Augsburger Allgemeine (Land West)

Eine Welt, wie sie Ronja von Rönne gefällt

Die Autorin liest in Königsbrun­n aus ihrem Buch und erzählt aus ihrem Leben. Doch eigentlich interessie­rt sie etwas ganz anderes

- VON MIRIAM ZISSLER Welt Zeit Arte Landlust

Nein, Ronja von Rönne stutzt bei ihrer Lesung in der Königsbrun­ner Jugendfrei­zeitstätte Matrix nicht, als sie an ihrem Tisch Platz nimmt. Sie lächelt. „Eine lustige Truppe seid ihr“, sagt sie. 20 Leute sitzen ihr gegenüber. Nur 20. Das ist wenig für die Autorin, die mit 26 Jahren drei Studien abgebroche­n, Texte für die und die geschriebe­n, das zweite Buch veröffentl­icht und als Moderatori­n auf in der Sendung „Streetphil­osophy“Themen wie Macht, Besitz oder Identität nachgeht. Sie polarisier­t, wird im Netz als „minderbemi­ttelte Rotzgöre“beschimpft oder als „Stimme der Generation y“gefeiert. In Königsbrun­n wird sie brav beklatscht.

Das gefällt der aparten Berlinerin. Die Wohnzimmer­atmosphäre schafft Nähe und Ronja von Rönne kommt immer mehr in Erzähllaun­e. Zwischen ihren Kolumnen und Texten, die sie aus ihrem zweiten Buch „Heute ist leider schlecht: Beschwerde­n ans Leben“liest, spricht sie von ihrer Kindheit und Jugend im oberbayeri­schen Grassau am Chiemsee, von ihrem Bruder, ihren Eltern und ihren Freunden, die heute in alle Himmelsric­htungen verstreut leben, sich aber gegenseiti­g in der Whatsapp-Gruppe mit dem Namen „Käse“auf dem Laufenden halten. Die Themen, über die sie spricht, sind auch Themen, über die sie schreibt, wie ihr „gespaltene­s Verhältnis“zum Landleben.

So ist Berlin für sie eine Stadt, die vielen Menschen Versprechu­ngen gegeben hat, die sie nicht halten konnte. Sie schreibt von Pre-PrePre-Openings, Smoothie-Läden und Saftmanufa­kturen, denen sie nichts abgewinnen kann, Städtern, die das Magazin abonnieren. Sie schreibt von der plötzliche­n Sehnsucht nach dem Land, der Sehnsucht nach den Freunden, die „auseinande­rgewürfelt wurden, wie ein Dreierpasc­h zu einer großen Straße“, die sie alle aus der Heimat fortgeführ­t hat. Sie beschreibt mit wenigen Worten Lebenssitu­ationen und Gefühlswel­t bestechend klar, dass sich der Zuhörer gut hineinfühl­en kann, wie es ist, zu Ikea zu gehen oder mit den Freundinne­n rauchend in einem Auto zu sitzen und auf den Chiemsee zu starren.

Sie erzählt nicht nur, sie fragt auch: Woher das Publikum kommt, was die Zuhörer arbeiten und wie sie zu der Lesung kommen. Aus der Veranstalt­ung wird ein gemütliche­s Treffen. Schön, dass nur 20 Leute da waren.

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Foto: Michael Hochgemuth In Erzähllaun­e: die Autorin Ronja von Rönne.

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