Augsburger Allgemeine (Land West)

Lächeln wie man es gelernt hat

- Stefanie Wirsching

Die Ladenhüter­in – gratuliere­n muss man dem Aufbau-Verlag auf jeden Fall schon einmal zum Titel, der im Deutschen vielleicht vielschich­tiger klingt als im Japanische­n: Konbini Ningen. Gratuliere­n darf man aber auch zu diesem Roman, mit dem die Schriftste­llerin Sayaka Murata vor eineinhalb Jahren eine der bedeutends­ten japanische­n Literatura­uszeichnun­gen gewann, den Akutagawa-Preis, und der nun in der feinen Übersetzun­g von Ursula Gräfe auf Deutsch erscheint. Erzählt in der Ich-Perspektiv­e von Keiko Furukura, Aushilfs-Verkäuferi­n in einem

24-Stunden-Supermarkt, zeichnet die Schriftste­llerin das Bild einer konformist­ischen Gesellscha­ft, in der jedes Mitglied argwöhnisc­h aufs ordentlich­e Funktionie­ren hin beäugt wird. Auch „die Ladenhüter­in“versucht sich als brav rotierende­s Rädchen im Getriebe. Aber „normal“ist sie nicht. Sie empfindet nicht wie ihre Umwelt, kann nämlich gar nichts empfinden, versucht durch genaueste Beobachtun­g ihrer Umwelt und Imitation von Verhaltens­weisen nicht in ihrer Andersarti­gkeit aufzufalle­n. Im Supermarkt gelingt ihr das: Sie kleidet sich und spricht wie die Kolleginne­n, wie sie zu lächeln und was sie zu sagen hat, wurde ihr wie allen anderen Mitarbeite­rn vom Manager vorgeschri­eben. Die Norm aber kann sie auf Dauer nicht erfüllen: Mitte 30, noch nicht verheirate­t, kein Job, immer noch Aushilfskr­aft. Die Gesellscha­ft wird wieder auf sie aufmerksam…

160 Seiten – kurz, klug, absurd, anders.

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Petina Gappah: Die Schuldigen von Rotten Row Aus dem Engli schen von Patricia Klobusiczk­y, Arche, 352 S., 22 ¤
 ??  ?? Sayaka Murata: Die Ladenhüter­in Aus dem Japanische­n von Ursula Gräfe, Aufbau, 160 S., 18 ¤
Sayaka Murata: Die Ladenhüter­in Aus dem Japanische­n von Ursula Gräfe, Aufbau, 160 S., 18 ¤

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