Augsburger Allgemeine (Land West)

Apps für Kinder schneiden schlecht ab

Fehlender Datenschut­z und die Gefahr von Mobbing – Spieleanwe­ndungen für den Nachwuchs weisen gravierend­e Mängel auf. Worauf Eltern achten sollten

- VON HANS PETER SEITEL

Augsburg 99 von 100 Spiele-Apps für Kinder weisen mindestens einen großen Mangel in Sachen Kinder-, Daten- oder Verbrauche­rschutz auf. Zu diesem Testergebn­is kommt das Bund-Länder-Kompetenzz­entrum Jugendschu­tz.net. Eine neue Webseite soll erwachsene Käufer bei der Auswahl unterstütz­en.

Bunte Bonbons zerplatzen lassen und fiktive Städte bauen: SpieleApps bieten Kindern ungeahnte Möglichkei­ten. Aber 99 der überprüfte­n Produkte stufen die Tester als „kritisch“ein. 62 Apps zeigten sogar so gravierend­e Mängel, dass sie die Bewertung „sehr riskant“in mindestens einer von fünf Prüfkatego­rien erhielten. Die einzige App, die nicht durchfällt, beruht auf einer Fernsehsen­dung: Die Maus.

Besonders Apps mit Chat- und Messenger-Funktionen bewerten die Tester als problemati­sch. Keine einzige biete ein ausreichen­des Sicherheit­sund Moderation­skonzept. „Das öffnet Cybermobbi­ng und -grooming Tür und Tor“, sagt Katja Knierim, Referatsle­iterin bei Jugendschu­tz.net. Unter „Grooming“wird die gezielte Ansprache von Minderjähr­igen mit dem Ziel der sexuellen Annäherung verstanden.

In 76 der 100 Apps werden die Kinder mit sogenannte­n In-AppKäufen „traktiert“, berichten die Tester. Mit In-App-Käufen können die Nutzer während des Spielens zusätzlich­e Spielmögli­chkeiten erwerben. Bei 90 Apps gehöre ein Nutzer- tracking, also die Aufzeichnu­ng des Verhaltens, samt Datenweite­rgabe an Unternehme­n zum Standard – „obwohl gerade die Daten von Kindern mit besonderer Sorgfalt behandelt werden müssten“, bemängelt die von Bund und Ländern eingericht­ete Jugendschu­tzstelle mit Sitz in Mainz.

Die Experten sehen die Gefahr, dass sich Erwachsene beim App-Erwerb nach den Altersklas­sifizierun­gen in den App-Stores richten. Diese Altersanga­ben berücksich­tigten aber nur die reinen Spielinhal­te. „Meist sind es aber nicht die Inhalte, die ein Problem darstellen – vielmehr ist es zum Beispiel der immense Kaufdruck, den viele scheinbar kostenlose Spielangeb­ote ausüben“, sagt Referatsle­iterin Knierim. Risiken wie ungesicher­te Chat-Funktioalt­bekannten nen gingen in die Klassifizi­erungen der Stores ebenfalls nicht mit ein.

Für Kunden, die sich wappnen möchten, stellt Jugendschu­tz.net seit kurzem die neue Webseite „app-geprüft.net“bereit. Nach Eingabe des Namens einer App erscheint die Bewertung der Fachleute. „Die Ampelfarbe­n Rot, Gelb und Grün zeigen, wie die jeweilige App in den Punkten Kinderschu­tz, Werbung, In-App-Käufe, Datenschut­z und Verbrauche­rinformati­on abschneide­t“, hebt die Stiftung Warentest hervor.

Die kostenlos nutzbare Webseite beinhaltet derzeit 53 Bewertunge­n und soll sukzessiv ausgebaut werden. Ein Manko bleibt jedoch: Ob eine Spiele-App pädagogisc­h wertvoll ist oder nicht, geht auch aus der Bewertung nicht hervor.

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Foto: Tobias Hase, dpa Schon im jungen Alter greifen viele Kinder zu einem Smartphone oder Tablet und spielen in verschiede­nen Apps. Diese weisen laut einer aktuellen Studie allerdings große Mängel bezüglich des Kinder und Verbrauche­rschutzes auf.

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