Augsburger Allgemeine (Land West)
Jetzt umdenken: Eine Philosophie der Pflanzen!
Dieses ziemlich kleine Buch könnte ganz großartig sein – hätte sein Autor Maß gehalten. Denn was der aus Italien stammende, in Paris lehrende Philosoph Emanuele Coccia in „Die Wurzeln der Welt“unternimmt, ist eigentlich ein das Denken verändernder Perspektivwechsel.
Sein Denken nämlich gründet in einer „Philosophie der Pflanzen“. Coccia zeigt, dass, wie die Welt und das Leben selbst, auch das Nachdenken darüber mit Blättern beginnen müsste. Sie erst haben die Atmosphäre geschaffen und tun es weiter, ohne die es sie, alles Tier und uns nicht gäbe. Dass sie das können, verdanken sie einer Verbindung zur Sonne, aus deren Licht sie Luft und Energie gewinnen. Und mit den später entstandenen Wurzeln binden Pflanzen zudem auch den Stoff der Erde in diese Ganzheit mit ein, die zugleich das Leben ist und das Leben ermöglicht. So lässt sich im Konkreten ein Verständnis für das Wesen des Lebens finden, wo sonst allzu oft nur spirituelles Geschwurbel von Ganzheitlichkeit faselt.
So weit, so faszinierend. Bloß bläst Coccia dann noch zum Sturm auf die Philosophie selbst. Auch der menschliche Geist: quasi ein Blatt. Schafft dadurch, dass er ist, selbst die Atmosphäre, in der er lebt. Darum sei alles Denken gleichwertig bei der Wahrheitssuche. Statt Wissenschaft und Methode zähle allein: „eine extrem heftige Liebe zum Wissen, eine wilde, rohe und ungezähmte Leidenschaft für die Erkenntnis in allen Formen und zu allen Gegenständen.“Uff.