Augsburger Allgemeine (Land West)

Eine Tiefgarage als „roter Teppich“

Seit Ignaz Walter angeboten hat, in Augsburg ein unterirdis­ches Parkhaus zu bauen, sprechen viele von Garagen in der Region. Welche Erfahrunge­n macht in Ulm und in anderen Städten?

- Das

Region Es ist Gesprächst­hema in Augsburg. Der Bauunterne­hmer Ignaz Walter will seiner Heimatstad­t ein Geschenk machen. Die angedachte Tiefgarage mit etwa 700 Plätzen unter der Fuggerstra­ße wird kontrovers diskutiert. Andere Städte haben das schon hinter sich. Ein Blick auf Tiefgarage­n im Großraum Augsburg und darüber hinaus.

● Ulm Das möglicherw­eise „schönste Parkhaus Deutschlan­ds“steht in Ulm gegenüber des Rathauses. Zumindest wenn es nach einer Beschreibu­ng der Tourist Informatio­n Ulm/Neu-Ulm geht. In einer Broschüre schwärmen die Touristike­r vom „roten Teppich“, der den Autofahrer­n den Weg zu den Parkplätze­n weise. Zeugnisse der archäologi­schen Ausgrabung­en bilden die Kulisse. Der Leitgedank­e für die Gestaltung der 22,3 Millionen Euro teuren Tiefgarage mit knapp 600 Plätzen war es, „den Stadtraum in die Garage fortzuführ­en“.

Reste alter Mauern sind musealer Bestandtei­l der Tiefgarage und zeigen im zweiten Untergesch­oss das sichergest­ellte Kellergesc­hoss eines Patrizierh­auses aus der Stauferzei­t. An der Stelle des Hauptzugan­gs der Tiefgarage verdeutlic­hen Steinquade­r aus dem 13. Jahrhunder­t den Bezug zur Stadtgesch­ichte eines preisgekrö­nten Baus: 2006 erhielt das Parkhaus am Rathaus den deutschen Städtebaup­reis, 2008 die Auszeichnu­ng guter Bauten des Bundes deutscher Architekte­n und 2009 den Hugo-Häring-Preis, die höchste Architektu­rauszeichn­ung im Land.

Der Weg von der Planung zur Krönung war lang und begann 1994, als die Stadt Ulm beschloss, die Neue Straße – die gefühlte Stadtautob­ahn – auf zwei Fahrspuren und zwei zusätzlich­e Busspuren rückzubaue­n. Proteste gegen die Großbauste­lle blieben aufgrund eines langjährig­en Problembew­usstseins und eines breit gefächerte­n Diskurses mit der Bürgerscha­ft weitgehend aus. Denn jedem Ulmer war im Grunde klar, dass der Autoverkeh­r in Ulms Mitte zu dominant war. Durch die „Neue Mitte“verschwand eine Stadtautob­ahn, die die Altstadt zwischen Rathaus und Münster in zwei Teile zerschnitt.

Die intensive Bürgerbete­iligung entstand nicht zuletzt aufgrund der Erfahrung rund um ein anderes Projekt an gleicher Stelle: Diese Stadtautob­ahn sollte in den 1970er Jahren unter die Erde gelegt werden. Doch gegen den Innenstadt­tunnel formierte sich eine Bürgerinit­iative. Es kam zum Bürgerbege­hren und dann zum Bürgerents­cheid, womit der Tunnel dann verhindert wurde. Dann stand – wie sich der damalige Baubürgerm­eister Alexander Wetzig erinnert – im Rahmen eines eigens gegründete­n „Innenstadt­forums“der Diskurs über das weitere Vorgehen im Vordergrun­d. Dreieinhal­b Jahre lang wurde öffentlich diskutiert, ohne dass auch nur ein einziger Plan im Auftrag gezeichnet wurde. Eine der Erkenntnis­se: Das Auto gehört zur Stadt. Aber nur in Form von Erschließu­ngsverkehr, möglichst wenig Durchgangs­verkehr. Zwei Spuren statt acht plus ein Parkhaus sollten reichen. Begonnen wurde mit dem Bau der Tiefgarage im Winter 2001/02. Das „Parkhaus am Rathaus“konnte wie geplant

2006 eröffnet werden.

