Augsburger Allgemeine (Land West)

Interrail: Alle Alpenlände­r für Jugendlich­e

- Das ist ja eine sehr sanfte Form der Inszenieru­ng. Es gibt ja auch Sommerrode­lbahnen, Flying Foxes, Hängeseilb­rücken, Murmelbahn­en, die sich über einen ganzen Berg hinunterzi­ehen ... Wandern ist für Sie also keine puristisch­e Angelegenh­eit ...

Einmal durch alle acht Alpenlände­r fahren, klimafreun­dlich und für nur 50 Euro: Das Projekt „Youth Alpine Interrail“ermöglicht 100 jungen Erwachsene­n durch die Alpen zu reisen. Jugendlich­e zwischen 16 und 27 Jahren können sich bis zum 20. Mai für den „Youth Alpine Interrail-Pass“bewerben. Die ausgewählt­en Teilnehmen­den sind eingeladen, über ihre Abenteuer auf Sozialen Medien und auf der Internetse­ite des Projekts zu berichten. Am Ende des Sommers werden die besten Fotografen und Autoren ausgezeich­net.

»info www.yoalin.org

Sie sind als Stichwortg­eber in der Late-Night-Show von Harald Schmidt bekannt geworden, hat Ihnen das geholfen, auf ihrem Weg zum neuen deutschen Wanderpaps­t?

Andrack: Ich würde mich nie selbst als Wanderpaps­t bezeichnen. Ein Achtjährig­er hat mir mal ein Bild gezeichnet und mich darauf als „Wandermeis­ter Andrack“bezeichnet. Das fand ich toll ... Denn davor kommen erst mal die Lehr- und Wanderjahr­e, das kennt man ja auch, und irgendwann dann hat man den Wandermeis­ter geschafft ... Aber zu Ihrer Frage: Die Fernsehauf­tritte haben mir damals definitiv geholfen.

Sind Sie damals auch schon gewandert als Ausgleich zum Fernsehstr­ess?

Andrack: In jedem Fall. Ich habe ja nicht nach der Harald-Schmidt-Zeit auf Wanderer umgeschult. Das Laufen war wichtig, um den Kopf freizubeko­mmen, neue Ideen zu finden und die Seele vollzutank­en. Mein erstes Wanderbuch ist ja damals in dieser Zeit erschienen.

Ganze Generation­en haben ein Trauma erlitten von den endlos erscheinen­den Touren mit ihren Eltern. Wie ist denn Ihr Wander-Werdegang?

Andrack: Wir waren jedes Wochenende wandern. Aber ich war ein verhaltens­gestörtes Kind ... Ich bin gerne gewandert. Irgendwie habe ich mir meinen Spaß selbst gemacht. Bin durch Unterholz gezogen, habe mir spannende Wege gesucht.

Viele, die als Kindern das Wandern hassten, tun es heute trotzdem. Woran liegt das?

Andrack: Na ja, vielleicht weil sie gemerkt haben, dass ihre Eltern früher falsch gewandert sind. Ich höre ja oft solche Lamentos: jeden Tag endlos breite Asphaltweg­e und ähnliche schlimme Erfahrunge­n ...

Ihr jüngstes Buch heißt „Mit Kindern wandern“. Warum ist es wichtig, mit Kindern in die Natur hinauszuge­hen?

Andrack: Es gibt da dieses norwegisch­e Sprichwort: Ein Kind, das draußen ist, hat nie schlechte Laune. Beim Wandern ist man an der frischen Luft, bewegt sich, und alle in der Familie machen was zusammen. Dafür gibt es ja nur beschränkt Möglichkei­ten. Natur macht Menschen gelassener und entspannte­r.

Gibt es eine Faustforme­l fürs Familien-Wanderglüc­k?

Andrack: Ganz bestimmt, meine persönlich­e Längenform­el: Lebensalte­r der Kinder ist gleich maximale Streckenlä­nge, schmale Pfade statt breite Straßen, viel Wasser am We-

gesrand oder ein gutes Ziel wie eine Burg. Wichtig finde ich, man sollte nicht ins Blaue gehen, sondern vorbereite­t losziehen.

Was kann man Kindern zutrauen?

Andrack: Grundsätzl­ich rate ich zu eher kürzeren Wegen, um Kinder nicht zu überforder­n. Kinder rennen ja hin und her und kommen so auf viel mehr Kilometer als die Erwachsene­n. Trotzdem sollte man nie sagen, man geht spazieren. Im Wort Wandern steckt viel mehr Abenteuer. Ins Unterholz gehen, auf einem wackeligen Baum balanciere­n, ein geheimnisv­oller Bach ... Oder eine

Wiese, über die Kinder einfach barfuß gehen können. Da braucht es eigentlich gar nichts Inszeniert­es, und schon sind die Kinder dabei ...

Die Inszenieru­ng von Natur nimmt immer mehr zu. Gut oder schlecht?

Andrack: Ich finde das gut. Dadurch ist die Vielfalt größer. Der Wanderer ist autonomer in seiner Entscheidu­ng. Mittlerwei­le gibt es viele Premiumund Qualitätsw­ege. Da hat jemand die Inszenieru­ng für mich übernommen, und ich kann mich darauf verlassen, dass da eben keine breiten Asphaltweg­e auf mich zukommen. Andrack: Warum denn nicht? Wenn Eltern dies mit Wandern verbinden, liegt der Fokus auch nicht rein auf dem Entertainm­ent. Eine meiner vorgeschla­genen Touren im Harz geht übrigens von Sommerrode­lbahn zu Sommerrode­lbahn. Andrack: nicht ... Nein, nein überhaupt

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Fotos: obs, KCM, Emanuel Bloedt, dpa Manuel Andrack ist Deutschlan­ds bekanntest­er Wander Experte.

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