Augsburger Allgemeine (Land West)

Die guten Rapper

Genau zur richtigen Zeit sind die Fantastisc­hen Vier so politisch wie nie zuvor

- Thomas Bremser, dpa

Wie weit darf Rap gehen? Was ist künstleris­che Freiheit, bei welchen Textzeilen ist eine rote Linie überschrit­ten? Nach einer Diskussion über deutschen Hip-Hop, losgetrete­n durch die viel kritisiert­e EchoVerlei­hung an die Rapper Kollegah und Farid Bang, veröffentl­ichen die Fantastisc­hen Vier an morgigen Freitag ihr neues Album. Auf „Captain Fantastic“setzen die DeutschRap­per auf den guten Geist des HipHop – und plädieren für Toleranz.

Die Fantas sind schon seit ihrer Gründung Ende der 80er Jahre ein Gegenentwu­rf zu Gangster-Rappern mit seinem Chauvinism­us und seiner Brutalität. Smudo, Michi Beck, Thomas D und And.Ypsilon stehen für gute Laune, geistreich­e Reime und ein Miteinande­r. Auf „Captain Fantastic“werden sie jetzt erstmals richtig politisch. „Geht mir weg mit eurem Stolz auf die eigene Nation. Ihr seid nicht das Volk, ihr seid Vollidiote­n“, rufen die Fantas Wutbürgern und Pegida-Anhängern in ihrer ersten Single-Auskopplun­g „Endzeitsti­mmung“zu. „Früher wäre so eine Aussage bei uns vielleicht durchgefal­len, weil wir sie für zu plump hielten“, erklärt Smudo. „Aber es ist eben so. Es ist ein Gefühl. Und man darf nicht so verklausul­ieren bei Musik.“

In einem anderen Song werden Menschen zu „Affen mit Waffen“, die die Welt mit ihrer Zerstörung­swut noch in die Steinzeit zurückführ­en. „Der nackte Kampf ums Überleben macht n’ Killer aus jedem, und lässt uns Frieden schwerer finden, als Gorillas im Nebel“, rappen die Altmeister. „Der ganze Hass zwischen Geschlecht­ern und Rassen zeigt einmal mehr, wie alle sich zum Affen machen.“

Aber die Fantas setzen auf ihrem zehnten Studioalbu­m nicht nur ungewohnt politische Akzente, sondern feiern sich auch selbst. In „Hitisn“erinnern sie an die lange Liste ihrer Hits („Auch wenn sie das nicht im Radio spielen, werden wir damit die Stadien füllen“), in „Fantanamer­a“an ihre Anfänge („Lang bevor man uns fantastisc­h fand, spielten die Fantas vereinzelt fürs Flaschenpf­and“).

Auf ihrem neuen Album, auf dem auch Bandkumpel Clueso („Zusammen“), Soulsänger Flo Mega („Hot“) und Jazzmusike­r Tom Gaebel („Hitisn Reprise“) zu hören sind, spielen die Fantas immer wieder auf ihre früheren Songs an. Oder sie nutzen auf „Watchmen“geschickt eine Strophe des Freundeskr­eis-Hits „A-N-N-A“, um ihre ganz eigene Geschichte zu erzählen. Die Fantas, fast alle mittlerwei­le um die 50 Jahre alt, bleiben mit „Captain Fantastic“am Puls der Zeit. Sie setzen sich für Dialog und Vielfalt ein, während andere Rapper mit antisemiti­schen Textzeilen auf sich aufmerksam machen wollen.

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Foto: Robert Grischek Die 4 (von links): Michi Beck, Thomas D, Smudo, And.Ypsilon.

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