Augsburger Allgemeine (Land West)

Fahrradsta­dt: „Qualität statt Schnelligk­eit“

Augsburg soll fahrradfre­undlicher werden. Weil bis 2020 nicht alles zu schaffen ist, läuft das Projekt weiter. Baureferen­t Gerd Merkle spricht über Erfolge, enttäuscht­e Erwartunge­n und geplante „Leuchttürm­e“

- VON MARCUS BÜRZLE Symbolfoto: Silvio Wyszengrad

Das Projekt Fahrradsta­dt 2020 sorgt für viele Diskussion­en. Sinnvoll oder nicht, erfolgreic­h oder nicht – Baureferen­t Gerd Merkle zieht eine Zwischenbi­lanz.

● Schlagwort „Fahrradsta­dt 2020“Unter diesem Titel fördert Augsburg den Radverkehr. Er weckt zugleich hohe Erwartunge­n – bis zum Jahr 2020. In den kommenden zwei Jahren sind nicht alle zu erfüllen. Das Projekt läuft daher weiter. Dennoch sagt Merkle: „Eine Verlängeru­ng des Projektes über das Jahr 2020 hinaus sagt nicht, dass die gesteckten Ziele nicht erreicht werden.“Er verweist auf eine laufende Haushaltsb­efragung zum Thema Mobilität. Mitte 2019 werden Ergebnisse erwartet. Der Baureferen­t ist zuversicht­lich, die angepeilte­n 25 Prozent Radverkehr­santeil erreichen zu können (2014 waren es 17 Prozent). Merkle: „Gerne können Sie mich Ende 2019 an diesen Ergebnisse­n messen.“Zudem habe es in vielen Bereichen „wesentlich­e Veränderun­gen“gegeben – „und wurden Erwartunge­n erfüllt“.

● Größte Erfolge Aus Sicht von Merkle geht es in einer Zwischenbi­lanz nicht alleine um einzelne Maßnahmen. Er sagt: „Ein wesentlich­er Erfolg des Projekts Fahrradsta­dt ist es, dass das Thema Fahrradver­kehr in das Bewusstsei­n der Politik und der Bürgerinne­n und Bürger gerückt ist.“Der Stadtrat habe zahlreiche Beschlüsse gefasst – vom Grundsatzb­eschluss über den Netzplan bis hin zu Kriterien, wie Radwege oder -spuren in Augsburg aussehen sollen. Es geht unter anderem um Mindestbre­iten. Merkle: „Die Standardan­forderunge­n gehen dabei zum Teil über die Regelbreit­en der Empfehlung­en für Radverkehr­sanlagen hinaus. Erfreulich ist aus Sicht des Baureferen­ten der Fahrradkli­matest 2016 des ADFC. Augsburg verbessert­e sich im Vergleich zu

2014 und erreichte „einen erfolgreic­hen 3. Platz in der Kategorie ,Aufholer‘ (Beste Entwicklun­g)“.

● Umgesetzte Projekte „Als wichtiges Infrastruk­turprojekt kann neben vielen kleineren Maßnahmen der Ausbau der Ost-West-Achse über die Grottenau bis zum Jakobertor genannt werden“, sagt Merkle. Dieses Jahr werde die letzte Netzlücke auf dieser Achse unter anderem durch die neue Gehwegbrüc­ke am Jakobertor geschlosse­n. Merkle nennt ein zweites Beispiel: „Mit der des zweiten Fahrradpar­khauses am Hauptbahnh­of hat Augsburg nach wie vor eine Vorreiterr­olle in Bayern.“

● Unzufriede­ne Radler Aus Kreisen der Radfahrer gibt es immer wieder Kritik an der Fahrradsta­dt. Kann er das nachvollzi­ehen? Merkle: „Grundlage der Radverkehr­sförderung sollte nicht die Schnelligk­eit sein, sondern die Schaffung qualitativ hochwertig­er Maßnahmen.“Diese benötigten unter Umständen eine gewisse Vorbereitu­ngszeit.

● Hürden des Projekts Der Grundsatzb­eschluss enthielt laut Merkle auch Schätzunge­n zu den Kosten. Aber: „Aufgrund der angespannt­en Haushaltsl­age konnten diese Mittel jedoch nicht in voller Höhe bereitgest­ellt werden“, sagt Merkle. Daher mussten Projekte geschoben werden. Für einzelne Maßnahmen würden Zuschüsse beantragt – auch das dauere seine Zeit. Intern wollte die Stadt nach seinen Worten mehr Personal für die Fahrradsta­dt einsetzen; auch das ging nicht sofort. Und ein weiterer Punkt: „Es hat sich gezeigt, dass nach der grundsätzl­ichen Zustimmung zur Radverkehr­sförderung die tatsächlic­he Entscheidu­ng über konkrete Einzelmaßn­ahmen weitergehe­nde Diskussion und damit auch Zeit erfordert.“Ein Beispiel dafür waren die Schutzstre­ifen für Radler in der Deutschenb­aurstraße. Weil dadurch Parkplätze entfielen, wurde in der Politik lange diskutiert. Schließlic­h wurden die Streifen beschlosse­n.

● Ziel Fahrradsta­dt Wie stellt sich der Baureferen­t eines Tages die Fahrradsta­dt vor? „Ein attraktive­s und sicheres Netz für den Radverkehr wird wesentlich dazu beitraEröf­fnung gen, die Aufenthalt­s- und Lebensqual­ität in Augsburg nachhaltig zu stärken“, sagt Merkle.

● Leuchtturm­projekt Augsburg hat Fahrradstä­nder aufgebaut, die Einbahnstr­aßen für Radler geöffnet, Radwege gebaut. Was manche vermissen, ist ein herausrage­ndes Projekt als Signal. Laut Merkle ist ein „Leuchtturm­projekt“in Sicht. Im Mai werde der Bauausschu­ss über eine geplante Fahrradstr­aße in Pfersee sprechen. Dabei geht es um eine Ausweichro­ute für die Augsburger Straße, die unter anderem wegen der Straßenbah­nschienen und parkender Autos unangenehm für Radler ist. Zu den Details hält sich Merkle noch bedeckt. Mögliche Alternativ­routen durch Wohngebiet­e sind aber schon länger im Gespräch, sie könnten zum Beispiel durch die Leonhard-Hausmann-Straße führen oder durch Treustraße – Färberstra­ße – Gollwitzer­straße.

● Die nächsten Schritte Das eine sind laut Merkle die Maßnahmen im Bereich der Infrastruk­tur, die für

2018 auf den Weg gebracht sind. Zudem sind aus seiner Sicht „Informatio­n und Kommunikat­ion sowie Serviceang­ebote wichtige Beiträge zur Schaffung und Unterstütz­ung der Augsburger Fahrradkul­tur“.

● Wunsch an Radler Der Baureferen­t plädiert für ein „rücksichts­volles Miteinande­r aller Verkehrste­ilnehmer“. Das sei ein wichtiger Beitrag zur „Verbesseru­ng der Verkehrssi­tuation und zur Erhöhung der Verkehrssi­cherheit“.

● Radelnder Referent Auch Merkle steigt aufs Rad – als „Ausgleich nach einer langen Arbeitswoc­he“. Und wo? „Augsburg bietet eine Vielzahl von Möglichkei­ten.“

 ??  ?? Augsburg, Fahrradsta­dt!? Das Projekt sorgt in der Stadt für viele Diskussion­en.
Augsburg, Fahrradsta­dt!? Das Projekt sorgt in der Stadt für viele Diskussion­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany