Augsburger Allgemeine (Land West)
Macht Vero Facebook Konkurrenz?
Was hinterm Hype um das Netzwerk steckte
Keine Werbung, keine Algorithmen, keine unnötig erhobenen Nutzerdaten – so klingen die Versprechen des neuen sozialen Netzwerks Vero. Es gebe „ein Ungleichgewicht zwischen den Interessen der Plattformen und der Nutzer“, heißt es auf der Website des Unternehmens. Vero sei das „wahre soziale Medium“, so der selbstbewusste Slogan. Ein kundenfreundlicher Gegenpol zur Datenkrake Facebook also?
Zumindest hat Vero – eine Plattform zum Teilen von Bildern, Büchern, Filmen und Serien – Ende Februar einen kometenhaften Aufstieg erlebt. Innerhalb von nur 24 Stunden wurde die App insgesamt mehr als 500 000 Mal heruntergeladen, berichtete die Online-Plattform Mashable. Daher wurde der Vorwurf laut, Vero habe sich mittels automatisierter Programme an die Spitze der Download-Listen katapultiert. Und: Einflussreiche Nutzer auf anderen Plattformen, sogenannte Influencer, seien bezahlt worden, um für Vero zu werben. Solche Methoden seien üblich, sagt Jürgen Seitz, Professor für Marketing, Medien und Digitale Wirtschaft an der Hochschule der Medien in Stuttgart. „Der Vero-Hype ist auf jeden Fall
Hunderttausende luden die Vero App herunter
durch Influencer gestartet worden – ob bezahlt oder nicht.“
Den Versuch, Facebook vom Thron der sozialen Medien zu stoßen, gibt es immer wieder. Mal vergeblich, wie bei den Netzwerken Ello, Peach oder Diaspora; mal durchaus erfolgreich: Zwar wächst die Zahl der Facebook-Nutzer laut „Social-Media-Atlas“der Kommunikationsberatung Faktenkontor und des Marktforschers Toluna. In der Teenager-Zielgruppe ist Facebook inzwischen jedoch von den Konkurrenten Instagram und Snapchat abgelöst worden.
„Facebook wird zu einem Seniorennetzwerk“, sagte die neue Staatsministerin für Digitales, Dorothee Bär (CSU), kürzlich. Seitz hält das für überspitzt. Dass Teenager von Facebook abwandern, habe folgende Gründe: Apps, in denen nur Bilder gepostet werden, würden beliebter. Zudem: „Niemand möchte in den Club mit seinen Eltern gehen.“Neue Plattformen wie Vero seien also vor allem für eine sehr junge Zielgruppe interessant – wenn sie eine „Killer-Applikation“hätten, ein Alleinstellungsmerkmal. Wie witzige Foto-Filter bei Snapchat oder das umfangreiche Bildbearbeitungsprogramm von Instagram. „Eine Killer-Applikation kann ich bei Vero noch nicht erkennen“, sagt Seitz.
Der Hype um Vero scheint inzwischen auch schon wieder vorbei zu sein. Viele Nutzer löschen die App. Weil der libanesische Vero-Gründer Ayman Hariri, so begründen sie ihre Entscheidung, Vize-Chef der Baufirma Saudi Oger gewesen sei. Diese soll tausende Mitarbeiter nicht bezahlt haben. Es gab Korruptionsvorwürfe. Ende Juli 2017 stellte Saudi Oger den Betrieb ein.