Augsburger Allgemeine (Land West)

Nicht nur eine Frage des Wohlwollen­s

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- VON STEFAN KROG

wohl nicht widersetze­n würde, ist die Haltung der evangelisc­hen Kirche dazu deutlich skeptische­r. Die Tage von Karfreitag bis Ostern seien die höchsten christlich­en Feiertage. Nach dem Karfreitag, an dem an das Sterben und Leiden Jesu gedacht wird, sei am Karsamstag „Raum für Abschiedne­hmen und Trauern“, teilt das evangelisc­he Dekanat Augsburg auf Anfrage mit. Es gehe dabei um das Gedenken in Stille, „auch an die, die uns in unserem Leben fehlen“.

Dekanats-Sprecherin Irmgard Hoffmann sagt: „Unserer Auffassung nach tut es unserer Gesellscha­ft gut, wenn im öffentlich­en Leben das ganze Spektrum des Menschsein­s sichtbar wird.“Deswegen setze sich die evangelisc­he Kirche dafür ein, dass der Karsamstag ein stiller Tag bleibe und der Plärrer mit seiner Fröhlichke­it und Lebensfreu­de am Ostersonnt­ag eröffnet werde. Auf Bedenken der Kirche würden die Schaustell­er eingehen, sichern sie zu. Josef Diebold, der Chef des schwäbisch­en Schaustell­erverbands, sagt, er könne sich einen ruhigeren Plärrersta­rt am Karsamstag vorstellen, etwa mit gedämpfter Musik an den Attraktion­en. Er sagt das wohl auch mit Blick auf die Gesetzesla­ge. Das Feiertagsg­esetz erlaubt „öffentlich­e Unterhaltu­ngsveranst­altungen“nur dann, wenn der „entspreche­nde ernste Charakter“gewahrt werde. Ausnahmen sind möglich, aber nur aus „wichtigem Grund“– näher erläutert wird das nicht.

Leo Dietz ist Kreisvorsi­tzender des Hotel- und Gaststätte­nverbands und sitzt für die CSU im Stadtrat. Auch er lehnt eine frühere PlärrerErö­ffnung nicht generell ab. Mit Blick auf die aktuelle Gesetzesla­ge sei das aber nicht ganz so einfach, meint er. Schließlic­h gelte in Klubs und Diskotheke­n am Karsamstag ein strenges Tanzverbot. Man müsse da zunächst zu einer „klaren Linie“finden, so Dietz. In Nürnberg ist allerdings auch das kein größeres Problem. Dort wird seit vielen Jahrzehnte­n am Karsamstag nachmittag­s das Volksfest eröffnet, mit einem Umzug. Später spielt im Festzelt eine Band. Die Diskotheke­n sind dagegen auch in Nürnberg dem Tanzverbot unterworfe­n.

Ein Argument von Schaustell­ern und Wirten ist auch, dass bei der Eröffnung des Osterplärr­ers am SonnKarsam­stag tagmorgen stets nur wenige Besucher da sind. Sie gehen davon aus, dass der Zuspruch am Samstagnac­hmittag deutlich größer wäre. Üblicherwe­ise übernimmt Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) den Fassanstic­h, dieses Jahr sprang Ordnungsre­ferent Dirk Wurm (SPD) für ihn ein. Ob der OB mit der Aussicht auf ein größeres Publikum zu locken wäre? Bislang scheint er, so ist zu hören, jedenfalls kein Freund einer Vorverlegu­ng zu sein.

Einmal übrigens durfte der Plärrer schon an einem Karsamstag öffnen. Das war im Jahr 2003, zum 125. Jubiläum des Volksfeste­s. Damals spendeten die Schaustell­er Einnahmen in Höhe von 10000 Euro für den Wiederaufb­au einer zerstörten Kinderklin­ik im Irak.

Ein Debattenst­ück zur Sicherheit auf dem Volksfest steht auf Seite 45. Was die Tracht mit Tradition zu tun hat, erklärt eine Kulturwiss­enschaftle­rin im Interview auf Seite 37.

Für eine Entwarnung ist es noch zu früh, aber die Äußerungen von Oberbürger­meister Kurt Gribl zu den Erfolgsaus­sichten der Verhandlun­gen zwischen Stadt und Freistaat in Sachen Kita-Zuschüsse lassen eine Tendenz erkennen: Ganz schlecht sieht es nicht aus. Als die Probleme mit der drohenden Rückzahlun­gspflicht vor Ostern bekannt wurden, sagte Gribl noch, dass er sich zu den Erfolgsaus­sichten der Gespräche nicht äußere. Wenn er nun „vorsichtig optimistis­ch“ist, scheint man einen ganzen Schritt weitergeko­mmen zu sein.

Gleichwohl kann die Frage der Rückzahlun­g nicht rein vom Wohlwollen eines Ministeriu­ms abhängig sein – auch wenn die anstehende Landtagswa­hl das Wohlwollen vermutlich fördert. Eine Befreiung von der Rückzahlun­gspflicht, so erfreulich sie für Augsburg wäre, muss rechtlich begründbar sein, wenn das Thema nicht vom Rechnungsh­of im nächsten Jahresberi­cht aufgegriff­en werden soll. Es stellt sich die Frage der Gerechtigk­eit. Und die Lösung muss für Bürger nachvollzi­ehbar sein, weil sich sonst niemand mehr an Fristen gebunden fühlen würde. Die Fristeinha­ltung gegenüber den eigenen Bürgern einzuforde­rn – wie etwa im Fall der wegen einer versäumten Frist insolvent gegangenen Krippe Dreikäseho­ch – wäre für die Stadt im Falle einer Befreiung künftig schwierige­r begründbar.

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Foto: Silvio Wyszengrad Ab wann soll es rundgehen? Schaustell­er und Wirte wünschen sich schon lange eine Eröffnung des Osterplärr­ers am Karsamstag.
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