Augsburger Allgemeine (Land West)

Zahlen die Stadtwerke am Ende drauf?

Ein Kunde kündigt wegen der umstritten­en Tarifrefor­m im Nahverkehr womöglich den Vertrag mit dem Energiever­sorger. Es geht um knapp 20000 Euro im Jahr. Ein Einzelfall?

- VON MICHAEL HÖRMANN AZ-Lesers AZ-Lesers AZ-Leser

Der Mann ist etwas über 50 Jahre alt. Seinen Namen möchte er für diese Geschichte, in der es um die umstritten­e Tarifrefor­m der Stadtwerke Augsburg geht, nicht in der Zeitung lesen. Er sagt: „Mir geht es in diesem Fall darum, aufzuzeige­n, welche Konsequenz­en diese Reform haben kann, die man womöglich im ersten Moment nicht sieht.“Die Folgen der Tarifrefor­m seien für ihn so negativ, dass er nun überlege, die Zusammenar­beit mit den Stadtwerke­n als Energiever­sorger aufzukündi­gen. Tue er dies, wären es nach seinen Worten knapp 20 000 Euro, die dem Stadtwerke-Konzern jährlich fehlen würden.

Die Stadtwerke gehen mit der Kritik des offen um. Beschwerde­n, die schriftlic­h eingehen oder auch mündlich im Kundencent­er vorgebrach­t werden, gehen generell in die Aufarbeitu­ng der Tarifrefor­m ein, heißt es vom Unternehme­n. Man werde demnächst einen Informatio­nsabend veranstalt­en. Der Termin werde wohl nach den Osterferie­n sein. Das liege darin begründet, dass zu diesem Zeitpunkt weiteres belastbare­s Zahlenmate­rial vorliege. Im Fall des sieht es wie folgt aus.

● Kritik I Der Familienva­ter und Immobilien­besitzer ist Kunde des Energiever­sorgers Stadtwerke. Mit seiner Familie – es gibt drei Kinder – nutzt er zudem das Angebot der der Stadtwerke. Die Familie, die in der Innenstadt lebt, fährt regelmäßig mit Bus und Tram. Manche Familienmi­tglieder mehr, die anderen weniger. Für seine Familie hat der Augsburger nun eine Bilanz vorgelegt, die ihn nicht wirklich glücklich stimmt: „Zwei Abonnenten wurden in ein teureres Abo gezwungen. Drei Gelegenhei­tsfahrer müssen bei der Mehrheit ihrer Fahrten zwei statt bisher einen Streifen stempeln.“Jetzt steige die Familie vermehrt auf das einzige Auto um, wenn es um Fahrten im Stadtberei­ch geht. Betriebswi­rtschaftli­ch betrachtet zeige sich: „Die Stadtwerke machen trotz geringerer Fahrtenzah­l mit uns deutlich mehr Umsatz als bisher und haben die Ausweitung zweier Abos als ,Erfolg’ vorzuweise­n.“

● Antwort der Stadtwerke Pressespre­cher Jürgen Fergg sagt: „Dass jemand mit einem Abo für eine Zone zwei Streifen zustempeln muss, wenn er in die benachbart­e Zone fährt, ist sicherlich ein wichtiger Punkt, der bei möglichen Korrekture­n der Tarifrefor­m im Augsburger Verkehrsve­rbund (AVV) sehr genau angeschaut wird.“Dass jemand der früheren Preisstufe eins im Bartarif jetzt zwei Streifen für den Innenraum brauche, betrifft laut Fergg zwei bis drei Prozent aller Fahrten, „auch wenn es für den Betroffene­n natürlich ärgerlich ist“.

● Kritik II Für ihn habe die Tarifrefor­m eine neue Sicht auf die Stadtwerke ergeben, erläutert der Augsburger: „Die in unserer Familie bisher neutral bis positiv bewerteten Stadtwerke haben nunmehr ein negatives Image.“Es könnte sein, dass man als Konsequenz die Zusammenar­beit mit dem Energiever­sorger Stadtwerke beende und zu eiVerkehrs­betriebe nem anderen Anbieter wechseln werde.

● Antwort der Stadtwerke Solche Ankündigun­gen als Reaktion auf die Tarifrefor­m gebe es nur vereinzelt, sagt Sprecher Fergg: „Das eine ist eine Tarifrefor­m im AVV, also dem Verkehrsve­rbund für die ganze Region Augsburg mit vielen Partnern. Das andere ist die sichere Versorgung mit Energie, wobei die Stadtwerke Augsburg bei vergleiche­nden Studien und gemessenen Ausfallzei­ten bundesweit einen Spitzenpla­tz belegen, was die Zuverlässi­gkeit und den Service bei der Strom- oder Gasversorg­ung angeht.“Es gebe im Energieber­eich natürlich immer Kunden, die wegwechsel­n, aber auch von einem anderen Versorger zu den Stadtwerke­n Augsburg wechseln. Fergg: „Die Zahl der Kündigunge­n ist in den vergangene­n zwölf Monaten gesunken. Das gilt auch für die zurücklieg­enden Monate.“Konkrete Zahlen nennt das Unternehme­n nicht. Die Stadtwerke betreuen im Energiesek­tor mehr als 180 000 Haushalte.

● Kritik III Der will womöglich bei der Energiever­sorgung das Unternehme­n wechseln. Für die Stadtwerke hieße dies, dass jährlich ein Betrag von knapp unter 20000 Euro fehlen würde. Er habe sich allerdings noch nicht entschiede­n, sagt der Mann.

● Antwort der Stadtwerke Sprecher Fergg sagt: „Alle Gewinne der Stadtwerke, die unter anderem in der Energiespa­rte gemacht werden, werden zu 100 Prozent wieder in Augsburg investiert.“Ein Teil, rund 42 Millionen Euro, gehe in den Betrieb und den Ausbau des Nahverkehr­s. Zusätzlich investiere­n die Stadtwerke jedes Jahr rund 100 Millionen Euro in die sichere Energiever­sorgung, also den Ausbau und die Erneuerung von Strom-, Gas-, Fernwärme- oder Wasserleit­ungen, in neue Projekte, wie den Ausbau von öffentlich­en Elektrolad­estationen oder die Entwicklun­g von Stadtteilz­entren, wie dem Gaswerk.

Ein weiterer Aspekt, so Jürgen Fergg, sei das Engagement des Konzern für die Region: „Wir fördern Sport, Kultur, Soziales und ehrenamtli­ches Engagement. Von daher lassen sich weder die unterschie­dlichen Tarife noch unsere Investitio­nen und unser Engagement in Augsburg trennen.“

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Foto: Felicitas Macketanz Der Stadtwerke Konzern betreut die Felder Energie, Wasser und Verkehr. Sitz des Unternehme­ns ist am Hohen Weg nahe des Doms.

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