Augsburger Allgemeine (Land West)

Spurensuch­e in der Halle 116

Das Denkmalamt prüft, ob das Gebäude aus der Zeit der Nationalso­zialisten unter Schutz gestellt werden soll. Die Entscheidu­ng hat weit reichende Folgen und sorgt schon jetzt für politische Debatten

- VON EVA MARIA KNAB

Ob Nationalso­zialisten oder amerikanis­che Truppen – welche Spuren haben frühere Nutzer der „Halle 116“auf dem Sheridan-Gelände im Augsburger Stadtteil Pfersee hinterlass­en? Diese und andere Fragen werden derzeit vom Landesamt für Denkmalpfl­ege geprüft. Anlass ist ein Antrag, die Halle 116 unter Denkmalsch­utz zu stellen. Eine Entscheidu­ng sei noch nicht gefallen, hieß es in München. Sollte der Schutzstat­us kommen, dürfte das weitreiche­nde Folgen für die Pläne der Stadt mit dem Gebäude haben.

Die Halle 116 soll zum „Denkort“werden, der an zwei Kapitel der Augsburger Geschichte erinnert: zum einen an Opfer des Nationalso­zialismus, konkret an Zwangsarbe­iter, die dort in einem Außenlager des Konzentrat­ionslagers Dachau menschenve­rachtend untergebra­cht waren. Zum anderen geht es um den Wandel nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Amerikaner Deutschlan­d an eine stabile Demokratie heranführt­en.

Aktuell geht es erst einmal um Denkmalsch­utz für das Gebäude. Dabei wird eine wichtige Rolle spielen, welche Spuren der früheren Nutzer heute noch zu finden sind. Das wird vor Ort genauer geprüft. Bisherige Recherchen hätten ergeben, dass die Unterbring­ung von KZ-Häftlingen und Zwangsarbe­itern in der Halle 116 wohl keine baulichen Spuren hinterlass­en habe, so eine Sprecherin des Landesamte­s. Offenbar habe es in der früheren Kasernen-Kraftfahrz­eughalle, die 1936/38 gebaut wurde, nur mobile Trennzäune gegeben, die nach dem Krieg entfernt wurden. Insofern bilde sich diese wichtige Zeitschich­t in der „materielle­n Überliefer­ung“der Halle nicht ab, so die Sprecherin. Die Prüfung zum Schutzstat­us dauere aber noch an.

Sollte die Halle 116 Baudenkmal werden, dürfte sich das erheblich auf den Kaufpreis für das Gebäude und die Vorschrift­en für Umbau und Nutzung auswirken. Die SPDFraktio­n befürchtet in diesem Fall erhebliche Schwierigk­eiten bei der Gestaltung des Denkortes und Verzögerun­gen. Dabei müsse es darum gehen, das Projekt zügig auf der Grundlage des vorliegend­en Konzepts zu entwickeln. Auch die Grünen im Stadtrat fordern, den Denkort nach jahrelange­n Diskussion­en endlich konkret zu realisiere­n.

Als ein Knackpunkt gilt die Finanzieru­ng des Projekts. Die Grünen wollen, dass die Stadt das Gebäude im Ganzen kauft und ein Konzept mit weiteren passenden Nutzungen zum Denkort in der großen Halle entwickelt. Diese müssten zuvor öffentlich diskutiert werden. Die SPD spricht sich dafür aus, Ideen für weitere Gebäudenut­zungen ergebnisof­fen zu prüfen und nichts vorab pauschal abzulehnen.

Noch nicht geklärt ist die Frage, ob der künftige Denkort vielleicht mit einem „Kniff“finanziert werden könnte – und zwar mit Geldern aus der laufenden städtebaul­ichen Entwicklun­gsmaßnahme auf dem Sheridan-Areal. Das frühere Militärgel­ände wurde zu großen Teilen für Wohngebiet­e gut verkauft. Zuständig ist die städtische Wohnbaugru­ppe. Sie hat das Areal und damit auch die Halle aus Bundesverm­ögen erworben und ist Treuhänder­in für die Stadt, um es zu entwickeln. Laut WBG-Geschäftsf­ührer Mark Dominik Hoppe gilt allerdings der Grundsatz, dass Gewinne aus Entwicklun­gsmaßnahme­n nur dort reinvestie­rt werden dürfen. Andernfall­s müssten solche Überschüss­e wohl an den Bund zurückerst­attet werden – und nicht an die Stadt.

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Foto: Silvio Wyszengrad Wird die Halle 116 unter Denkmalsch­utz gestellt?

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