Augsburger Allgemeine (Land West)

Klasse: Immer wieder der gleiche Gegner

- VON MILAN SAKO ms@augsburger allgemeine.de

Die Sonne scheint, der erste Sonnenbran­d klingt ab und die Freibäder haben geöffnet – genau die richtige Zeit also, um über Eishockey zu reden. Das ist der Sport, über den Kollegen in der Redaktion mit Lust lästern, weil es keinen Auf- oder Abstieg gibt. Für den Traditiona­listen ist das wie Weiß ohne Bier, wie Leber ohne Käs – geht gar nicht. Eishockey-Profis nehmen sich 52 Vorrundens­piele lang Zeit, um zu ermitteln, wer um die Meistersch­aft kämpft. Und zwar in Play-off-Runden, die sich ewig hinziehen können. Aber genau das will der eingefleis­chte Fan sehen. 52 Partien lang studiert er das Überzahlsp­iel seines Lieblingsk­lubs, beschimpft den Gegner mit „Kühe, Schweine, Dingsdasta­dt“und freut sich auf den Höhepunkt im Frühjahr – die Play-offs.

Die Deutsche Eishockey-Liga nennt die K.-o.-Spiele etwas prollig „geilste Zeit“, aber im Kern trifft es das. Der Reiz liegt im Dauerduell zwischen zwei Städten, je näher sie beieinande­rliegen, umso besser. In der vergangene­n Saison trafen Augsburg und Nürnberg 13 Mal aufeinande­r: zwei Test-, vier Punkt- und sieben Play-off-Partien lang beharkten sich Franken und Schwaben, ehe die Nürnberger im Viertelfin­ale endgültig jubelten. Aktuell läuft die Endspielse­rie zwischen der bayerische­n und der deutschen Hauptstadt. Die Zuschauer können nicht genug davon bekommen: München gegen Berlin, Berlin gegen München, München gegen Berlin ... Wie Boxer steigen beide Mannschaft­en im Zwei-Tages-Rhythmus immer wieder in den Ring und ermitteln jetzt im siebten und letzten Finale den deutschen Meister. Den Reiz des Dauerduell­s macht aus, dass man jede Finte, jede Bewegung, jedes Nasenhaar des Gegenspiel­ers kennt. Die Berliner wissen, dass Münchens Raubein Steve Pinizzotto eine verdammt kurze Zündschnur besitzt, und halten das Feuerzeug in jedem Körpereins­atz hin. Explodiert der Deutsch-Kanadier, bringt das zwar Schmerzen, aber auch eine Strafzeit und die größere Chance auf ein Tor. Die Münchner wiederum kennen die wenigen Schwachste­llen des Eisbären-Torwarts Petri Vehanen. Der Finne gehört trotz seiner 40 Jahre zu den Besten. So schreibt jede Play-offSerie ihre Geschichte­n. Am Donnerstag folgt das Schlusskap­itel in München.

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Foto: dpa Der Mann mit der kürzesten Zündschnur der Eishockey Liga: Münchens Raubein Steven Pinizzotto.
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