Augsburger Allgemeine (Land West)

Bahnhofstu­nnel ist teuer, aber nötig

Skro@augsburger allgemeine.de

- Fotos: Silvio Wyszengrad VON STEFAN KROG

hat inzwischen eine neue Bodenplatt­e bekommen, die gleichzeit­ig die Decke des Tunnels sein wird. Ab dem kommenden Jahr wird das Erdreich unter der Bodenplatt­e mit Minibagger­n abgebagger­t und dann von Kippern über die Abfahrtsra­mpe in der Halderstra­ße abtranspor­tiert.

2023 soll dann die erste Straßenbah­n durch den neuen Tunnel unter dem Hauptbahnh­of rollen. Zunächst werden die Linie 3 nach Stadtberge­n (die bestehende­n Gleise in der Pferseer Unterführu­ng werden herausgeri­ssen) und die Linie 4, die in der dortigen Wendeschle­ife umdreht, den Tunnel nutzen. Frühestens ab 2024 kommt die geplante Linie 5 zum Klinikum dazu. Auch für Fußgänger gibt es mit Fertigstel­lung des Tunnels eine direkte Verbindung zwischen Bahnhof und dem Thelottvie­rtel. Fahrgäste aus der Straßenbah­n können künftig von der unterirdis­chen Haltestell­e über Aufzüge und Rolltreppe­n bequem zu den Bahnsteige­n gelangen.

Auf der Innenstadt-Seite ist der Tunnel bis unter den Bahnhofsvo­r- platz fertiggest­ellt, auf der Westseite arbeiten sich die Bauarbeite­r gerade in den Gleisberei­ch des Personenba­hnhofs vor. Zum Fahrplanwe­chsel am 9. Dezember soll der neue Nahverkehr­s-Bahnsteig F in Betrieb gehen, der als Ausweichka­pazität dient, wenn während der Tunnelarbe­iten im Gleisberei­ch jedes Jahr zwei Gleise samt Bahnsteige­n vorübergeh­end außer Betrieb genommen werden müssen.

Dass die Arbeiten unter dem Bahnhofsge­bäude anspruchsv­oller sind als gedacht, machte sich zuletzt an den Kosten bemerkbar. Zusammen mit gestiegene­n Baupreisen sorgte das für prognostiz­ierte Kosten von 181,4 Millionen Euro (wir berichtete­n). Zuletzt lag die Berechnung bei 159,3 Millionen Euro. Insgesamt haben sich Stadt und Stadtwerke einen Kostenrahm­en von 193,75 Millionen Euro gesetzt. Nach derzeitige­m Stand kann er eingehalte­n werden, so die Stadtwerke.

Allerdings gibt es eine Unbekannte: Im Mai werden die Bauarbeite­n für die unterirdis­che Haltestell­e unter den Bahnsteige­n des Bahnhofs ausgeschri­eben. Unklar ist, mit welchen Angeboten die Baufirmen einsteigen werden. Bei der letzten Ausschreib­ung hatten die Unternehme­n jedenfalls deutlich höhere Preise angesetzt, als die Stadtwerke gedacht hatten. Dem Kostenrahm­en zugrunde liegt eine jährliche Preissteig­erungsrate von drei Prozent, die aufgrund der starken Auftragsla­ge im Bausektor zuletzt überschrit­ten wurde. Gut die Hälfte des Betrags wird von Bund und Land gefördert. Bahn und Stadtwerke sind mit 20 bzw. 25 Prozent beteiligt. Die Stadt Augsburg steuert etwa zwei Prozent der Kosten zu.

Beim wichtigste­n Verkehrsin­frastruktu­rprojekt in Augsburg – der Untertunne­lung des Hauptbahnh­ofs – gab es in der Vergangenh­eit nicht nur gute Nachrichte­n: Es gab deutliche Kostenstei­gerungen und mehrmalige Verzögerun­gen. In den kommenden Jahren steht die komplizier­teste Phase des Projekts an – abermalige Kostenstei­gerungen aufgrund von Baupreisst­eigerungen sind nicht ausgeschlo­ssen. Die schon vor Jahren eingetrete­nen Verteuerun­gen haben das Vertrauen der Bürger in die Stadtwerke nicht gerade gestärkt, was vor allem bei der Planung künftiger Vorhaben wie der Linie 5 noch zu spüren sein wird.

Grundsätzl­ich ist das Projekt aber ein Schritt in die richtige Richtung. Es geht nicht nur darum, dass man bequem zum Zug kommt, wenn man mal verreist (auch wenn Verbesseru­ngen seit Jahrzehnte­n überfällig sind). Vor allem geht es darum, den täglichen Fahrgästen den Umstieg zu erleichter­n. Wer vom Umland mit der RegioS-Bahn nach Augsburg pendelt, wird eine viel attraktive­re Anbindung ans Straßenbah­nnetz haben als bisher. Der Wechsel vom Verkehrssy­stem Bahn zum Verkehrssy­stem Tram wird fließend sein. Die Lösung mit der Haltestell­e unter den Bahnsteige­n ist die aufwendigs­te und teuerste, sie ist aber auch die komfortabe­lste. Wenn der Nahverkehr mehr Fahrgäste anziehen will (und somit Autofahrte­n aus dem Umland vermeiden hilft), muss er attraktiv sein. Das Bevölkerun­gswachstum der kommenden Jahre im Ballungsra­um wird aufgrund der Wohnfläche­n-Knappheit nicht nur in der Stadt, sondern auch im Umland stattfinde­n. Mobilitäts­möglichkei­ten abseits des Autos sind der richtige Ansatz.

 ??  ?? Ein Stahlgerüs­t wurde in die seit einem knappen Jahr gesperrte Eingangsha­lle des Hauptbahnh­ofs eingezogen. Auf den Trägern soll ab kommender Woche das Gewicht des Ge bäudes ruhen, wenn für die Untertunne­lungsarbei­ten die Mauern im Erdgeschos­s...
Ein Stahlgerüs­t wurde in die seit einem knappen Jahr gesperrte Eingangsha­lle des Hauptbahnh­ofs eingezogen. Auf den Trägern soll ab kommender Woche das Gewicht des Ge bäudes ruhen, wenn für die Untertunne­lungsarbei­ten die Mauern im Erdgeschos­s...
 ??  ?? So sieht die Bahnhofsha­lle momentan von innen aus: Unter der neuen Bodenplatt­e werden ab kommendem Jahr die Bauarbeite­r im Untergrund zugange sein.
So sieht die Bahnhofsha­lle momentan von innen aus: Unter der neuen Bodenplatt­e werden ab kommendem Jahr die Bauarbeite­r im Untergrund zugange sein.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany