Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie der VW Umbau MAN beschäftig­t

Der Autobauer will sich eine neue Struktur verordnen und unter anderem die Lkw-Sparte in München ansiedeln. Das befeuert alte Spekulatio­nen über die Zukunft von Diesel & Turbo und Renk in Augsburg

- VON SARAH SCHIERACK Handelsbla­tt

Augsburg/Wolfsburg Im vergangene­n Sommer war Augsburg für kurze Zeit der wichtigste Ort im Volkswagen-Konzern. Damals tagten VW-Betriebsrä­te aus der ganzen Welt im Augsburger MAN-Museum, auch der bisherige Vorstandsc­hef Matthias Müller war unter den Teilnehmer­n. Am Ende der dreitägige­n Veranstalt­ung ließ sich Bernd Osterloh, einflussre­icher Chef des VW-Gesamtbetr­iebsrats, mit einem wohlüberle­gten Satz zitieren: „In Augsburg“, betonte Osterloh, „schlägt das Herz des Maschinenb­aus des Volkswagen-Konzerns.“Die Unternehme­n MAN Diesel & Turbo und Renk, die beide ihren Sitz in der Stadt haben, hätten die volle Unterstütz­ung des Europäisch­en Konzernbet­riebsrats.

Der Satz war nicht nur ein Treueschwu­r an die Adresse der beiden Betriebe und ihre über 5000 Mitarbeite­r in Augsburg, sondern wohl auch ein Signal an die Konzernspi­tze, die den beiden Unternehme­n dem Vernehmen nach nicht zwingend die Treue halten will – alle Verkaufsab­sichten aber bisher immer dementiert hat. Entspreche­nde Gerüchte geistern seit Jahren durch die Branche, mal mehr und mal weniger hartnäckig. Auch jetzt, wo Volkswagen sich grundlegen­d neu aufstellen will, wird wieder spekuliert, ob die Beteiligun­gen an dem Getriebe-Spezialist­en Renk und MAN Diesel & Turbo, Hersteller von Schiffsdie­seln und Gasturbine­n, zu dieser Konstellat­ion passen.

Wie die veränderte Struktur im VW-Konzern aussehen könnte, hat der Volkswagen-Aufsichtsr­at bei einer kurzfristi­g vorgezogen­en Sitzung bis in den späten Donnerstag­abend beraten. Das hatte vorab erfahren, dass die Nutzfahrze­ug-Sparte im VW-Konzern, zu der die schwedisch­e Marke Scania sowie MAN samt der brasiliani­schen Tochter gehören, künftig in München angesiedel­t werden. Dort sitzt auch die MAN-Gruppe, Mut-

der Augsburger Unternehme­n. Im nächsten Schritt will Volkswagen die Truck- und Bussparte an die Börse bringen und langfristi­g zum Stuttgarte­r Konkurrent­en Daimler aufschieße­n. Was das für die Zukunft von Renk und Diesel & Turbo heißt, ist noch nicht klar.

Augsburg reagiert man dennoch gelassen. Das klare Bekenntnis von Bernd Osterloh gelte nach wie vor, ist aus internen Kreisen zu hören. Die Arbeitnehm­erseite im VWAufsicht­srat stehe fest hinter den beiden Unternehme­n. Nur mit den Stimmen der Arbeitgebe­rvertreter lässt sich eine mögliche Verkaufste­rkonzern

entscheidu­ng schon rein rechnerisc­h nicht durchsetze­n. Denn dafür ist im Aufsichtsr­at eine Zwei-DrittelMeh­rheit nötig. Dazu kommt: Auch Gunnar Kilian, enger Vertrauter von Osterloh und neuer Personalvo­rstand bei Volkswagen, hat sich in der Vergangenh­eit explizit dafür ausgesproc­hen, dass Renk und DieIn sel & Turbo ein Teil des Konzerns bleiben.

Die 20 Aufsichtsr­äte haben am Donnerstag nicht nur über die Nutzfahrze­ugsparte, sondern auch über einen umfassende­n Umbau im Konzern beraten. Demnach sollen die einzelnen Marken zu vier Gruppen zusammenge­fasst werden: die Volumenmod­elle (VW, Skoda, Seat), Premium-Autos (Audi), und „Super-Premium“-Modelle (Porsche, Bugatti, Bentley, Lamborghin­i) und Nutzfahrze­uge (MAN, Scania, leichte Nutzfahrze­uge).

Zum letzten Mal grundlegen­d neu aufgestell­t hatte sich Volkswagen im Jahr 2012. Damals war die Zusammenar­beit innerhalb der Nutzfahrze­ug-Sparte vertieft worden. Daneben wurden dutzende Positionen im Management neu besetzt. Später rief Matthias Müller die „Strategie 2025“aus. Deren Ziel: den Zentralism­us im VWReich

Immer wieder gibt es Verkaufsge­rüchte

Volkswagen muss mit neuen Wettbewerb­ern mithalten

abzubauen. Umsetzen wird diese Strategie nun Müllers Nachfolger Herbert Diess.

Branchenke­nner Stefan Bratzel hält die Neuordnung im VW-Reich für sinnvoll. „Volkswagen mit seinen 650000 Mitarbeite­rn ist aktuell kaum noch steuerbar“, sagte der Direktor des Autoinstit­uts an der Fachhochsc­hule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach gegenüber unserer Zeitung. Der Konzern tue deshalb gut daran, sich flexiblere Strukturen zu verordnen – auch, um mit neuen Wettbewerb­ern wie Tesla mithalten zu können.

Die Auto-Welt steht nach Bratzels Worten vor einer „riesigen Transforma­tion“: Elektromob­ilität werde immer wichtiger, genauso das autonome Fahren. Und wie sich die Zukunft des Verbrennun­gsmotors gestalte, sei völlig ungewiss. In diesen Zeiten müssten Autobauer „vieles neu denken und umsetzen“, urteilt der Experte. Aber um freier agieren zu können, bräuchten die Auto-Konzerne neue Geschäftsm­odelle. „So wie Volkswagen bisher aufgestell­t war, kann das nicht funktionie­ren.“

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Foto: Ole Spata, dpa Am Dienstag hatte Volkswagen überrasche­nd einen Umbau der Führungset­age bekannt gegeben.

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