Augsburger Allgemeine (Land West)

Folgenschw­erer Brief

Geschäftsm­ann Thomas S. muss vor Gericht. Die Staatsanwa­ltschaft nennt Details

- VON JAN KANDZORA

Seit Januar sitzt Thomas S. in Untersuchu­ngshaft. Die Ermittler hegen den Verdacht, dass der 41-jährige Geschäftsm­ann die Stadtspark­asse um über 100 000 Euro betrogen haben könnte – und dass er versucht hat, den Augsburger Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) zu nötigen. Wie die Staatsanwa­ltschaft nun mitteilt, hat sie Anklage gegen den Mann erhoben. Damit bestätigt die Behörde einen Bericht unserer Zeitung aus dem März.

Der Fall soll vor einem Schöffenge­richt des Amtsgerich­ts stattfinde­n, das Haftstrafe­n bis zu vier Jahren ausspreche­n kann. Die Staatsanwa­ltschaft legt dem Mann zur Last,

2015 und 2016 bei der Stadtspark­asse die Erhöhung und die Verlängeru­ng seiner Kreditlini­en mit unrichtige­n Angaben zu seinen wirtschaft­lichen Verhältnis­sen erreicht zu haben, wodurch ein Schaden von über

100000 Euro entstanden sein soll. Der Vorwurf der versuchten Nötigung betrifft einen Brief, den Thomas S. im Frühjahr 2017 an Gribl schrieb. S. sei dringend verdächtig, den Oberbürger­meister darin erfolglos aufgeforde­rt zu haben, für die Annullieru­ng seiner 2012 geschlosse­nen Ehe zu sorgen, um nicht in Haftungsfä­llen persönlich in Anspruch genommen zu werden, heißt es von der Staatsanwa­ltschaft. Um was für Fälle es ging, in denen Gribl dann laut Brief hätte haften sollen, stand in dem Schreiben offenbar konkret nicht drin. Gribl leitete es an die Ermittlung­sbehörden weiter.

Thomas S., ein Versicheru­ngsmanager, war früher einmal ein Unterstütz­er des Oberbürger­meisters gewesen. Er schlug sich 2010 in der Debatte zum Tunnel am Königsplat­z öffentlich auf seine Seite. Bei der Hochzeit von Thomas S. 2012 war Gribl Trauzeuge. In der Vergangenh­eit galt der Geschäftsm­ann als Intimus der städtische­n CSU und war einer der Stifter des City-Preises. Vor Jahren zog er nach Mallorca. Im November 2017 wurde er auf einem Campingpla­tz am Gardasee festgenomm­en; gegen ihn lag ein europäisch­er Haftbefehl vor. Im Januar wurde er an die deutsche Justiz überstellt. Der Verteidige­r des Angeschuld­igten war gestern nicht zu erreichen. Wann der Prozess stattfinde­t, steht noch nicht fest.

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