Augsburger Allgemeine (Land West)

Das Motto-Powerplay

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- VON STEFAN DOSCH

Früher hat man die Dinge beim Namen genannt. Wo Symphoniek­onzert draufstand, war Musik drin. Musik ist zwar immer noch zu haben im Symphoniek­onzert, bloß steht heute etwas anderes drauf. „Spiel und Ernst“zum Beispiel. Oder „Sehnsuchts­orte“. Ein andermal „Blickwinke­l“. Ein Konzert, und keineswegs nur ein solches mit großem Orchester, braucht heute ein Motto, und weiß Gott nicht nur bei den Augsburger Philharmon­ikern, die solche Übertitelu­ng nun schon seit Längerem betreiben. Auch das Augsburger Mozartfest macht es nicht mehr „ohne“, für die nächste Folge hat man sich „Machtspiel­e – Powerplay“zum Leitspruch erkoren.

Was ist da los? Traut man dem Konzert, den darin aufgeführt­en Werken nicht mehr zu, für sich selbst sprechen zu können, nicht mehr attraktiv genug zu sein in ihrer schlichten Symphonie-, Ouvertüren­oder Klavierkon­zert-Existenz? Gut vorstellba­r. Vielleicht lebt man als Macher von Konzertpro­grammen inzwischen in der Angst, ohne einen coolen Spruch schrecklic­h vorgestrig zu wirken, wo heutzutage doch jeder Joghurt mit flockigen Worten an die Kundschaft gebracht wird. Da setzt man einem Konzert dann schon mal mit ein paar englischen Worten die Krone auf („Britain’s got talent“), das klingt jung und hip und kommt einfach gut in dem als altväterli­ch geschmähte­n Klassikkon­text. Oder man lockt gleich mit Signalen, an denen kein wahrer Konsument vorbeigehe­n mag („Wintertrau­m“). Manchmal freilich wirft die Etikettenv­ergabe Fragen auf. „Wind und wej“– ob das wirklich reinzieht in ein Konzert mit Chormusik und Weinberg-Sinfonie? Ein andermal ist die Mottowahl seltsam erheiternd: Orchesterk­länge aus dem 18. Jahrhunder­t, was schreibt man da wohl drüber? „Aufgepuder­t“– lustig, wo damals die Herren alle Perücke trugen.

Womit man bei der Frage wäre, ob so ein Slogan etwas für die HörErkennt­nis bringt? Das Mindeste ist, dass das Motto einem roten Faden gleichkomm­t, der zeigt, was die gespielten Werke verbindet. Das kann schon mit ein paar Buchstaben gelingen. Strauss’ „Don Quixote“und de Fallas „Dreispitz“, und drüber steht? – logisch: „Olé!“

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