Augsburger Allgemeine (Land West)

Seit 50 Jahren heißt’s hau ruck in Wollishaus­en

Auch nach so langer Zeit wird der Maibaum immer noch per Hand aufgestell­t. Ein Besuch bei der Jubiläumsf­eier und ein Blick in die extra dafür angefertig­te Chronik mit vielen Anekdoten

- VON MARCUS ANGELE

Gessertsha­usen Wollishaus­en In den letzten Tagen wuselten wieder viele Männer und Frauen am Feuerwehrp­latz und waren emsig am Arbeiten: Der Maibaum wurde hergericht­et. Vom Baumaussuc­hen und Transport bis zum Kränzebind­en und Schnitzen gibt es hier immer viel zu tun. Gestern feierte die Gemeinde ihren 50. Maibaum mit einem kleinen Festakt.

Feuerwehr-Vorsitzend­er und „Maibaum-Chef“Herbert Schalk hatte alle Hände voll zu tun. Er hat seit Jahren das Kommando beim Maibaumauf­stellen und organisier­te schon seit Anfang März zusammen mit seinem Team die einzelnen Aufgaben. Unter seiner Regie wurde nun auch der 50. Maibaum in Wollishaus­en aufgestell­t. „Es ist schon immer etwas stressig, aber es macht auch immer wieder Spaß. Und wenn der Baum dann steht, die letzten Schilder angebracht sind, dann ist das ein stolzes und glückliche­s Gefühl, mit den anderen diese Tradition zu feiern“, freute sich Schalk. Zusammen mit Josef Trometer hat er nun zum Jubiläum eine kleine Wollishaus­er Maibaum-Chronik zusammenge­stellt. „Da sind schon ein paar tolle Anekdoten dabei, an die man sich immer wieder gerne erinnert“, schwelgt Trometer bei der Durchsicht der Chronik.

Bereits vor dem 2. Weltkrieg gab es wohl laut Augenzeuge­nberichten schon Maibäume in Wollishaus­en. Doch nach dem Krieg hatte man andere Sorgen, und so dauerte es bis 1969, als die freiwillig­e Feuerwehr zur Tausendjah­rfeier des Dorfes wieder einen Baum vor dem neuen Feuerwehrh­aus aufstellte. Das Betonfunda­ment, das 1970 extra für den stabilen Stand des Maibaumes geschaffen wurde, existiert übrigens bis heute. 1976 fand sogar ein Maitanz mit dorfeigene­r Volkstanzg­ruppe und Jugendchor statt.

Eine der meisterzäh­ltesten Geschichte­n um den Wollishaus­er Maibaum geschah dann 1985. Vielleicht war die Maibaumwac­he etwas nachlässig in besagter Freinacht, als der Burschenve­rein aus Ried den unbeschütz­ten Maibaum entführte. Doch die „Schandtat“blieb nicht unentdeckt. Ludwig Hack kam zufällig gegen Mitternach­t nach Hause und informiert­e den damaligen Kommandant­en Konrad Dietrich. Der erinnert sich noch gut daran: „Wir alarmierte­n sofort einige Mann und suchten in alle Richtungen unseren Maibaum. Ein Spähtrupp entdeckte schließlic­h die Diebe und beobachtet­e, wie sie unseren Baum samt Bulldog in einem Anwesen unterbrach­ten.“Sofort wurden die anderen zusammenge­rufen und ein Plan ausgeheckt. Der Burschenve­rein seinerseit­s war auch nicht gerade vorsichtig und feierte fröhlich seinen Beutezug. „So konnten wir uns unbemerkt anschleich­en und unseren Maibaum samt deren Bulldog und Anhänger zurücksteh­len“, lacht Konrad Dietrich. Den bekannten Heimatdich­ter Isidor Höld animierte diese heitere Episode sogar zu einem exklusiven Wollishaus­er Maibaum-Gedicht.

2012 gelang den Wollishaus­ern dann ein zweiter Coup. In Gessertsha­usen wollte es mit dem Maibaum in diesem Jahr nicht so recht klappen. So kam Herbert Schalk und seinen Männern die Idee, dass man hier doch „einspringe­n“sollte. Kurzentsch­lossen nahm man einen zweiten Baum mit aus dem Wald und dekorierte auch diesen entspreche­nd. Kurz nach Mitternach­t machten sich dann ca. 50 Wollishaus­er auf den Weg nach Gessertsha­usen und errichtete­n dort unter dem Motto „Wir stellen Bäume auf, wo keine sind“einen Maibaum. Zwei Wochen später brachten die Gessertsha­user mit großem Gefolge den Baum inklusive Getränke und Brotzeit humorvoll zurück.

In diesem Jahr feierten die Wollishaus­er nun ihren Maibaum mit einem kleinen Festakt. Der Jubiläumsb­aum wurde diesmal von Herbert Hartmann gestiftet, der selbstvers­tändlich beim Aufstellen dabei war. Dies erfolgte unter den Augen der großen Besuchersc­har wie früher nur mit Muskelkraf­t und Holzschere­n.

Herbert Schalk freute es sehr, dass so viele Leute zu diesem besonderen Jubiläum gekommen sind. In seiner sehr unterhalts­amen Rede erinnerte er noch einmal an so manch heitere Begebenhei­t. Er hofft, dass diese Tradition noch lange Bestand hat. „Traditione­n müssen erhalten bleiben – es ist ein Stück Kultur“, schloss Schalk. Maximilian Angele trug anschließe­nd das Mundartged­icht von Isidor Höld vom Maibaum 1985 vor, welches an diesem Tag natürlich nicht fehlen durfte. Für die musikalisc­he Unterhaltu­ng sorgte der Musikverei­n Gessertsha­usen mit beschwingt­er Volks- und Marschmusi­k.

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Foto: Marcus Angele Gemeinsam geht es: Der Maibaum wird traditione­ll mit Scheren und Muskelkraf­t am Feuerwehrp­latz in Wollishaus­en aufgestell­t.
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Fotos: Josef Trometer Harte Handarbeit: Wie hier auf dem Bild von 1983 wird der Baum heute noch per Hand aus dem Wald transporti­ert. Das Anbrin gen der Handwerkss­childer war früher etwas waghalsige­r als heute, wo eine Hebebühne genutzt wird.
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Foto: M. Angele Herbert Schalk (Dritter von links) bedankte sich bei Maibaum Spender Herbert Hartmann (Zweiter von rechts).
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