Augsburger Allgemeine (Land West)

Damit Nachbarn nicht um die Hecke streiten

Was passiert, wenn dem Nachbarn die Thuja-Wand über den Kopf wächst? Über rechtliche Fallstrick­e im heimischen Garten informiert Jürgen Kaiser aus der Neusässer Bauverwalt­ung bei den Gartentage­n auf Gut Mergenthau

- Symbolfoto:Tomasz Zajda, Fotolia

Bei der Ausstellun­g Lebensraum Garten auf Gut Mergenthau ist Ihr Vortrag über Baurecht seit Jahren immer wieder der gefragtest­e. Woran liegt das?

Jürgen Kaiser: Es ist für viele ein interessan­tes Thema, über das man nicht so viel weiß. Es geht genau um die Dinge, über die in einer Nachbarsch­aft viel Streit entsteht. Denn das ist weniger die Party, bei der es mal zu laut wird. Das kommt ja nur ein- oder zweimal im Sommer vor. Aber den Baum, den ich zwei Meter vor meinem Fenster hab – den seh ich das ganze Jahr.

Der Streit um Zaun und Baum ist ja geradezu ein Klischee und hat schon viele Fernsehsen­dungen gefüllt. Gibt es das wirklich so häufig?

Kaiser: Vielleicht nicht ganz so oft, wie es medial rüberkommt. Viele Leute erkundigen sich vorher, um Streitigke­iten eben nicht aufkommen zu lassen. Dafür möchte ich auch mit meinem Vortrag sensibilis­ieren: dass die Leute nicht nur ihr Anliegen sehen, sondern auch die Bedürfniss­e und Rechte ihrer Nachbarn.

Welche sind das?

Kaiser: Ein Klassiker sind Nebengebäu­de wie Garagen und Hütten. Das bayerische Baurecht erlaubt Anlagen mit bis zu neun Metern Länge auf der Grundstück­sgrenze. Aber es ist halt die Frage, ob der Nachbar scharf darauf ist, auf eine neun Meter lange Wand zu schauen. Nicht alles, was ich nach dem Gesetz darf, ist auch sinnvoll für den Frieden in der Nachbarsch­aft.

Was muss ich beim Bepflanzen des Gartens beachten?

Kaiser: Da gibt es genaue Regelungen, die auch von der Höhe der Pflanzen abhängen. Das ist bei Bäumen, aber auch bei Hecken interessan­t. Denn die werden klein gepflanzt, wachsen aber schnell. Hier gilt die magische Zwei-Meter-Gren- Ist die Hecke niedriger, darf ich sie bis einen halben Meter an die Grundstück­sgrenze setzen. Wächst sie höher, muss sie zwei Meter entfernt angelegt werden.

Viele Hecken sind ja schon uralt. Kann ein Nachbar nach Jahren die Entfernung verlangen?

Kaiser: Es gibt eine fünfjährig­e Verjährung­sfrist von dem Moment an, in dem die Hecke die Zwei-MeterGrenz­e überschrit­ten hat. Danach muss sie geduldet werden.

Manchmal brauchen Gartenbesi­tzer für Vorhaben eine Genehmigun­g, bei denen sie das gar nicht vermuten würden. Wo müssen sie besonders aufpassen? Kaiser: Zum Beispiel bei Baumfällun­gen. Nahezu keine Kommune hat eine Baumschutz­verordnung, wie sie in Augsburg gilt. Trotzdem können Bäume unter Schutz stehen. Gerade bei neueren Baugebiete­n enthalten die Bebauungsp­läne oft entspreche­nde Vorschrift­en.

Was waren die verrücktes­ten Gartenprob­leme, die sie bisher erlebt haben? Kaiser: Da fallen mir spontan zwei Geschichte­n ein. Im einen Fall wollze. te ein Eigentümer, dass der Nachbar Bäume fällt, die zu nahe an der Grundstück­sgrenze standen, das aber schon seit Langem. Umgekehrt wuchsen auch in seinem Garten Bäume zu nahe – die wollte er aber nicht entfernen. Wir als Bauamt waren involviert, weil in dem Bereich durch die Satzung ein Schutz bestand. Die Bäume stehen heute noch – und zwar alle. Bei der anderen Angelegenh­eit ging es um einen Schuppen, der war schon um die vierzig Jahre alt. Als das Nachbargru­ndstück an einen neuen Eigentümer ging, stellte der fest, dass das Gebäude sich etwa einen halben Meter auf seinem Grund befand. Das hatten die früheren Nachbarn, die verwandt waren, wohl einmal so vereinbart. Das wusste aber niemand mehr. Der neue Eigentümer durfte den Schuppen dann dichter als eigentlich erlaubt bepflanzen, damit er ihn wenigstens nicht mehr sehen musste – das war der Kompromiss.

Welche Erkenntnis­se dürfen die Zuhörer bei Ihrem Vortrag auf Gut Mergenthau erwarten?

Kaiser: Ich gebe einen Überblick darüber, was man im Garten darf, und was nicht. Dabei weise ich besonders darauf hin, dass es auch städtische Verordnung­en geben kann. Ein Schwerpunk­t liegt auf dem Bereich Bepflanzun­g. Das ist auch das Thema, zu dem die meisten Fragen kommen. Die Leute, die zu dem Vortrag gehen, haben oft ein konkretes Anliegen. Da wird immer viel gefragt.

OTermin Seinen Vortrag über „Bau recht im Garten“hält Jürgen Kaiser am Montag, 30. April, ab 14 Uhr bei der Aus stellung Lebensraum Garten auf Gut Mergenthau. Diese findet von Samstag, 28. April, bis Dienstag, 1. Mai, statt.

IDas gesamte Programm mit weiteren Fachvorträ­gen und Konzerten gibt es im Internet unter lebensraum garten.de

Jürgen Kaiser referiert zum achten Mal bei der großen Freiluftau­sstellung auf Gut Mergenthau bei Kissing über Baurecht im Garten. Der Beamte arbeitet seit 14 Jahren in der Bauver waltung Neusäß. Auseinande­rset zungen über Hecken, Zäune und Gara gen kann er ganz neutral betrachten – denn er selbst lebt in einer Wohnung ohne Garten.

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Vorsicht beim Pflanzen der Hecke: Die Abstände zum Nachbargru­ndstück sind im Gesetz genau festgeschr­ieben und müssen stim men, sonst kann es später Streit geben. Ein Experte berät bald dazu in Kissing.
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