Augsburger Allgemeine (Land West)
Warum die Mieten so hoch sind
Der Chef der Wohnungsbaugesellschaft erklärt, woran es im sozialen Wohnungsbau derzeit krankt
Warum sind die Mieten so hoch und was kann man dagegen tun? Um dieses Thema ging es jetzt in der Kreispolitik.
Landkreis Augsburg Josef Hartmann kennt die einschlägigen Zahlen. Pro Jahr müssen nach Einschätzung von Branchenkennern im Augsburger Land 1200 neue Wohnungen gebaut werden und zumindest bei den Baugenehmigungen liegt man inzwischen über dem Soll. Vergangenes Jahr waren es mehr 1500 Wohnungen in rund 800 Gebäuden, im Vorjahr sogar gut 1600 Wohnungen, für deren Bau die Ämter grünes Licht gaben – wobei nicht in jedem Fall auch gleich die Maurer anrücken. Hartmann, Chef der Wohnungsbaugesellschaft (WBL) des Landkreises, sagt: „Wenn es so kommt, werden wird deutlich aufholen.“
Denn Nachholbedarf gebe es im Augsburger Land, wo Immobilienpreise und Mieten in den vergangenen Jahr stetig geklettert sind (wir berichteten erst am Samstag). Woran es vor allem fehlt, sind preisgünstige Mietwohnungen. Dieser Mangel werde auch durch die momentane rege Bautätigkeit kaum behoben, sagte Hartmann am Montag vor dem Kreisausschuss. Die Diskussion dort kreiste um mehrere Punkte.
● Nachfrage registriert die WBL mit ihren 4750 Wohnungen vor allem in Augsburg und den angrenzenden Städten. Interessenten für Orte auf dem Land zu begeistern, sei schwieriger. Aktuell stehen auf der Warteliste der Gesellschaft mehr als 3000 Namen. Da die Liste nur einmal im Jahr erneuert wird, vermutet Hartmann etliche „Karteileichen“darunter. Allerdings sind auch bei Wohnbaugesellschaften in Meitingen und Königsbrunn Hunderte von Bewerbern registriert (wir berichteten).
● Investitionen Die Wohnungsbaugesellschaft baut und plant heuer
180 neue Wohnungen und steckt 25 Millionen Euro in Bau und Unterhalt. Dank höherer staatlicher Förderungen würden auch private Unternehmer zunehmend in den sozialen Wohnungsbau einsteigen, sagt Hartmann.
● Grundstücke zu bekommen ist offenbar das größte Problem – besonders in den großen Städten. Für den Bau preisgünstiger Wohnungen sei nicht jedes Areal geeignet, so Hartmann. „Jedes Grundstück, das wir haben, ist verplant.“Für die WBL, den größten Anbieter preiswerter Wohnungen im Landkreis, seien Flächen ab 2500 Quadratmeter geeignet. Gerne errichtet das Unternehmen überirdische Stellplätze, um sich teure Tiefgaragen zu sparen. Unterm Strich rechnet Hartmann inzwischen mit Baukosten von 3000 Euro je Quadratmeter.
● Vorschläge der Politik Diese Baukosten sind dem CSU-Fraktionssprecher Lorenz Müller ein Dorn im Auge. Er verwies auf die hohen energetischen Standards, die auch im sozialen Wohnungsbau die Preise nach oben treiben. Müller: „Da muss man dringend was machen.“Freie-Wähler-Fraktionschef Fabian Mehring sieht aber auch die WBL, die mehrheitlich dem Landkreis gehört, in die Pflicht. Er forderte mehr Investitionen in den Gemeinden auf dem Land. Der Umbau leerer Gebäude könnte laut Mehring ein Weg sein, um an preisgünstigen Wohnraum zu gelangen.
Für die Grünen, die das Thema „Wohnungsnot“auf die Tagesordnung der Landkreispolitik gehievt hatten, verwies Silvia Daßler auf die Dringlichkeit des Problems. Sie warb für eine bessere Wohnraumberatung, die ältere Menschen beim Umzug in kleinere Wohnungen unterstützt, sofern sie ihre alten „Familienwohnungen“nicht mehr brauchen. Auch Harald Güller (SPD) sah den Kreis in der Pflicht. Dieser müsse mit Beratungsangeboten dafür werben, dass die Menschen aufs Land ziehen. Die Nahverkehrsverbindungen dorthin seien inzwischen gut. Zudem müssen in Zusammenarbeit mit den Kommunen eine genauere Übersicht über die tatsächliche Zahl der Wohnungssuchenden gewonnen werden. Die WBL müsse ihre Grundstücke nach weiteren Baumöglichkeiten durchforsten.