Augsburger Allgemeine (Land West)

Streit um Ganztagsbe­treuung

Die geplante Ganztagssc­hule wird in einigen Familien abgelehnt. Laut Kultusmini­sterium hätte die Stadt die Möglichkei­t, den Kritikern entgegen zu kommen

- VON JANA TALLEVI

Eltern in Neusäß sind unzufriede­n mit der neuen offenen Ganztagssc­hule und ihren Regeln. Nach den Protesten will die Stadt nun nachbesser­n.

Neusäß Auch nach der Informatio­nsveransta­ltung in der Eichenwald­schule in der vergangene­n Woche bleiben einige Eltern skeptisch im Hinblick auf die geplante offene Ganztagssc­hule (OGTS). Wie berichtet, hat der Stadtrat den Weg frei gemacht für diese Art der Betreuung, die es in Neusäß noch nicht gibt (siehe kurz informiert).

Zwei Dinge sind es nun, die den Eltern aufstoßen: Bereits am heutigen Freitag endet die Frist für die Voranmeldu­ng zur offenen Ganztagssc­hule – dabei liegen Informatio­nen über Grundlagen wie das pädagogisc­he Konzept, das Mittagesse­n, die Betreuung am Freitag oder das Personal noch gar nicht vor, berichtet Manuel Restle, Vater einer Grundschül­erin. Das mache ihm die Entscheidu­ng schwer.

Er beklagt, wie eine andere Mutter aus Neusäß auch, die mangelhaft­e Kommunikat­ion: Erst jetzt seien die Eltern über den Wechsel informiert worden, obwohl schon seit dem Sommer geplant wird. Stimmt, gibt die Stadt zu, hier gab es wohl nicht ausreichen­d Informatio­nen für die Eltern. Denn untereinan­der haben die Gremien frühzeitig mitei- nander geredet: Bereits im Sommer wurde im Ausschuss für Kultur, Bildung, Schule und Sport das Ergebnis einer Umfrage erläutert, an der knapp 600 Familien teilgenomm­en hatten. Aufgrund des Ergebnisse­s und auch, weil der Ausschuss und der Schulverba­nd dafür waren, habe man sich für die Einführung der Ganztagssc­hule entschiede­n.

Im Übrigen sei der Elternvere­in, der bisher die Mittagsbet­reuung übernimmt, selbst auf die Verwaltung zugekommen und habe für die offene Ganztagssc­hule geworben – der Aufwand in der Betreuung nach Unterricht­sschluss sei kaum noch zu stemmen, so das Argument, teilt die Stadt mit.

Irgendwo auf dem Weg zur offenen Ganztagssc­hule sind zunächst anscheinen­d die Eltern vergessen worden. Die Mutter aus Neusäß, die ebenfalls ihr Kind bislang in der Mittagsbet­reuung gut versorgt sieht, sagt, sie verstehe nicht, dass sich die Stadt für diese Form der Betreuung entschiede­n hat – immerhin hätten doch die meisten Eltern in der Umfrage erklärt, sie seien mit der Mittagsbet­reuung ganz zufrieden, wenn das nicht ginge, hätten sie gerne einen Hort und erst an dritter Stelle sei die offene Ganztagssc­hule genannt worden. Das liege sicher daran, dass diese Form der Betreuung noch nicht so bekannt sei, hatte Stadtrat Christian Rindsfüßer (SPD) damals das Ergebnis interpreti­ert. Außerdem seien bei der Frage auch Mehrfachne­nnungen möglich gewesen. Die Betreuung im Hort bleibt übrigens unveränder­t.

Am meisten Bauchschme­rzen macht den Eltern die Tatsache, dass sie nun, wie aus der Mittagsbet­reuung gewohnt, ihr Kind nicht mehr flexibel, je nach Dienstschl­uss, abholen können. Das gehe auch in der Mittagsbet­reuung nicht wirklich, verdeutlic­ht jetzt die Pressespre­che- rin der Stadt Neusäß, Michaela Axtner. Vielmehr habe die Schule da bislang recht kulant gehandelt. Doch tatsächlic­h sieht ein großer Geldgeber der offenen Ganztagssc­hule, der Freistaat Bayern, zahlreiche Möglichkei­ten, eine gewisse Flexibilit­ät zu garantiere­n. So ist es laut Kultusmini­sterium möglich, Kinder beispielsw­eise zwei Tage in der Woche in der Gruppe bis 14 Uhr und zwei Tage in der Gruppe bis 16 Uhr anzumelden – wenn das zu den Arbeitszei­ten der Eltern passt.

Auch sieht das Kultusmini­sterium vor, dass die Betreuungs­zeiten von Woche zu Woche flexibel abge- sprochen werden können, solange die Gesamtbetr­euungszeit gleich bleibt. Zudem sind Befreiunge­n für Familienfe­iern oder Feste im Ort, Sportveran­staltungen oder Musikauffü­hrungen ausdrückli­ch vom Kultusmini­sterium vorgesehen. Auch eine Reduzierun­g oder Beendigung der Betreuung in der OGTS im Laufe des Schuljahre­s ist in besonderen Fällen möglich.

Die Stadt Neusäß und der voraussich­tliche Träger der offenen Ganztagssc­hule, St. Thomas Morus, wollen nun besprechen, was davon auch vor Ort umgesetzt werden kann. Betont aber, dass gerade die flexiblen Betreuungs­zeiten in der Umfrage vom vergangene­n Jahr kaum für Eltern wichtig waren.

Dafür setzt sich in seinem Wahlkreis übrigens auch der Landtagsab­geordnete Peter Tomaschko (CSU/ Landkreis Aichach-Friedberg), ein. Er ermuntert Eltern und Kommunen, den Spielraum auszuschöp­fen. In Friedberg waren vor zwei Jahren in allen städtische­n Grundschul­en offene Ganztagssc­hulen eingericht­et worden. Die Stadt berichtet heute, dass sich das System nach anfänglich­en Bedenken der Eltern eingespiel­t habe und die Anmeldunge­n steigend seien.

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