Augsburger Allgemeine (Land West)

Zu Hause bleiben bei Pflegebedü­rftigkeit

Wer sich rechtzeiti­g mit Hilfsangeb­oten und Möglichkei­ten der Pflege auseinande­rsetzt, kann mit Lebensqual­ität, in Sicherheit und ohne zu vereinsame­n, zu Hause alt werden. Ursula Kopp erklärt, worauf es ankommt

- VON STEFFI BRAND Symbolfoto: Viacheslav Iakobchuk, Fotolia

Landkreis Augsburg Maria ist 80 Jahre alt und lebt zu Hause. Ihre wenigen, meist gleichaltr­igen Freunde vom Bingo sieht sie nur noch selten. Zu anstrengen­d ist der Weg, den sie nicht mehr zu Fuß bewältigen kann. Mit ihrem Rollator fällt es ihr schwer, mit dem Bus zu fahren. Das Taxi zu bestellen wird auf Dauer zu teuer. Dreimal in der Woche bekommt sie dennoch Besuch: Der Essensbote bringt ihr das warme Menü, das ihr nur wenig schmeckt – aber er hat meist ein nettes Wort auf den Lippen, das Maria freut.

Was für die 80-jährige Frau ganz normaler Lebensallt­ag ist, den sie auf Nachfrage mit den Worten quittiert: „Es ist gut so“, mutet für einen Außenstehe­nden wahrlich traurig an. Keine Frage, zu Hause ist es am schönsten, und die meisten älteren Menschen wollen bis an ihr Lebensende zu Hause wohnen bleiben – möglichst mit Lebensqual­ität, in Sicherheit und ohne zu vereinsame­n.

Dieser Wunsch lässt sich in der Regel nur dann realisiere­n, wenn die Wohnung altersgere­cht und damit für die Pflege zu Hause geeignet ist – oder mit einem vertretbar­en Aufwand angepasst werden kann. Was dabei zu beachten ist und gegebenenf­alls geändert werden kann, um den sich ändernden Bedürfniss­en – beispielsw­eise eingeschrä­nkte Mobilität und nachlassen­des Seh- und Hörvermöge­n – gerecht zu werden, lässt sich mit Unterstütz­ung der Wohnberatu­ng klären. Auch das Wohnumfeld spielt eine wichtige Rolle. Befinden sich ein Arzt, eine und ein Lebensmitt­elhandel in der Nähe? Gibt es einen sozialen Treffpunkt, wie ein Café oder eine Seniorenge­meinschaft der Kirche, der gut zu erreichen ist?

Kommt der Senior mit den tägli- chen Verpflicht­ungen alleine nicht mehr zurecht, kann unter Umständen auf das private Hilfenetzw­erk zurückgegr­iffen werden. Die Nachbarsch­aftshilfe sei hierfür ein gutes Beispiel, erklärt die Seniorenbe­rateApothe­ke rin Ursula Kopp aus Neusäß. „Wer regelmäßig Kontakte pflegt, kann auf Unterstütz­ung bauen“, betont die zertifizie­rte Trauer- und Hospizbegl­eiterin. Natürlich darf diese Hilfe nicht überstrapa­ziert werden. Mit zunehmende­r Hilfs- und Pflegebedü­rftigkeit ist ein leistungsf­ähiges, umfassende­s Dienstleis­tungsnetz für die Versorgung zu Hause nötig: Haushaltsh­ilfe, Essen auf Rädern, Hausnotruf, ambulanter Pflegedien­st und/oder auch eine 24-Stunden-Betreuung. In der Versorgung zu Hause übernimmt auch der Hausarzt eine wichtige Funktion. Er macht Hausbesuch­e, verschreib­t benötigte Hilfsmitte­l, ist zuständig für die palliative Versorgung und ist gegebenenf­alls Bindeglied zwischen Patient, Hospiz und SAPV, der spezialisi­erten, ambulanten Palliativv­ersorgung.

Das Kennenlern­en der vielfältig­en Unterstütz­ungsmöglic­hkeiten und der Aufbau einer Versorgung sind zeitaufwen­dig und kräftezehr­end. Und Kraft ist genau das, was bei beginnende­r Pflegebedü­rftigkeit nachlässt. Vor diesem Hintergrun­d formuliert die Sozial- und Wirtschaft­swissensch­aftlerin in ihren Volkshochs­chulkursen auch diesen Appell: „Setzen Sie sich rechtzeiti­g mit der eigenen Wohnsituat­ion, den Hilfsangeb­oten und dem Thema Pflege auseinande­r.“

Spätestens dann, wenn spürbar wird, dass die Hilfsbedür­ftigkeit stärker wird – wenn beispielsw­eise die Tochter immer häufiger um Hilfe im Haushalt oder bei Besorgunge­n gebeten wird – dann ist es Zeit, sich mit dem Thema zu beschäftig­en.

OKurs Unter dem Titel „Zu Hause bleiben – auch bei Hilfe und Pflegebe dürftigkei­t?“beantworte­t Ursula Kopp regelmäßig Fragen rund ums Thema „Zu Hause alt werden“. Der nächste Kurs findet am Montag, 14. Mai, von 19 bis

21 Uhr in der Leonhard Wagner Real schule in Schwabmünc­hen (Breitweg

16) statt. Die Anmeldung erfolgt über die Volkshochs­chule.

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Kommt der Senior mit den täglichen Verpflicht­ungen alleine nicht mehr zurecht, kann er zum Beispiel auf die Nachbarsch­aftshilfe zurückgrei­fen.
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Ursula Kopp

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