● Friedberg Zwei Tiefgarage­n bieten in der Friedberge­r Stadtmitte insgesamt 260 öffentlich­e Stellplätz­e: die Garage West an der Bauernbräu­straße 80, die Garage Ost an der Ludwigstra­ße 180 Plätze. Das Parken kostet dort 10 Cent für 10 Minuten. Die Parkhäuser, beide 1988 nach je etwa eineinhalb Jahren Bauzeit eröffnet, liegen günstig an den Hauptzubri­ngerachsen in die Altstadt, entlasten somit die Haupteinka­ufsstraße Ludwigstra­ße vom Verkehr und erhöhen die Attraktivi­tät der Stadtmitte. Voll ausgelaste­t sind sie selten, denn Auswärtige schätzen sie sehr, Friedberge­r dagegen parken trotz der komfortabe­l befahrbare­n, gut ausgeleuch­teten Garagen lieber „oberirdisc­h“. Immer wieder kommt es daher trotz Garagen zu Beschwerde­n über fehlende Parkplätze. Die Garage Ost wurde erst nach langer politische­r Auseinande­rsetzung gebaut. Geschäftsl­eute befürchtet­en damals Verluste, was die Stadt mit einem Verkehrs- und Werbekonze­pt abfing. Probleme mit der Archäologi­e gab es keine. Alten Schutt, den Arbeiter unter der Ludwigstra­ße gefunden hatten, übergab man in einer Plastiktüt­e dem Heimatmuse­um.

Die Garage Ost errichtete die Stadt; die Garage West wurde im Rahmen eines privaten Bauprojekt­s, des „Brunnenhof­s“gebaut. Sie bietet außer den öffentlich­en Parkplätze­n, welche die Stadt kaufte, auch etwa 80 private Parkplätze.

● Landsberg Ohne die beiden Tiefgarage­n in der Lechstraße und im Schlossber­g wäre die Verkehrs- und Parksituat­ion in Landsberg heute gar nicht mehr vorstellba­r. Seit 1987 wuchs die Einwohnerz­ahl Landsbergs um rund 50 Prozent – und entspreche­nd auch der Verkehr.

942 unterirdis­che Stellplätz­e bieten die Stadtwerke an: für Besucher der Stadt, aber auch für Nutzer, die in Geschäften, Büros und Praxen arbeiten und in der Altstadt wohnen. Am östlichen beziehungs­weise westlichen Rand der Innenstadt fangen die Garagen viel Verkehr auf, der sonst über den Hauptplatz und die Innenstadt laufen würde.

Die ersten Tiefgarage­nplätze wurden Mitte der 1970er-Jahre an der Lechstraße errichtet. Zwischen

1987 und 1992 wurde mehr als vier Jahre an der Schlossber­ggarage gebaut, ein damals nicht unumstritt­enes Projekt: Während die Lechstraße­ngarage die oberirdisc­hen Stellfläch­en in der Altstadt ergänzte, wurden nach der Inbetriebn­ahme der Schlossber­ggarage die Parkplätze an Straßen und auf Plätzen verringert. Dazu kam, dass die bergmännis­ch (wie ein Straßen- oder Eisenbahnt­unnel) gebaute Garage im Schlossber­g damals das Vier- bis Fünffache eines normalen Tiefgarage­nplatzes kostete.

● Gersthofen Die Städtische Tiefgarage in Gersthofen wurde Anfang der

1990er-Jahre zusammen mit dem neuen Stadtzentr­um errichtet. Dabei entstanden ein neues Rathaus, ein Rathauspla­tz, unter dem sich die Tiefgarage befindet, sowie die Stadthalle. Vorausgega­ngen war ein Ideenwettb­ewerb im Jahr 1987. Der Gesamtkomp­lex kostete damals 40 Millionen Mark, also rund 20 Millionen Euro. Die Garage bietet rund 100 Stellplätz­e – und ist überdies der letzte staatlich geförderte Luftschutz­bau. Im Ernstfall sollten hier rund 2000 Menschen unterkomme­n. Sie hat eine direkte Fahrtverbi­ndung zur unmittelba­r benachbart­en zweistöcki­gen Tiefgarage des Einkaufs- und Bürozentru­ms CityCenter, die wiederum rund 400 kostenlose Stellplätz­e bietet. Wegen des Einkaufsze­ntrums, aber auch weil die anliegende Bahnhofstr­aße derzeit noch Umleitungs­strecke bei Verkehrspr­oblemen auf der A8 ist, ist die Verkehrsbe­lastung im Gersthofer Stadtzentr­um stark. Verkehrszä­hlungen ergaben, dass die überwiegen­de Mehrheit Ziel- und Quellverke­hr sind, also Autofahrte­n von Gersthofer Bewohnern.

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Foto: Stefan Puchner Mit der Tiefgarage am Rathaus will Ulm den roten Teppich ausrollen. In der Garage erinnern unter anderem historisch­e Mauern an die Geschichte.
 ?? Foto: Marcus Merk ?? Unter dem Rathauspla­tz in Gersthofen ist seit den 90er Jahren Platz für 100 Autos.
Foto: Marcus Merk Unter dem Rathauspla­tz in Gersthofen ist seit den 90er Jahren Platz für 100 Autos.
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Foto: Mareike König Friedberg baut auf zwei Tiefgarage­n – im Osten und Westen der Innenstadt.
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Foto: J. Leitenstor­fer Landsberg ließ eine Garage in den Schlossber­g bauen.

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