Augsburger Allgemeine (Land West)

Sheriff Pinizzotto kehrt zurück

Die Finalserie zwischen München und Berlin beginnt, und ab Sonntag darf auch das Raubein wieder auflaufen. Jedes Team hat diesen Spielertyp­en in seinem Kader, auch Augsburg

- VON MILAN SAKO

München Und da sage noch einer, dass die mit 52 Partien sich ewig hinziehend­e Punktrunde in der Deutschen Eishockey-Liga für die Katz sei. In den Play-offs komme es dann doch anders als man denkt. Nicht so in dieser Saison. Ab heute stehen sich im Finale der EHC München und die Eisbären Berlin gegenüber. Die zwei besten Mannschaft­en der Hauptrunde haben es in die finale Endspielse­rie geschafft, die am Freitagabe­nd (19.30 Uhr/live auf telekomeis­hockey.de) beginnt. Die Münchner waren Tabellener­ster mit 107 Punkten, dahinter folgte Berlin (101).

Alle Experten erwarten eine enge Best-of-seven-Serie. Leichte Vorteile liegen bei den Münchnern, dem Meister der beiden vergangene­n Jahre. Weil sie den homogenere­n Kader und vielleicht auch, weil sie den härtesten DEL-Spieler in ihren Reihen haben. Jason Pinizzotto eilt nicht nur ein Ruf wie Donnerhall voraus, der Mann ist das Raubein der Liga. Zum Auftakt der Play-offSerie muss der gebürtige Kanadier mit deutschem Pass noch das letzte Match seiner ungewöhnli­ch hohen Fünf-Spiele-Sperre absitzen. Am Sonntag in Spiel zwei wird er wieder die Handschuhe anziehen und vielleicht wieder abstreifen. Pinizzotto nimmt die Sperre gelassen hin: „Das war eine Entscheidu­ng der Liga,

Ein Foul an Mannheims Plachta erregt die Gemüter

aber am Ende des Tages war es ein Eishockey-Check, auch wenn es einige aufgeregte Leute gab.“Das ist leicht untertrieb­en. Im ersten Halbfinald­uell gegen Mannheim checkte Pinizzotto den Silbermeda­illengewin­ner Matthias Plachta so heftig gegen die Bande, dass der AdlerStürm­er benommen liegen blieb. Noch mehr als der überharte Check erregte der Deutschkan­adier die Gemüter mit seiner anschließe­nden Geste, dass er Plachta schlafen gelegt habe. Mannheim forderte eine noch härtere Bestrafung. Ein Ingolstädt­er Stadtrat wollte dem Übeltäter per Hausrecht künftige Auftritte in Ingolstadt verwehren. Plachta kam glückliche­rweise ohne Verletzung­en davon und spielte bald wieder, die Wogen haben sich geglättet.

Und Steven Pinizzotto hatte seinen Ruf als „tough guy“, als harter Bursche, zementiert. Jede Mannschaft hat diesen Spielertyp­en im Kader. Der Sheriff soll die Mannschaft pushen, die Stars beschützen und den Gegner aus dem Konzept bringen. Als Mike Stewart, der Trainer der Augsburger Panther, noch als Verteidige­r aktiv war, ließ er gerne die Fäuste fliegen. Dafür hatte sich der Austrokana­dier extra in einem Boxstudio mit ausschließ­lich farbigen Sportlern angemeldet, die ihm den Spitznamen „die große weiße Hoffnung“gaben.

Pinizzotto hatte andere Lehrmeiste­r: „Ich bin mit meinen älteren Brüdern Mark und Jason aufgewachs­en und musste lernen, mich durchzuset­zen“, erzählt der 34-Jährige und fügt an: „In Nordamerik­a musste ich mich und meine Mannschaft­skollegen verteidige­n.“Ein Raubein schlüpft auch in die Rolle des Beschützer­s. Als der Russe Sergej Vostrikov für die Panther stürmte, hatte er ebenfalls seinen Body- guard. Packte ein Gegner den genialen Torjäger mit dem viel zu langen Schläger zu hart an, machte derjenige innige Bekanntsch­aft mit AEVVerteid­iger Eric Dandenault. In den vergangene­n beiden Spielzeite­n füllte Hans Detsch die Rolle in Augsburg aus.

Ein anderes Motiv, einen Boxkampf vom Zaun zu brechen, ist, wenn es bei der eigenen Mannschaft sportlich nicht läuft. Dann soll der Boxer seine Teamkolleg­en wachrüttel­n, das „Momentum“wieder zu sich ziehen, wie die Trainer gerne referieren. Bei den EHC-Fans kommt Pinizzotto gut an, sein Trikot mit der Nummer 14 verkauft sich oft, wie in Heimspiele­n zu beobachten ist. Der Deutschkan­adier ist der härteste Kämpfer der Liga und hat die meisten seiner Zweikämpfe gewonnen. Darauf kommt es an: „Es geht darum, zu lesen, wie der Gegner steht und woher die Schläge kommen. Und: Du darfst keine Angst haben“, sagt der Stürmer und lehnt dabei in der Münchner Kabine lässig an der Wand. Pinizzotto glänzt allerdings auch als technisch guter Stürmer, wie 13 Tore und 20 Vorlagen in 45 Spielen zeigen. Nach drei Jahren wird sich das Raubein wohl aus München verabschie­den. Es heißt, dass der Hauptspons­or Red Bull die Schlagzeil­en wie nach dem Plachta-Check nicht gerne liest. Der dritte Meistertit­el mit dem EHC wäre der perfekte Abschluss für den Deutschkan­adier in München. Pinizzotto sagt dazu nichts. Angeblich haben sich die Kölner Haie seine Dienste gesichert. Man werde sehen, er mache sich keine Sorgen um seine Zukunft. Denn Jason Pinizzotto ist überzeugt: „Viele Teams brauchen meinen Stil, um zu gewinnen.“

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Foto: Gepa Wenn es in München zu hart zur Sache geht, ist normalerwe­ise Jason Pinizzotto (rechts) beteiligt. Der Deutschkan­adier trifft mit dem EHC im Finale um die deutsche Meistersch­aft auf Berlin.

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