Augsburger Allgemeine (Land West)
Maibaumfreunde mit Ehrgeiz
Ihren Maibaumverein halten die Reitenbucher für weltweit einmalig. Dort geht es um mehr als nur ein bisschen Gaudi und Traditionspflege
Ihren Maibaumverein halten die Reitenbucher für weltweit einmalig. Dort geht es um mehr als nur ein bisschen Gaudi.
Fischach Reitenbach Sie strotzen vor Selbstbewusstsein. Die Mitglieder des Maibaumvereins-76-Reitenbuch (MBV-76) haben dazu allen Grund. „Wir sind der erste eingetragene Maibaumverein der Welt“, verdeutlicht Alexander Schropp. Nein, er ist nicht Vorsitzender des Vereins, sondern Erster Präsident. Diese Firmierung drücke das Niveau aus, das die Organisation anstrebe und auch verwirkliche. Die Pflege von Brauchtum und Kameradschaft sei hoch angesiedelt, betont Schropp.
Der MBV-76 – die Zahl 76 steht für das Gründungsjahr 1976 – nimmt seine Aufgaben ernst. „Einer unserer Vereinssäulen ist die Pflege des dörflichen Zusammenlebens.“Dahinter stünden nicht Jux oder Gaudi, sondern die ernsthafte Förderung von Heimatverbundenheit und soziales Engagement, meint Kugelmann. Dies sei auch der Unterschied zu anderen Vereinen. „Bei uns steht nicht die Vereinskasse ganz oben im Blickfeld“, macht Jörg Abold aufmerksam. „Unser Leitsatz heißt vielmehr, sich nachhaltig für unser Dorf einzubringen.“Präsident Schropp wartet gleich mit einigen Beispielen auf. „Wir haben ein neues Glockengeläut für die Reitenbucher Laurentiuskapelle angeregt.“Dabei sei es nicht nur bei Worten geblieben. „Die größte, dem Namenspatron gewidmete Glocke haben wir damals bezahlt.“Dem MBV-76 liegt überhaupt das kleine Gotteshaus am Herzen. Auch zwei Kirchenfahnen-Restaurationen habe der Verein finanziell übernommen, zählt Schropp auf, zudem ein neues Rednerpult.
Im Rahmen der jetzigen Dorfverschönerung spendet der Verein einen Betrag zum neuen Brunnen. Nutznießer des sozialen Engagements sind auch immer wieder die Kinder des örtlichen Josefsheims.
Dreh- und Angelpunkt der Vereinsmitglieder ist aber die jährliche Aufstellung des Maibaums. Bis vor rund 40 Jahren wurde er in Reitenbuch noch in der Nähe des alten Feuerwehrhauses aufgerichtet. Seitdem hat er seinen Platz in der Ortsmitte. „Dabei hatten wir letztes Jahr ein ernsthaftes Problem“, erzählt Alexander Schropp. „Wegen der großen Baustelle konnten wir den Baum nicht an der vorgesehenen Stelle aufstellen.“Doch die Vereinsmitglieder zeigten sich flexibel und ideenreich. „Wir wichen mit dem Baum dann in den Innenhof des Josefsheims aus und richteten ihn dort in alter Hau-Ruck-Tradition per Hand auf“, so Simon Maier.
Heuer läuft wieder alles wie gewohnt. Das Aufstellen erfolgt mit einem Autokran am Samstag, 28. April, in der Ortsmitte. Im Rahmen der Dorfverschönerung wurde dazu ein festes Fundament erstellt.
An der gesamten Aktion sind 30 bis 40 Mitglieder beteiligt, die rund 250 Arbeitsstunden aufwenden. Der Maibaum sei diesmal ein Prachtexemplar. Die Fichte weise eine Höhe von rund 40 Meter auf, verfüge über einen Durchmesser von circa 1,65 Meter und wiege zweieinhalb Tonnen, ergänzt Mathias Kugelmann. Und wie geht es mit dem Maibaum weiter? „Der Baum bleibt geschmückt bis August stehen“, antwortet Alexander Schropp. Dann werde er bei einer Veranstaltung wie dem Dorffest verlost. „Das Gewächs bildet bei einer Tombola den ersten Preis.“
Wichtig sind dem Verein nicht nur das organisatorische Prozedere rund um den Baum, sondern auch die Umsetzung des Spruchs auf einer der Tafeln: „Maibaum steh auf, / zum weißblauen Himmel. / Zoig nauf, / dass uns zu jeglicher Zeit, / d’Heimat gedeiht!“Viel Herzblut wird von den Vereinsmitgliedern ins Schmücken des Baumes investiert. Das Bestreben sei, immer den schönsten Maibaum in der Region zu haben. Beim Maibaumwettbewerb der Brauerei Unterbaarer gab es schon mehrere Plätze auf dem Treppchen. 2006 taten sich Burschen aus drei Ortschaften zusammen und stahlen den „Roidabuchern“ihren Maibaum. Den Strategen zollen sie heute noch Respekt und sind zugleich Stolz darauf, dass gleich drei Orte notwendig waren, den Stamm zu stehlen.
Der MBV-76 zählt 176 Mitglieder und das bei einer nicht viel höheren Dorfbewohnerzahl. Nein, Nachwuchsprobleme habe der Verein nicht, resümiert Schropp. „Jedes Jahr veranstalten wir unsere SnowParty“, so Mathias Kugelmann. „Da kommen dann Hunderte aus dem gesamten Landkreis, um zu feiern und abzutanzen.“