Augsburger Allgemeine (Land West)
Endlich ein Supermarkt
In der Frauentorstraße eröffnet Rewe-City nach langen Verzögerungen eine Filiale. Das ist dem Engagement zweier Privatleute zu verdanken und der Tatsache, dass der Lebensmittelhändler in Augsburg großes Potenzial sieht
„Wenn ich gewusst hätte, was da auf mich zukommt, wäre ich das Projekt vermutlich nicht angegangen“, sagt Wolfram Müller und blickt auf eine große Baustelle in der Frauentorstraße. Im Erdgeschoss der Gebäude Nummer 37 und 39 dröhnen Presslufthämmer, Männer mit Bauplänen laufen hin und her und geben Anweisungen. Noch ist kaum zu erkennen, dass hier am 28. Juni ein Rewe-City-Markt eröffnen wird. Ein Datum, das Wolfram Müller mehr als herbeisehnt. Als Privatmann hatte er 2015 zusammen mit seinem Freund Andreas Hellmann die Ladenflächen der beiden Gebäude gekauft und wollte das Viertel rund um den Dom mit der Ansiedlung eines Supermarkts „endlich wieder beleben“. Doch zwischen Wunsch und Realität lagen drei harte Jahre.
Der Jurist Müller und der Arzt Hellmann hatten keinerlei Erfahrungen als Bauträger, als sie sich 2015 dazu entschieden, sich als Stadtteilentwickler zu engagieren und die Flächen zu kaufen. Von ihrem Konzept überzeugt und mit starker Rückendeckung seitens der Bürgeraktion Obere Stadt machten sie sich ans Werk – und auch Anfragen der großen Händler ließen nicht lange auf sich warten. Sowohl die Drogerieketten Rossmann und dm als auch der Lebensmittelhändler Edeka meldeten sich schnell als Mietinteressenten für die Ladenflächen, in denen zuvor Schlecker, eine Pilsbar und das Papierhaus untergebracht waren, erzählt Müller. Den Zuschlag bekam am Ende aber Rewe, weil dieses Unternehmen nach Ansicht der Investoren am besten passte.
Alles schien perfekt zu laufen, die Eröffnung des Marktes wurde öffentlichkeitswirksam angekündigt. Doch manche Miteigentümer der Gebäude stemmten sich laut Müller gegen die Renovierungsmaßnahmen und die Ansiedlung eines Supermarkts – aus unterschiedlichen Gründen und auf unterschiedlichste Weise. So mussten Müller und Hellmann, die mittlerweile eine GbR mit dem Namen „Projekt 39“gegründet hatten, die Baumaßnahmen immer wieder verschieben und ungeplant weitere Gebäudeteile kaufen. Einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag haben die beiden Privatmänner letztlich in die Umbaumaßnahmen investiert und drei Jahre Zeit und Nerven, bis endlich fest stand: Am 28. Juni 2018 eröffnet Rewe nun seine Filiale in der Frauentorstraße.
Kommen wird ein City-Markt des Lebensmittelhändlers – mit 550 Quadratmetern und integrierter Fleisch- und Wursttheke. Es wird die erste Augsburger Rewe-Filiale sein, die im neuen Ladenlayout des Unternehmens entsteht. „Das Mobiliar wird moderner sein als beispielsweise in der Filiale in der Maximilianstraße. Die Regale sind niedriger, wir haben helle Möbel, es soll eine Art Marktatmosphäre entstehen“, beschreibt Unternehmenssprecherin Ursula Egger. Der Fokus bei den Produkten liege auf Bio sowie Erzeugnissen aus der Region.
Dass Rewe trotz aller Schwierig- und Verzögerungen am Standort Frauentorstraße festgehalten hat, hat verschiedene Gründe. „Wir hatten von Beginn an ein sehr gutes Vertrauensverhältnis zu Herrn Müller und deshalb nie daran gezweifelt, dass das Vorhaben klappt. Zudem müssen Sie als Expansionist einen langen Atem haben. Das die Umsetzung eines Markts auch einmal drei, vier oder fünf Jahre dauern kann, ist normal“, erzählt Egger. Auch die Attraktivität des Standorts sei ausschlaggebend gewesen. Mit rund 6000 Haushalten, den im Viertel angesiedelten Arbeitsplätzen und Schulen sei das Einzugsgebiet groß. Für die Bürgerinitiative Obere Stadt ist die Eröffnung des Rewe-Citys eine „Reurbanisierung, wie sie besser nicht geht“, sagt Rüdiger Reichert, Vorstandsmitglied der Interessensvertretung. Seit 1998, also seit dem Wegzug von Lidl in der Heinrich-von-Buz-Straße, seien Stück für Stück immer mehr Läden wie Schlecker oder Metzgereien aus dem Domviertel verschwunden. „Das Viertel ist zunehmend unattraktiver geworden. Für Bewohner als auch Geschäftsinhaber.“Von Rewe erwartet sich Reichert nun eine Umkehrung dieses Effekts. „Wenn sie einen Frekeiten quenzbringer wie Rewe haben, dann wirkt sich das auf die umliegenden Geschäfte aus“, ist er überzeugt. Die ersten potenziellen Kunden spazieren schon um die Baustelle herum und fragen vor Ort nach dem genauen Eröffnungstermin.
Dass Supermärkte in Innenstädten und den Stadtteilen wieder zunehmend gefragt sind, weiß auch Rewe. „Der Trend zum Rückzug in die Stadt ist da. Und wir folgen den Menschen dahin, wohin sie ziehen“, fasst Unternehmenssprecherin Egger zusammen. In Augsburg sieht der Lebensmittelhändler einen aktiven Standort mit entsprechender Kaufkraft. So hat sich der Konzern nicht nur in der Innenstadt – mit den Filialen Frauentorstraße, Maximilianstraße und ab Juli im ehemaligen K&L-Gebäude – als Platzhirsch etabliert, sondern investiert auch in den Stadtteilen (siehe Infokasten). Rewe dürfte in Augsburg damit der aktivste Lebensmittellhändler sein. „Das Unternehmen ist permanent auf der Suche nach weiteren Standorten im gesamten Stadtgebiet“, bestätigt auch Augsburgs Wirtschaftsreferentin Eva Weber.
Auch für Aldi, Edeka und Netto stehen zentrale Lagen Insidern zufolge im Fokus. Netto hat in der Halderstraße bereits sein neues City-Konzept umgesetzt und Feneberg beerbt Edeka in der City-Galerie. „Wir haben uns schon immer für die Lebensmittelversorgung im innerstädtischen Bereich engagiert und eigens dafür Filialkonzepte entwickelt. Wir haben diesen Bereich immer verfolgt und werden dies auch weiter tun“, so Sprecherin Sonja Kehr.
Rewe sieht in Augsburg großes Potenzial