Augsburger Allgemeine (Land West)
Streit um Ganztagsbetreuung
Die geplante Ganztagsschule wird in einigen Familien abgelehnt. Laut Kultusministerium hätte die Stadt die Möglichkeit, den Kritikern entgegen zu kommen
Eltern in Neusäß sind unzufrieden mit der neuen offenen Ganztagsschule und ihren Regeln. Nach den Protesten will die Stadt nun nachbessern.
Neusäß Auch nach der Informationsveranstaltung in der Eichenwaldschule in der vergangenen Woche bleiben einige Eltern skeptisch im Hinblick auf die geplante offene Ganztagsschule (OGTS). Wie berichtet, hat der Stadtrat den Weg frei gemacht für diese Art der Betreuung, die es in Neusäß noch nicht gibt (siehe kurz informiert).
Zwei Dinge sind es nun, die den Eltern aufstoßen: Bereits am heutigen Freitag endet die Frist für die Voranmeldung zur offenen Ganztagsschule – dabei liegen Informationen über Grundlagen wie das pädagogische Konzept, das Mittagessen, die Betreuung am Freitag oder das Personal noch gar nicht vor, berichtet Manuel Restle, Vater einer Grundschülerin. Das mache ihm die Entscheidung schwer.
Er beklagt, wie eine andere Mutter aus Neusäß auch, die mangelhafte Kommunikation: Erst jetzt seien die Eltern über den Wechsel informiert worden, obwohl schon seit dem Sommer geplant wird. Stimmt, gibt die Stadt zu, hier gab es wohl nicht ausreichend Informationen für die Eltern. Denn untereinander haben die Gremien frühzeitig mitei- nander geredet: Bereits im Sommer wurde im Ausschuss für Kultur, Bildung, Schule und Sport das Ergebnis einer Umfrage erläutert, an der knapp 600 Familien teilgenommen hatten. Aufgrund des Ergebnisses und auch, weil der Ausschuss und der Schulverband dafür waren, habe man sich für die Einführung der Ganztagsschule entschieden.
Im Übrigen sei der Elternverein, der bisher die Mittagsbetreuung übernimmt, selbst auf die Verwaltung zugekommen und habe für die offene Ganztagsschule geworben – der Aufwand in der Betreuung nach Unterrichtsschluss sei kaum noch zu stemmen, so das Argument, teilt die Stadt mit.
Irgendwo auf dem Weg zur offenen Ganztagsschule sind zunächst anscheinend die Eltern vergessen worden. Die Mutter aus Neusäß, die ebenfalls ihr Kind bislang in der Mittagsbetreuung gut versorgt sieht, sagt, sie verstehe nicht, dass sich die Stadt für diese Form der Betreuung entschieden hat – immerhin hätten doch die meisten Eltern in der Umfrage erklärt, sie seien mit der Mittagsbetreuung ganz zufrieden, wenn das nicht ginge, hätten sie gerne einen Hort und erst an dritter Stelle sei die offene Ganztagsschule genannt worden. Das liege sicher daran, dass diese Form der Betreuung noch nicht so bekannt sei, hatte Stadtrat Christian Rindsfüßer (SPD) damals das Ergebnis interpretiert. Außerdem seien bei der Frage auch Mehrfachnennungen möglich gewesen. Die Betreuung im Hort bleibt übrigens unverändert.
Am meisten Bauchschmerzen macht den Eltern die Tatsache, dass sie nun, wie aus der Mittagsbetreuung gewohnt, ihr Kind nicht mehr flexibel, je nach Dienstschluss, abholen können. Das gehe auch in der Mittagsbetreuung nicht wirklich, verdeutlicht jetzt die Pressespreche- rin der Stadt Neusäß, Michaela Axtner. Vielmehr habe die Schule da bislang recht kulant gehandelt. Doch tatsächlich sieht ein großer Geldgeber der offenen Ganztagsschule, der Freistaat Bayern, zahlreiche Möglichkeiten, eine gewisse Flexibilität zu garantieren. So ist es laut Kultusministerium möglich, Kinder beispielsweise zwei Tage in der Woche in der Gruppe bis 14 Uhr und zwei Tage in der Gruppe bis 16 Uhr anzumelden – wenn das zu den Arbeitszeiten der Eltern passt.
Auch sieht das Kultusministerium vor, dass die Betreuungszeiten von Woche zu Woche flexibel abge- sprochen werden können, solange die Gesamtbetreuungszeit gleich bleibt. Zudem sind Befreiungen für Familienfeiern oder Feste im Ort, Sportveranstaltungen oder Musikaufführungen ausdrücklich vom Kultusministerium vorgesehen. Auch eine Reduzierung oder Beendigung der Betreuung in der OGTS im Laufe des Schuljahres ist in besonderen Fällen möglich.
Die Stadt Neusäß und der voraussichtliche Träger der offenen Ganztagsschule, St. Thomas Morus, wollen nun besprechen, was davon auch vor Ort umgesetzt werden kann. Betont aber, dass gerade die flexiblen Betreuungszeiten in der Umfrage vom vergangenen Jahr kaum für Eltern wichtig waren.
Dafür setzt sich in seinem Wahlkreis übrigens auch der Landtagsabgeordnete Peter Tomaschko (CSU/ Landkreis Aichach-Friedberg), ein. Er ermuntert Eltern und Kommunen, den Spielraum auszuschöpfen. In Friedberg waren vor zwei Jahren in allen städtischen Grundschulen offene Ganztagsschulen eingerichtet worden. Die Stadt berichtet heute, dass sich das System nach anfänglichen Bedenken der Eltern eingespielt habe und die Anmeldungen steigend seien.