Augsburger Allgemeine (Land West)
Das Motto-Powerplay
Sd@augsburger allgemeine.de
Früher hat man die Dinge beim Namen genannt. Wo Symphoniekonzert draufstand, war Musik drin. Musik ist zwar immer noch zu haben im Symphoniekonzert, bloß steht heute etwas anderes drauf. „Spiel und Ernst“zum Beispiel. Oder „Sehnsuchtsorte“. Ein andermal „Blickwinkel“. Ein Konzert, und keineswegs nur ein solches mit großem Orchester, braucht heute ein Motto, und weiß Gott nicht nur bei den Augsburger Philharmonikern, die solche Übertitelung nun schon seit Längerem betreiben. Auch das Augsburger Mozartfest macht es nicht mehr „ohne“, für die nächste Folge hat man sich „Machtspiele – Powerplay“zum Leitspruch erkoren.
Was ist da los? Traut man dem Konzert, den darin aufgeführten Werken nicht mehr zu, für sich selbst sprechen zu können, nicht mehr attraktiv genug zu sein in ihrer schlichten Symphonie-, Ouvertürenoder Klavierkonzert-Existenz? Gut vorstellbar. Vielleicht lebt man als Macher von Konzertprogrammen inzwischen in der Angst, ohne einen coolen Spruch schrecklich vorgestrig zu wirken, wo heutzutage doch jeder Joghurt mit flockigen Worten an die Kundschaft gebracht wird. Da setzt man einem Konzert dann schon mal mit ein paar englischen Worten die Krone auf („Britain’s got talent“), das klingt jung und hip und kommt einfach gut in dem als altväterlich geschmähten Klassikkontext. Oder man lockt gleich mit Signalen, an denen kein wahrer Konsument vorbeigehen mag („Wintertraum“). Manchmal freilich wirft die Etikettenvergabe Fragen auf. „Wind und wej“– ob das wirklich reinzieht in ein Konzert mit Chormusik und Weinberg-Sinfonie? Ein andermal ist die Mottowahl seltsam erheiternd: Orchesterklänge aus dem 18. Jahrhundert, was schreibt man da wohl drüber? „Aufgepudert“– lustig, wo damals die Herren alle Perücke trugen.
Womit man bei der Frage wäre, ob so ein Slogan etwas für die HörErkenntnis bringt? Das Mindeste ist, dass das Motto einem roten Faden gleichkommt, der zeigt, was die gespielten Werke verbindet. Das kann schon mit ein paar Buchstaben gelingen. Strauss’ „Don Quixote“und de Fallas „Dreispitz“, und drüber steht? – logisch: „Olé!“