Augsburger Allgemeine (Land West)
Seit 50 Jahren heißt’s hau ruck in Wollishausen
Auch nach so langer Zeit wird der Maibaum immer noch per Hand aufgestellt. Ein Besuch bei der Jubiläumsfeier und ein Blick in die extra dafür angefertigte Chronik mit vielen Anekdoten
Gessertshausen Wollishausen In den letzten Tagen wuselten wieder viele Männer und Frauen am Feuerwehrplatz und waren emsig am Arbeiten: Der Maibaum wurde hergerichtet. Vom Baumaussuchen und Transport bis zum Kränzebinden und Schnitzen gibt es hier immer viel zu tun. Gestern feierte die Gemeinde ihren 50. Maibaum mit einem kleinen Festakt.
Feuerwehr-Vorsitzender und „Maibaum-Chef“Herbert Schalk hatte alle Hände voll zu tun. Er hat seit Jahren das Kommando beim Maibaumaufstellen und organisierte schon seit Anfang März zusammen mit seinem Team die einzelnen Aufgaben. Unter seiner Regie wurde nun auch der 50. Maibaum in Wollishausen aufgestellt. „Es ist schon immer etwas stressig, aber es macht auch immer wieder Spaß. Und wenn der Baum dann steht, die letzten Schilder angebracht sind, dann ist das ein stolzes und glückliches Gefühl, mit den anderen diese Tradition zu feiern“, freute sich Schalk. Zusammen mit Josef Trometer hat er nun zum Jubiläum eine kleine Wollishauser Maibaum-Chronik zusammengestellt. „Da sind schon ein paar tolle Anekdoten dabei, an die man sich immer wieder gerne erinnert“, schwelgt Trometer bei der Durchsicht der Chronik.
Bereits vor dem 2. Weltkrieg gab es wohl laut Augenzeugenberichten schon Maibäume in Wollishausen. Doch nach dem Krieg hatte man andere Sorgen, und so dauerte es bis 1969, als die freiwillige Feuerwehr zur Tausendjahrfeier des Dorfes wieder einen Baum vor dem neuen Feuerwehrhaus aufstellte. Das Betonfundament, das 1970 extra für den stabilen Stand des Maibaumes geschaffen wurde, existiert übrigens bis heute. 1976 fand sogar ein Maitanz mit dorfeigener Volkstanzgruppe und Jugendchor statt.
Eine der meisterzähltesten Geschichten um den Wollishauser Maibaum geschah dann 1985. Vielleicht war die Maibaumwache etwas nachlässig in besagter Freinacht, als der Burschenverein aus Ried den unbeschützten Maibaum entführte. Doch die „Schandtat“blieb nicht unentdeckt. Ludwig Hack kam zufällig gegen Mitternacht nach Hause und informierte den damaligen Kommandanten Konrad Dietrich. Der erinnert sich noch gut daran: „Wir alarmierten sofort einige Mann und suchten in alle Richtungen unseren Maibaum. Ein Spähtrupp entdeckte schließlich die Diebe und beobachtete, wie sie unseren Baum samt Bulldog in einem Anwesen unterbrachten.“Sofort wurden die anderen zusammengerufen und ein Plan ausgeheckt. Der Burschenverein seinerseits war auch nicht gerade vorsichtig und feierte fröhlich seinen Beutezug. „So konnten wir uns unbemerkt anschleichen und unseren Maibaum samt deren Bulldog und Anhänger zurückstehlen“, lacht Konrad Dietrich. Den bekannten Heimatdichter Isidor Höld animierte diese heitere Episode sogar zu einem exklusiven Wollishauser Maibaum-Gedicht.
2012 gelang den Wollishausern dann ein zweiter Coup. In Gessertshausen wollte es mit dem Maibaum in diesem Jahr nicht so recht klappen. So kam Herbert Schalk und seinen Männern die Idee, dass man hier doch „einspringen“sollte. Kurzentschlossen nahm man einen zweiten Baum mit aus dem Wald und dekorierte auch diesen entsprechend. Kurz nach Mitternacht machten sich dann ca. 50 Wollishauser auf den Weg nach Gessertshausen und errichteten dort unter dem Motto „Wir stellen Bäume auf, wo keine sind“einen Maibaum. Zwei Wochen später brachten die Gessertshauser mit großem Gefolge den Baum inklusive Getränke und Brotzeit humorvoll zurück.
In diesem Jahr feierten die Wollishauser nun ihren Maibaum mit einem kleinen Festakt. Der Jubiläumsbaum wurde diesmal von Herbert Hartmann gestiftet, der selbstverständlich beim Aufstellen dabei war. Dies erfolgte unter den Augen der großen Besucherschar wie früher nur mit Muskelkraft und Holzscheren.
Herbert Schalk freute es sehr, dass so viele Leute zu diesem besonderen Jubiläum gekommen sind. In seiner sehr unterhaltsamen Rede erinnerte er noch einmal an so manch heitere Begebenheit. Er hofft, dass diese Tradition noch lange Bestand hat. „Traditionen müssen erhalten bleiben – es ist ein Stück Kultur“, schloss Schalk. Maximilian Angele trug anschließend das Mundartgedicht von Isidor Höld vom Maibaum 1985 vor, welches an diesem Tag natürlich nicht fehlen durfte. Für die musikalische Unterhaltung sorgte der Musikverein Gessertshausen mit beschwingter Volks- und Marschmusik.