Augsburger Allgemeine (Land West)
Frühstück mit Frauen
Verständigung Unterschiedliche Länder, andere Sitten: In Neusäß soll sich ein Treff am Vormittag etablieren. Wer angesprochen wird
Neusäß Bei einem gemeinsamen Frühstück Erfahrungen austauschen und unkompliziert miteinander in Kontakt kommen, das war die Idee der Neusässer Stadträtin Silvia Daßler (Grüne). Seit die internationale Flüchtlingskrise dazu geführt hat, dass viele Menschen auch nach Neusäß kommen, um Schutz zu suchen und ein sicheres Leben führen zu können, bringt sie sich maßgeblich bei der Flüchtlingshilfe Neusäß ein.
Dabei hat sie erfahren, dass die Männer durchaus Angebote zu Treffen wie etwa im Flüchtlingstreffpunkt Salam an der Hauptstraße gerne annehmen, die Flüchtlingsfrauen aber weit weniger ihre Unterkünfte verlassen. „Die Flüchtlingsfrauen sind viel zu zurückhaltend“, weiß sie. Um auch ihnen die Gelegenheit zu geben, sich in ungezwungener Atmosphäre mit Frauen verschiedener Nationalitäten treffen zu können, wurde nun, zusammen mit dem Freiwilligen Zentrum Neusäß, das seine Räume zu einem gemütlichen Café für diesen Vormittag umgestaltet hat, als Versuchsballon das erste internationale Frauenfrühstück angeboten.
Einfach sei es nicht gewesen, den Frauen, die sie aus dem Helferkreis kenne, die Idee nahezubringen, berichtet Daßler. Gezielt musste jede der Frauen angesprochen werden, ob sie Lust hätte, zum Frühstück zu kommen, manche wurde sogar abgeholt. In Gablingen würde ein solches internationales Frühstück bereits seit Längerem bestehen, erklärte die Leiterin des Freiwilligen Zentrums, Ursula Meyer. Petra Ciemala, die dies dort organisiert, könne nur Positives berichten. Es sei bereits ein richtiger Selbstläufer, erzählte Mayer und hofft, dass das Angebot auch in Neusäß gut angenommen wird und nicht nur Flüchtlingsfrauen, sondern alle interessierten Frauen unterschiedlicher Nationalitäten die Gelegenheit wahrnehmen, sich auszutauschen und im besten Fall ebenfalls ehrenamtlich zu engagieren. Das Angebot des internationalen Frühstücks soll einen Beitrag leisten für gelebte Integration in der Stadt Neusäß, ein herzliches und offenes Miteinander der Frauen verschiedener Nationalitäten bewirken.
Schon vor dem vereinbarten Beginn des Frühstücks herrscht im Freiwilligen Zentrum emsiges Treiben. Es wird noch Kaffee gekocht, und die Tische werden liebevoll gedeckt. Ein appetitliches kleines Büfett mit selbst gebackenem Brot, Brezen, Eiern, Marmelade und Wurst lädt schon ein, zuzugreifen. Vielfalt solle es aber nicht nur im Miteinander der Besucherinnen geben, sondern auch auf den Tellern, und so war es der Wunsch der Veranstalterinnen, dass die Frauen etwas Leckeres aus ihrer Heimat zum Frühstücksbüfett beisteuern. Ein herrlich duftender kulinarischer Beitrag kam von Gwla Selo aus dem Irak. Sie hatte „Dolma“, eine Art Reistorte mit Auberginen und gefüllten Weinblättern, mitgebracht.
Was die Kleinen in der Spielecke bereits vor Beginn des Frühstücks den Erwachsenen vormachten, galt schließlich auch am gemeinsamen Frühstückstisch. Frauen aus Syrien, Eritrea, Äthiopien, dem Irak und Afghanistan waren der Einladung gefolgt, doch Hemmschwellen und Grenzen der Verständigung durch noch zu wenige Sprachkenntnisse waren schnell überwunden, und in freundlicher Atmosphäre nahmen alle gerne die Gelegenheit wahr, sich auszutauschen und kennenzulernen. Mailza Husseini aus Afghanistan war insbesondere gekommen, um einen schönen Tag zu erleben, neue Frauen kennenzulernen und vor allem mehr sprechen zu können, um dazuzulernen, erklärte sie.
Es war ein gelungener Start für ein neues Projekt, das mit der Zeit vielleicht sogar ausgebaut werden kann. So könnten die teilnehmenden Frauen nicht nur lernen, was und wie man in anderen Ländern frühstückt, sondern auch ihre Lieblingslieder oder -tänze aus der Heimat vorstellen.