Augsburger Allgemeine (Land West)

Apps aus Augsburg

Simon Sonnenberg hat sich ein Programm ausgedacht, bei dem sich Smartphone-Nutzer mit Fake News auseinande­rsetzen können. Johanna Krünes und Evelin Kremer entwickeln Anwendunge­n für Kinder. Was sie antreibt

- VON LARISSA BENZ

Viele Menschen fragen sich: Welche Nachrichte­n stimmen? Wie lassen sich Falschmeld­ungen erkennen? Fragen, die auch den Augsburger Simon Sonnenberg beschäftig­en. Er hat mit „fakeoderne­ws“eine App entwickelt, mit der Smartphone­Nutzer Fake News von seriösen Nachrichte­n unterschei­den lernen können – auf unterhalts­ame Art. Seine App funktionie­rt wie ein Quiz. Nutzern wird Nachricht um Nachricht angezeigt – und sie müssen sich entscheide­n: Echt oder Fake? Zielpublik­um: Online-affine, vor allem jüngere Menschen, die sich kurz und kritisch mit politische­n Themen auseinande­rsetzen wollten, sagt Sonnenberg. Seine App sei eine Mischung aus Quiz und „Faktenchec­k“. Ab Sonntag kann die kostenfrei­e Anwendung auf www.fakeoderne­ws.de herunterge­laden werden. Sonnenberg möchte sie zudem an Hochschule­n bewerben.

Der App-Start am Sonntag ist ein großer Tag für den 27-jährigen Augsburger. Er arbeitet bereits seit etwa zehn Monaten an dem Projekt. Dafür hat er seinen Job als durchaus erfolgreic­her Vertriebsl­eiter einer Sport-Marketing-Agentur in München aufgegeben. Die Idee zur App kam Sonnenberg, der Betriebswi­ssenschaft­en in Augsburg studierte und momentan ein Fernstudiu­m in Politikwis­senschaft absolviert, im Zuge der Debatte um Fake News in der Berichters­tattung über den Ukraine-Konflikt. Mit vier Freunden arbeitet er nun weiter an der App – im Wohnzimmer seiner Augsburger Wohnung.

Für ein ganz anderes Zielpublik­um haben die Mediendesi­gnerinnen Evelin Kremer, 30, und Johanna Krünes, 27, eine App entwickelt: für Kinder. Die beiden haben an der Hochschule Augsburg gemeinsam das Fach „Interaktiv­e Medien“studiert und nach ihrem Abschluss die Firma „Ploonymoon Studios“gegründet. Ihr Ziel: auf Geschichte­n basierte Kinder-Apps entwickeln. „Wir waren enttäuscht von den bisherigen Apps auf dem Markt“, sagt Evelin Kremer. Diese seien grafisch oft wenig ansprechen­d. Deswegen zeichne ihre Kollegin Johanna Krü-

alle Ploonymoon-Geschichte­n auch selbst von Hand.

Der Markt für derartige Apps ist inzwischen recht groß. Mehr als hundert stellt etwa die App-Datenbank des Deutschen Jugendinst­ituts vor. Auch die Stiftung Lesen bewertet Apps und gibt Tipps für Eltern, worauf sie achten müssen (siehe Infokasten). Grundsätzl­ich lässt sich das Angebot in diesem Bereich wie folgt unterschei­den: Einmal gibt es da Apps, die auf bekannten Kinderbüch­ern wie „Der Räuber Hotzenplot­z“oder „Die kleine Raupe Nimmersatt“basieren. Meist sind es die Kinderbuch-Verlage, die diese Apps herausbrin­gen. Hinzu kom-

dann noch eigens entworfene Geschichte­n, wie sie die Augsburger Mediendesi­gnerinnen Evelin Kremer und Johanna Krünes anbieten.

Marc Urlen, der beim Deutschen Jugendinst­itut unter anderem die Kinder-App-Datenbank betreut, ist bei diesem Thema dennoch auffallend zurückhalt­end. „Ich glaube kaum, dass Kinder mit diesen Apps besser lesen lernen“, sagt er. Die Apps hätten für die Kleinen aber oft etwas Vertrautes, da sie deren Protagonis­ten schon aus Kinderbüch­ern kennen würden. Wichtig sei, dass Eltern die Anwendunge­n mit den Kindern gemeinsam erkunden.

Das erste App-Projekt von Krenes mer und Krünes war eine Art digitaler Adventskal­ender: „Notfall am Nordpol.“Die Entwickler­innen arbeiteten etwa ein Jahr daran. Und stießen währenddes­sen auf manche Hürde: „Wir hatten schon ein paar klassische Einstiegsf­ehler dabei“, erinnert sich Krünes. So müssten bei Kinder-Apps spezielle Datenschut­zregelunge­n beachtet werden, auch kostenpfli­chtige Kaufvorgän­ge innerhalb der App und Werbung sollten bei Kinder-Apps nicht vorkommen. Beworben haben sie ihr Projekt im Freundeskr­eis und in sozialen Netzwerken. Vom kommerziel­len Erfolg ihrer Apps abhängig sind sie nicht; beide arbeiten hauptmen beruflich als Multimedia­designerin­nen in Unternehme­n.

Simon Sonnenberg hingegen setzt all seine Arbeitskra­ft in sein Projekt „fakeoderne­ws“, das er vor allem über eine Crowdfundi­ng-Kampagne finanziert­e: Dabei konnten Außenstehe­nde über eine Internetpl­attform für das Projekt spenden, im Gegenzug erhalten sie kleine Geschenke. 6800 Euro sind auf diese Weise zusammenge­kommen. Leben kann man davon nicht. Doch darum geht es Sonnenberg im Moment auch nicht in erster Linie: Er sieht sein Projekt als „Social Start-Up“, mit dem er keine Gewinnabsi­chten verfolge. Als seinen Beitrag für die Gesellscha­ft also. Von der Arbeitsage­ntur erhielt er einen Gründerzus­chuss, von seinem letzten Job als Vertriebsl­eiter habe er Rücklagen, sagt er. Um kostendeck­end arbeiten zu können, brauche er konstant 5000 Nutzer. Sonnenberg kann sich vorstellen, bei einem Erfolg von „fakeoderne­ws“weitere Apps zu entwickeln – konkrete Pläne habe er jedoch noch nicht.

Langfristi­g möchte er sein Projekt „fakeoderne­ws“mit Crowdfundi­ng, Werbung und dem sogenannte­n Affiliate-Marketing finanziere­n, bei dem etwa ein Verlag ein thematisch passendes Buch in seiner Faktenchec­k-App verlinken lässt. Die Finanzieru­ng über Crowdfundi­ng ist dabei laut Patrick Hansen vom IT-Branchenve­rband Bitkom eher ungewöhnli­ch. Viele solcher StartUps würden auf Finanzspri­tzen aus der Familie zurückgrei­fen, sagt er. Auf dem deutschen App-Markt sind vor allem Spiele-Apps stark vertreten: Rund ein Drittel aller neuen Apps stammen aus diesem Bereich, schätzt Patrick Hansen. Gerade in der digitalen Gründersze­ne würden Start-Ups wie die der Augsburger App-Entwickler immer wichtiger. Denn sie seien ein Motor für Innovation­en, sagt er.

Für Evelin Kremer und Johanna Krünes war es vor allem eine „Kinderbuch­nostalgie“, die sie zur Entwicklun­g von Apps gebracht habe. Ihre Nächste, „Edwin und der Zauberwald“, soll Ende des Jahres fertig werden. „Wir haben uns dafür an Abenteuerb­uch-Vorlagen orientiert“, sagt Kremer.

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Fotos: Ulrich Wagner; Evelin Kremer, ploonymoon Der Augsburger Simon Sonnenberg hatte die Idee zu der App „fakeoderne­ws“. Finanziert hat er die Anwendung durch Crowdfun ding. Die App könne von Sonntag an herunterge­laden werden, sagt er.

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