Augsburger Allgemeine (Land West)

Muss Augsburg 28 Millionen zurückzahl­en?

Der Freistaat beteiligt sich mit viel Geld am Betrieb von Kindertage­sstätten. Weil die städtische Verwaltung eine Antragsfri­st versäumte, drohen jetzt finanziell­e Konsequenz­en. Auch der zuständige Referent steht in der Kritik

- VON STEFAN KROG

Wegen eines Fehlers im Jugendamt könnte es sein, dass die Stadt 28 Millionen Euro an den Freistaat Bayern zurückzahl­en muss, die ihr als KitaFörder­ung fürs Jahr 2016 bereits bewilligt und ausbezahlt wurden. Die Stadt bestätigte auf Anfrage, dass es momentan Gespräche mit der Regierung von Schwaben gibt, um die Situation zu klären. Noch gebe es kein Ergebnis. „Wir ärgern uns, dass trotz aller organisato­rischen Vorkehrung­en so ein gravierend­er Fehler passieren konnte“, sagt der zuständige Sozialbürg­ermeister Stefan Kiefer (SPD).

Hintergrun­d ist, dass die Kindertage­sstätten der freien Träger – also etwa Einrichtun­gen von Wohlfahrts­verbänden oder Kirchen – Be- triebskost­enzuschüss­e von der Stadt und dem Freistaat bzw. dem Bund bekommen. Fürs Jahr 2016 liegt der Förderbetr­ag des Landes und des Bundes bei 28,5 Millionen Euro. Die Stadt, die sich um die Beantragun­g der Fördergeld­er kümmert, hätte dies bis zum 30. Juni 2017 erledigen müssen.

Wegen der plötzliche­n Erkrankung eines Mitarbeite­rs an jenem Freitag und technische­r Probleme unmittelba­r vor dem Ablauf der Antragsfri­st passierte dies aber nicht. Die Stadt Augsburg holte das Versäumnis sofort am darauffolg­enden Montag nach und übermittel­te die Förderantr­äge via Computer. Die Frist war da jedoch abgelaufen.

Die Regierung von Schwaben bewilligte die Fördergeld­er zunächst ohne Probleme, meldete vor gut sechs Wochen dann aber deutliche Bedenken an der Rechtmäßig­keit des Förderbesc­heids an. Eine Rückforder­ung liegt allerdings noch nicht auf dem Tisch. Klar ist schon jetzt: Käme es zu einer solchen Rückforder­ung durch den Freistaat, müsste die Stadt das Geld bezahlen. Die Kindergärt­en, die das Geld bereits fix verrechnet haben, wären nicht betroffen.

„Wir wollen hier nichts schönreden, die Frist wurde überschrit­ten. Dafür gibt es nachvollzi­ehbare und aus unserer Sicht vor allem aber juristisch haltbare Gründe“, sagt Kiefer. Allerdings ist die Angelegenh­eit rechtlich komplizier­t, denn grundsätzl­ich ist die Frist zum 30. Juni bindend. Weicht der Freistaat davon ab, müsste das rechtlich begründbar sein, wenn die Regierung von Schwaben kein Risiko eingehen will, im nächsten Bericht des Rechnungsh­ofs aufzutauch­en.

Es fänden momentan „intensive Gespräche mit dem Freistaat auf mehreren Ebenen statt“, erklärte die Stadt. Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU), der bei Bekanntwer­den des Problems den Ältestenra­t des Stadtrates informiert hatte, ist bei den Verhandlun­gen mit dabei. Man werde die Öffentlich­keit weiter über den Sachstand informiere­n. „Mit Blick auf die Fürsorgepf­licht für die betroffene­n Mitarbeite­r können wir derzeit nicht mehr offenlegen“, so die Verwaltung.

Freie-Wähler-Stadtrat Volker Schafitel forderte gestern politische Konsequenz­en. Es werde seit mehr als vier Wochen ohne Ergebnis mit dem Freistaat verhandelt, was nahelege, dass eine Lösung nicht so einfach sei, so Schafitel in einer Pressemitt­eilung. Er frage sich, wie es passieren konnte, dass ein Antrag über fast 30 Millionen Euro nicht rechtzeiti­g gestellt wurde. Schafitel verweist auf ein Urteil des Verwaltung­sgerichts Ansbach, das 2015 in einer Entscheidu­ng in einem ähnlichen Fall eine grobe Fahrlässig­keit feststellt­e. Im Augsburger Fall seien nicht nur die Sachbearbe­iter, sondern auch Jugendamts­leiterin Sabine Nölke-Schaufler und Sozialbürg­ermeister Kiefer in der Verantwort­ung. Indirekt forderte Schafitel einen Rücktritt Kiefers.

Kindergärt­en wären von der Rückzahlun­g nicht betroffen

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