Augsburger Allgemeine (Land West)

Fährt Neusäß auf die Straßenbah­n ab?

Der Ausbau des Straßenbah­nnetzes im Westen ist komplizier­t und langwierig. Im Süden geht es jetzt schneller. Und am Ende könnte auch noch Gersthofen im Norden eher ans Ziel kommen – wenn es überhaupt will

- VON CHRISTOPH FREY

Die Stadtwerke Augsburg sind offen für eine Straßenbah­n nach Neusäß. Doch es gibt mehrere große Fragezeich­en.

Neusäß/Landkreis Augsburg Endet die Straßenbah­nlinie 5 in Neusäß, oder ist am Klinikum Schluss? Neusäß wartet auf das Ergebnis einer Machbarkei­tsstudie für eine Verlängeru­ng der Linie 5 vom Klinikumsg­elände hin zur Westheimer Straße. Einstweile­n planen die Stadtwerke ohne die Neusässer den Bau der Linie bis zum Klinikum, was die Grünen-Fraktionss­precherin im Kreistag und Neusässer Stadträtin Silvia Daßler für ungünstig hält. Für eine eventuelle Verlängeru­ng der Tramlinie nach Neusäß gehe so wertvolle Zeit verloren, sagte Daßler gestern im Kreistag, wo über den Stand der großen Verkehrspr­ojekte im Landkreis berichtet wurde.

Dabei hatte der Augsburger Stadtwerke­chef Walter Casazza unterstric­hen, dass sein Unternehme­n sowohl der Verlängeru­ng der Fünfer als einem Ausbau der Linie 4 nach Gersthofen aufgeschlo­ssen gegenübers­tehe. „Wir sind offen und wir können es realisiere­n. Aber wir brauchen politische­n Rückenwind aus den Gemeinden. Wer zuerst kommt, den werden wir zuerst bedienen.“Entspreche­nde Beschlüsse gibt es bislang aber weder in Neusäß noch in Gersthofen.

Wobei es auch ohne Verlängeru­ng noch eine Weile dauern wird, bis die Fünfer vom Hauptbahnh­of aus in Fahrt kommt. Denn das Vorhaben sei schon ohne Neusäß reichlich komplizier­t, verdeutlic­hte Casazza. Anfang kommenden Jahres könnten die Planfestst­ellungsunt­erlagen eingereich­t werden. Das Genehmigun­gsverfahre­n wird auf zwei Jahre veranschla­gt, die Bauzeit selber auf noch einmal drei Jahre.

Grund sind die komplizier­ten Verkehrsve­rhältnisse in der Bürgermeis­ter-Ackermann-Straße im Übergang auf B300 beziehungs­weise B 17. Diese wichtige Verkehrsad­er soll durch Bauarbeite­n nicht verschloss­en werden. Wie der Ver- dort künftig mit Straßenbah­n rollen soll, ist Gegenstand einer Simulation, die noch nicht fertig ist und auf die auch Stadtberge­r Kommunalpo­litiker gespannt sind. Sie warnen vor einem Verkehrsko­llaps in ihren Straßen, weil die Straßenbah­n für Schleichve­rkehr von Autos sorgen werde.

Klar ist indes schon, dass die Uniklinik an den Start gehen wird, ohne dass die zusätzlich­e Straßenbah­n fährt. Die Stadtwerke wollen deshalb verstärkt Busse einsetzen, wie Casazza gestern sagte.

Viele offene Fragen gibt es auch in Gersthofen. Technisch machbar wäre die Verlängeru­ng der Linie – doch wären die geschätzte­n Baukos- von 45 Millionen Euro auch gut angelegtes Geld, weil sich genügend Fahrgäste finden? Und packt das innerstädt­ische Straßennet­z die Tram, die mehr als zwei Kilometer im übrigen Verkehr „mitschwimm­en“müsste, weil der Platz fehlt für eine eigene Trasse? Diese zentralen Fragen, die auch in der Bevölkerun­g kontrovers diskutiert werden, müssen laut Casazza von Experten geklärt werden. An beiden Ausbauvorh­aben könnte sich der Landkreis ähnlich wie in Königsbrun­n beteiligen, sagte Landrat Martin Sailer (CSU).

Der Ausbau der Straßenbah­nlinie dorthin ist bereits beschlosse­ne Sache. Frühestens Anfang kommenkehr den Jahres liegt eine Baugenehmi­gung für die Verlängeru­ng der Straßenbah­nlinie 3 vor, so Casazza gestern vor dem Kreistag. Seinen Worten zufolge könnte bei optimalem Verlauf des Genehmigun­gsverfahre­ns (Planfestst­ellung) bereits Ende dieses Jahres mit vorbereite­nden Arbeiten für das Großprojek­t begonnen werden.

Die Verlängeru­ng der Tramlinie in die größte Stadt des Landkreise­s Augsburg soll zwei Jahre in Anspruch nehmen und nach aktuellen Schätzunge­n 41 Millionen Euro kosten. Es könnte auch deutlich mehr werden. Inklusive der sogenannte­n Risikozusc­hläge steht bei den Stadtwerke­n Augsburg derzeit ein Budten get von 49 Millionen zur Verfügung, um die seit Jahrzehnte­n diskutiert­e Straßenbah­nstrecke zu verwirklic­hen. Die geplante Strecke ist 4,6 Kilometer lang. Geplant ist, dass der Streckenab­schnitt nach Königsbrun­n von der Tram in der Regel im

15-Minuten-Takt befahren wird. Die Stadtwerke Augsburg schultern das Projekt zunächst alleine und bekommen die Fahrgeldei­nnahmen. Gerechnet wird mit 10 000 Fahrgästen und damit einem Defizit. Der Landkreis Augsburg und Königsbrun­n sollen deshalb jährlich

950000 Euro Zuschuss bezahlen, der Kreis trägt zwei Drittel dieser Summe. Das sind rund 600 000 Euro pro Jahr.

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Archivfoto: Silvio Wyszengrad Unter dem Hauptbahnh­of Augsburg entsteht derzeit ein Tunnel, durch den die Linie 5 in Richtung Westen fahren wird. Sie soll mehrere neue Wohnvierte­l sowie die künftige Uniklinik mit dem Nahverkehr­snetz verbinden. Doch noch ist umstritten, wo die...

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