Augsburger Allgemeine (Land West)
Fährt Neusäß auf die Straßenbahn ab?
Der Ausbau des Straßenbahnnetzes im Westen ist kompliziert und langwierig. Im Süden geht es jetzt schneller. Und am Ende könnte auch noch Gersthofen im Norden eher ans Ziel kommen – wenn es überhaupt will
Die Stadtwerke Augsburg sind offen für eine Straßenbahn nach Neusäß. Doch es gibt mehrere große Fragezeichen.
Neusäß/Landkreis Augsburg Endet die Straßenbahnlinie 5 in Neusäß, oder ist am Klinikum Schluss? Neusäß wartet auf das Ergebnis einer Machbarkeitsstudie für eine Verlängerung der Linie 5 vom Klinikumsgelände hin zur Westheimer Straße. Einstweilen planen die Stadtwerke ohne die Neusässer den Bau der Linie bis zum Klinikum, was die Grünen-Fraktionssprecherin im Kreistag und Neusässer Stadträtin Silvia Daßler für ungünstig hält. Für eine eventuelle Verlängerung der Tramlinie nach Neusäß gehe so wertvolle Zeit verloren, sagte Daßler gestern im Kreistag, wo über den Stand der großen Verkehrsprojekte im Landkreis berichtet wurde.
Dabei hatte der Augsburger Stadtwerkechef Walter Casazza unterstrichen, dass sein Unternehmen sowohl der Verlängerung der Fünfer als einem Ausbau der Linie 4 nach Gersthofen aufgeschlossen gegenüberstehe. „Wir sind offen und wir können es realisieren. Aber wir brauchen politischen Rückenwind aus den Gemeinden. Wer zuerst kommt, den werden wir zuerst bedienen.“Entsprechende Beschlüsse gibt es bislang aber weder in Neusäß noch in Gersthofen.
Wobei es auch ohne Verlängerung noch eine Weile dauern wird, bis die Fünfer vom Hauptbahnhof aus in Fahrt kommt. Denn das Vorhaben sei schon ohne Neusäß reichlich kompliziert, verdeutlichte Casazza. Anfang kommenden Jahres könnten die Planfeststellungsunterlagen eingereicht werden. Das Genehmigungsverfahren wird auf zwei Jahre veranschlagt, die Bauzeit selber auf noch einmal drei Jahre.
Grund sind die komplizierten Verkehrsverhältnisse in der Bürgermeister-Ackermann-Straße im Übergang auf B300 beziehungsweise B 17. Diese wichtige Verkehrsader soll durch Bauarbeiten nicht verschlossen werden. Wie der Ver- dort künftig mit Straßenbahn rollen soll, ist Gegenstand einer Simulation, die noch nicht fertig ist und auf die auch Stadtberger Kommunalpolitiker gespannt sind. Sie warnen vor einem Verkehrskollaps in ihren Straßen, weil die Straßenbahn für Schleichverkehr von Autos sorgen werde.
Klar ist indes schon, dass die Uniklinik an den Start gehen wird, ohne dass die zusätzliche Straßenbahn fährt. Die Stadtwerke wollen deshalb verstärkt Busse einsetzen, wie Casazza gestern sagte.
Viele offene Fragen gibt es auch in Gersthofen. Technisch machbar wäre die Verlängerung der Linie – doch wären die geschätzten Baukos- von 45 Millionen Euro auch gut angelegtes Geld, weil sich genügend Fahrgäste finden? Und packt das innerstädtische Straßennetz die Tram, die mehr als zwei Kilometer im übrigen Verkehr „mitschwimmen“müsste, weil der Platz fehlt für eine eigene Trasse? Diese zentralen Fragen, die auch in der Bevölkerung kontrovers diskutiert werden, müssen laut Casazza von Experten geklärt werden. An beiden Ausbauvorhaben könnte sich der Landkreis ähnlich wie in Königsbrunn beteiligen, sagte Landrat Martin Sailer (CSU).
Der Ausbau der Straßenbahnlinie dorthin ist bereits beschlossene Sache. Frühestens Anfang kommenkehr den Jahres liegt eine Baugenehmigung für die Verlängerung der Straßenbahnlinie 3 vor, so Casazza gestern vor dem Kreistag. Seinen Worten zufolge könnte bei optimalem Verlauf des Genehmigungsverfahrens (Planfeststellung) bereits Ende dieses Jahres mit vorbereitenden Arbeiten für das Großprojekt begonnen werden.
Die Verlängerung der Tramlinie in die größte Stadt des Landkreises Augsburg soll zwei Jahre in Anspruch nehmen und nach aktuellen Schätzungen 41 Millionen Euro kosten. Es könnte auch deutlich mehr werden. Inklusive der sogenannten Risikozuschläge steht bei den Stadtwerken Augsburg derzeit ein Budten get von 49 Millionen zur Verfügung, um die seit Jahrzehnten diskutierte Straßenbahnstrecke zu verwirklichen. Die geplante Strecke ist 4,6 Kilometer lang. Geplant ist, dass der Streckenabschnitt nach Königsbrunn von der Tram in der Regel im
15-Minuten-Takt befahren wird. Die Stadtwerke Augsburg schultern das Projekt zunächst alleine und bekommen die Fahrgeldeinnahmen. Gerechnet wird mit 10 000 Fahrgästen und damit einem Defizit. Der Landkreis Augsburg und Königsbrunn sollen deshalb jährlich
950000 Euro Zuschuss bezahlen, der Kreis trägt zwei Drittel dieser Summe. Das sind rund 600 000 Euro pro Jahr.