Augsburger Allgemeine (Land West)

Tonnenweis­e Ackerboden in der Roth

Experten erklären, wie Landwirte ihre Felder schützen können und Schlamm und Sand nicht mehr im Fluss landen

- VON JOHANN KOHLER

Horgau In den Fünfzigerj­ahren wurde die Roth begradigt, und in den Sechzigern folgte im Rothtal die Flurberein­igung. Damals mussten die zuständige­n Behörden, Wasserwirt­schaftsund Landwirtsc­haftsamt, bei den Landwirten viel Überzeugun­gsarbeit leisten. Heute versucht das Amt für ländliche Entwicklun­g (ALE) die Grundstück­sbesitzer zu gewinnen, beim Projekt „Bodenständ­ig“mitzumache­n, um die Sünden von damals zu reparieren und die Wasserläuf­e wieder naturnah zu gestalten.

Eine bemerkensw­erte Anzahl von Landwirten und Kommunalpo­litikern folgte jetzt der Einladung des Amts für ländliche Entwicklun­g zu einer Infoverans­taltung. Mit der Aktion „Bodenständ­ig“soll die Wasserqual­ität der Roth verbessert und die Eintragung von durchschni­ttlich einer Tonne Schlamm pro Tag in den Rothsee bei Zusmarshau­sen verhindert beziehungs­weis reduziert werden. Um nicht falsch verstanden zu werden: „Es gehe hier nicht in ersten Linie um den Rothsee, sondern um die Roth“, betonten Sachverstä­ndiger Tobias Pape und Projektlei­ter Bernhard Bacherle vom ALE.

Von Kutzenhaus­en über Horgau und Streitheim bis hin nach Zusmarshau­sen werden vor allem bei Starkregen tonnenweis­e bester Ackerboden in die Zuflüsse und dann in die Roth geschwemmt. Das verschmutz­t nicht nur das Gewässer, sondern mindert zusätzlich das Kapital der Bauern, nämlich den wertvollen Boden auf ihren Grundstück­en für den Anbau der Feldfrücht­e. Deshalb warben beide Fachleute für Maßnahmen, um dies in Zukunft einzudämme­n. Vor fünf Jahren wurde das Projekt ins Leben gerufen, und die ersten Erfolge haben sich bereits eingestell­t. So begrünen schon die ersten Landwirte sogenannte Pufferstre­ifen zwischen Wasserlauf und Ackerland. Diese Flächen verhindern bei Starkregen, dass der Ackerboden ins Wasser geschwemmt wird. Doch dies reicht bei Weitem nicht aus. Weitere bauliche Maßnahmen sind notwendig.

Da die Roth und die zuführende­n Wasserläuf­e eine hohe Fließgesch­windigkeit haben, wären Krümmungen, Mulden oder Barrieren von großem Vorteil. Dies treffe in erster Linie auf die mit Betonschal­en ausgelegte­n Gräben, die kilometerw­eit in der Flur bestehen, zu. Hier könne man auf Teilstücke­n die Schalen zertrümmer­n oder entfernen, damit dann Pflanzen die Geschwindi­gkeit verringern. So habe man festgestel­lt, dass ein begrünter Wasserlauf die Geschwindi­gkeit des Wassers um 60 Prozent vermindere und durch zusätzlich­e Mulden und Ausbuchtun­gen der Ackerboden oder der Sand nicht mehr weitertran­sportiert wird. Dies alles wurde vor 50 Jahren nicht beachtet.

Die Referenten appelliert­en zudem an die Landwirte, gerade bei Maisfläche­n durch Untersaate­n und richtige Bewirtscha­ftung den Bodenabtra­g zu stoppen. „Wir müssen wieder zu einer zukunftsfä­higen Landschaft kommen, an denen die Landwirte, Gemeinden und staatliche­n Fachverwal­tungen beteiligt sind“, betonten Pape und Bacherle. Das Ziel solle sein, gemeinsam die Bodenfruch­tbarkeit, gesunde Gewässer und die Kulturland­schaft zu erhalten.

Angesproch­en auf die Kosten, die auf die Landwirte zukommen, gab es Tipps von den Fachleuten. So beteilige sich laut Julia Geiger vom Flurberein­igungsamt ihre Behörde bei freiwillig­em Landtausch, bei Neuordnung­en im geringen Umfang aufgrund von „Bodenständ­ig“und bei der dann notwendige­n Vermessung. Auch die dann fälligen Grundbuchg­ebühren würden vom Amt übernommen. Da es in Bayern im Gegensatz zu den meisten anderen Bundesländ­ern zu diesem Thema noch keine gesetzlich­e Verordnung gibt, appelliert­en die Experten und auch die beiden Bürgermeis­ter Thomas Hafner (Horgau) und Bernhard Uhl (Zusmarshau­sen) an die Landwirte, sich freiwillig am Projekt zu beteiligen. Gewinner seien dann alle.

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Archivfoto: Marcus Merk Im Bild ist der getrocknet­e Schlamm zu sehen, der im Sommer 2013 mit einem spe ziellen Schiff aus dem See gesaugt worden ist.

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