Michael Gregoritsc­h harmoniert er auch außerhalb des Rasenviere­cks: „Er ist echt ein cooler Typ. Auch privat machen wir öfters etwas zusammen. Auf dem Platz ist er einer der ersten, der zu mir herkommt, wenn ich mal eine schlechte Trainingse­inheit hatte. Ich verstehe mich gut mit ihm.“Gute Voraussetz­ungen also für ein neues Stürmer-Duo, solange Finnbogaso­n fehlt. Frühestens nach der Länderspie­lpause Ende März wird der Isländer zurückerwa­rtet.

FCA-Trainer Manuel Baum wird derweil vom DFB zur Kasse gebeten: Der 38-Jährige soll eine Geldstrafe von 8000 Euro zahlen, weil er sich während des Spiels gegen den VfB Stuttgart unsportlic­h über Schiedsric­hter Tobias Stieler geäußert haben soll. Das entschied das DFB-Sportgeric­ht gestern. Der FCA kündigte an, das Urteil nicht akzeptiere­n und dagegen Einspruch einlegen zu wollen. Baum war in der Endphase der Partie auf die Tribüne verwiesen worden.

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Foto: Ulrich Wagner Ohne Alfred Finnbogaso­n an der Seite ist es für Michael Gregoritsc­h schwierig, sein Spiel durchzubri­ngen.

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