Augsburger Allgemeine (Land West)
Der längste Vorsitzende des TSV hört auf
So lange wie er war noch keiner dort Vorsitzender. Was sich in dieser Zeit alles verändert hat: Neue Sportarten, ein saniertes Sportheim und eine Zusammenarbeit aller Neusässer Sportvereine. Warum er jetzt dennoch geht
22 Jahre, so lange wie kein anderer, war Norbert Graßmeier der Vorsitzende des TSV Neusäß mit seinen
1600 Mitgliedern. Auf der Hauptversammlung morgen Abend wird seine Amtszeit enden: Er stellt sich nicht mehr zu Wahl. Ein Rückblick auf seine Amtszeit.
Neusäß Am morgigen Freitag muss sich der TSV Neusäß von einem Mann verabschieden, der so lange wie kein anderer vor ihm an der Spitze des Vereins stand. 22 Jahre lang war Norbert Graßmeier Vorsitzender, jetzt tritt der 66-Jährige nicht mehr für das Amt an. Und weil Norbert Graßmeier die Dinge gerne rund macht, hätte er eigentlich schon vor zwei Jahren gehen wollen. Was dazwischen kam? Hauptsächlich der Umbau des Sportheims, beschreibt er. Es war eines der größten Projekte des Vereins mit 1600 Mitgliedern in neun Abteilungen in den vergangenen Jahren. Jahrelang hatte die Führung des Vereins mit der Stadt Neusäß über die geplante energetische Sanierung verhandelt, hatte Pläne für die bestmögliche Durchführung vorgelegt und sich um weitere Förderungen bemüht.
Als es dann endlich so weit war, wollte Graßmeier diese Aufgabe nicht halb erledigt einem Nachfolger übergeben – und hängte noch ein paar Jahre dran. Aus dem Projekt, das anfangs mit ein paar Tausend Euro veranschlagt war, ist am Ende eine Investition von fast einer halben Million Euro geworden. „Das war so eine Zeit, da bin ich nachts um 2 Uhr aufgewacht und habe mich gefragt – schaffst du das eigentlich?“, gibt der Noch-Vorsitzende zu. Doch es hat sich gelohnt, ist er sicher: „Wir bekommen viel Lob für das Sportheim, auch von Leuten, die sonst nichts mit dem TSV zu tun haben“, erzählt er.
Er hingegen ist einer, der seit Jahrzehnten „etwas mit dem TSV zu tun hat“. Dabei ist Norbert Graßmeier selbst gar kein so großer Sportler, ein bisschen kicken mit dem Fußball als junger Mann, „aber eher als Straßenbolzer“, ein paar Jahre Judo – das hatte er zuvor gemacht. Es sind eher die Führungs- im Verein, die ihm liegen. Fußball- und Turnabteilung, dort war er schon aktiv, bevor sich im Jahr 1996 die Möglichkeit bot, die Führung des Gesamtvereins zu übernehmen. „Am Anfang dachte ich, ich mach das jetzt so vier oder sechs Jahre“, erzählt er.
Doch wie so oft, es kam anders. „Nach ein paar Jahren hatte ich ein tolles Vorstandsteam um mich herum.“Zwei Frauen, zwei Männer, das sei ein Garant für kreatives und effizientes Arbeiten gewesen, sagt er rückblickend. In den folgenden Jahren entwickelte sich der Verein in mehrere Richtungen. Als neue Sportart kam Aikido hinzu und auch Nordic Walking. Damit rückte die ältere Generation stärker ins Blickfeld des TSV. Und gerade für die könnte das Engagement und ein Sich-Aufgehoben-Fühlen im Sportverein sehr wichtig gegen eine mögaufgaben liche Einsamkeit sein, glaubt Norbert Graßmeier. „Da gibt es nichts Besseres, als die Solidargemeinschaft des Sports.“
Denn dass ein Sportverein auch eine soziale Ebene hat, davon ist er überzeugt. Nicht nur für den Einzelnen, auch für die Gesellschaft. Genau deshalb ist der TSV Neusäß beim Stadtfest aktiv oder in den Partnerschaftsvereinen. Dass deshalb die Stadt Neusäß den Verein genauso brauche wie umgekehrt der Verein die Stadt, steht für ihn fest.
Freilich gab es im Laufe der Zeit auch Dinge, die nicht so geklappt haben, wie er sich das vorgestellt hat. Die Zusammenarbeit mit dem TSV Diedorf im Bereich Basketball ist so ein Fall. „Wir haben keinen Trainer mehr“, beschreibt Graßmeier ein Problem, das ganz viele Sportvereine kennen. Und gerade weil das so ist, weil sich die Themen bei den einzelnen Vereinen ähneln, hatte er vor zwölf Jahren die Idee, sich doch auf dieser Ebene zusammenzutun. Es entstand die Arbeitsgemeinschaft der Sportvereine in Neusäß – eine Einrichtung auf Führungsebene, in der über gemeinsame Themen gesprochen wird.
Die Arbeitsgemeinschaft hat aber auch noch einen anderen Sinn: In Neusäß ist es übliche Politik, alle Vereine gleich zu behandeln. Weil es dann aber gut ist, zu wissen, was der andere Verein so vorhat, habe sich die Arbeitsgemeinschaft auf jeden Fall bewährt, sagt Norbert Graßmeier heute. Und ein bisschen stolz ist er auf seine Idee auch.
Während seiner Berufstätigkeit konnte die Vereinsarbeit bei dem gebürtigen Düsseldorfer freilich nur am Wochenende stattfinden. Seit er in Rente ist, ist das zwar ein wenig entspannter. Doch noch einmal eine Amtszeit anhängen, das möchte er nicht. Lieber von selbst gehen, bevor man dazu gedrängt wird, das ist seine Linie. Hinzu kommt, dass er überzeugt ist, einen guten Nachfolger gefunden zu haben: Der jetzige dritte Vorsitzende Andreas Kindelbacher stellt sich zur Wahl. „Das ist eine Chance zum Generationen- und Ideenwechsel“, findet Norbert Graßmeier. Und freut sich auf mehr Zeit mit seinen Enkeln.
Termin Die Jahreshauptversammlung des TSV Neusäß findet am Freitag, 16. März, um 20 Uhr im Sportheim statt.