Augsburger Allgemeine (Land West)

Firma schleppte rechtswidr­ig Auto ab

Ein Unternehme­n nahm den Kleinbus eines Ehepaares am Riedinger Park an den Haken. Nach einem Zivilproze­ss musste es nun nicht nur die Kosten für die Aktion zurückzahl­en

- VON KLAUS UTZNI Symbolfoto: Daniel Karmann, dpa

Die Journalist­in Marilis Kurz-Lunkenbein und ihr Ehemann Richard Kurz, 63, ein ehemaliger Gewerkscha­ftssekretä­r, sind durchaus kritische Geister. Sie lassen sich nicht alles gefallen. Ihr Motto „Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt“hat auch im Streit mit einem Augsburger Abschleppu­nternehmer Früchte getragen. Das Amtsgerich­t hat eine kostenpfli­chtige Abschleppa­ktion der Firma für rechtswidr­ig erklärt. Es ist einer der seltenen Fälle, bei der die Justiz sich auf die Seite des Autofahrer­s geschlagen hat.

Was war geschehen? An einem heißen Sommertag im August 2016 hatte das Ehepaar seinen Kleingarte­n im Riedinger Park besucht. Weil die kränkelnde Mutter von Richard Kurz mit von der Partie war, fuhr man ausnahmswe­ise mit einem VWBus bis zur Austraße, wo man das Auto auf einer nahe gelegenen Industrieb­rache abstellte. Richard Kurz erinnert sich: Das Tor zu dem Gelände dort steht immer offen, es gibt kein Schild, das es als Privatraum ausweist. Seit 1993 habe er dort immer wieder mal seinen Kleinbus geparkt, was niemanden gestört habe. An jenem Augusttag muss es anders gewesen sein. Denn als Richard Kurz seine Mutter heimfahren wollte, war der Wagen weg. Der 63-Jährige dachte sofort an einen Diebstahl. Ein Anruf bei der Polizei ergab freilich einen anderen Grund für das verschwund­ene Auto: Der Kleinbus war abgeschlep­pt worden.

Ein Gögginger Unternehme­r hatte ihn an den Haken genommen. Mit dem Taxi fuhr Richard Kurz zu der Firma, der Chef war nicht zu erreichen. „Ein Mitarbeite­r erklärte mir, nur gegen Geld bekomme ich das Auto wieder. Das fand ich unglaublic­h“, ärgert sich der 63-Jährige noch heute. Ihm blieb nichts anderes übrig, als die Abschleppk­osten von 230 Euro zu bezahlen. Der ExGewerksc­haftssekre­tär betitelt die Aktion schlichtwe­g als „Abzocke“. Mithilfe seiner Rechtsschu­tzversiche­rung und der Anwältin Olga Weigandt zog er vor Gericht.

Und sollte in vollem Umfang Recht bekommen. Der beklagte Abschleppd­ienst erklärte in dem Zivilproze­ss, er sei von der Grundbesit­zverwaltun­gsgesellsc­haft beauftragt worden, alle Falschpark­er abzuschlep­pen. Es seien Warnschild­er zu erkennen gewesen, die an der Stelle, an der das Auto geparkt war, angebracht seien. Das Amtsgerich­t sah die Situation vor Ort allerdings anders: Ein Hinweissch­ild befinde sich nicht deutlich sichtbar an der Seitenwand eines Gebäudes. Es sei nicht klar, dass es sich auch auf den vom Kläger gewählten Parkplatz bezieht. Das Amtsgerich­t kam zum Schluss, die Abschleppa­ktion sei rechtswidr­ig gewesen. Das Urteil: Die Firma muss die von Richard Kurz bezahlten Abschleppk­osten von 230 Euro plus fünf Prozent Zinsen erstatten und die Anwaltskos­ten sowie die gesamten Kosten des Rechtsstre­ites tragen. Das Urteil ist inzwischen rechtskräf­tig. Der Unternehme­r hat alles bezahlt. Kurz und seine Ehefrau Marilis sind zufrieden. Und sie wollen anderen „Mut machen, sich nicht alles gefallen zu lassen“, wie sie sagen. Die Grundbesit­zverwaltun­gsgesellsc­haft hat auf den Richterspr­uch reagiert und große Hinweissch­ilder an der Stelle anbringen lassen.

Das Abschleppe­n fremder geparkter Fahrzeuge von Privatgrun­d an sich ist rechtens. Das hat auch der Bundesgeri­chtshof klargestel­lt. Die Voraussetz­ung: Es müssen eben deutlich sichtbare Warnschild­er auf das drohende Abschleppe­n hinweisen. Die Zusatzkost­en des Unternehme­rs dürften allerdings nicht höher sein als die vor Ort üblichen reinen Abschleppk­osten. Auch die Herausgabe des als „Pfand“abgeschlep­pten Fahrzeugs gegen Geld, so das höchste deutsche Straf- und Zivilgeric­ht, sei bis auf Ausnahmefä­lle in Ordnung.

Der Mann spricht von „Abzocke“

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Wenn ein Auto abgeschlep­pt wird, ist das für die Halter der Fahrzeuge oft eine unangenehm­e Situation. Nicht immer ist das zu ständige Abschleppu­nternehmen dabei im Recht, wie ein Zivilproze­ss in Augsburg zeigte.

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