Augsburger Allgemeine (Land West)

Bahn frei für mein eigenes Glück

Caritas und Eukitea präsentier­en inklusives Theaterstü­ck. Es geht um Magie

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Diedorf „Ein verflixt magischer Tag“hieß verheißung­svoll das originelle Theaterstü­ck, das die Wohlfahrts­organisati­on Caritas gemeinsam mit dem Diedorfer Eukitea auf die Bühne zauberte. Das Besondere daran: Es handelte sich um eine Inszenieru­ng, in welcher Menschen mit und ohne Handicap gemeinsam auf der Bühne agieren.

Zunächst jedoch gab Regisseur Giorgio Buraggi den Zuschauern einige spannende Einblicke in dieses einzigarti­ge Inklusiv-Projekt, das nun bereits seit sechs Jahren die Zuschauer zu begeistern vermag: „Wir entscheide­n immer alles zusammen. Diesmal war es unsere Idee, zu zeigen, dass jeder einzelne Mensch aus vielen Teilen besteht.“Oftmals bräuchte es zwar einen wundersame­n Zauberer, der einem diese Tatsache vor Augen führt, doch am Ende müsse die eigene Person dann selbst entscheide­n, welche ihrer Teile für die Mitmensche­n – und vor allem für sich selbst – am wichtigste­n sind.

Das Stück an sich begann schließlic­h in dunkelster Nacht, in der die einzelnen Charaktere lediglich als schemenhaf­te Schatten zu erahnen waren. Aber wer glaubte, hier würde nun eine höchst philosophi­sche Parabel folgen, die mit erhobenem Zeigefinge­r die Gesellscha­ft anmah- nen möchte, irrte sich ganz gewaltig. Denn dieser „verflixt magische Tag“offenbarte sich gleicherma­ßen als humorvolle Darstellun­g des ganz normalen Alltagswah­nsinns als auch als selbstiron­ische Persiflage auf die individuel­le Persönlich­keit, was immer wieder herzerfris­chende Lacher im Publikum erzeugte.

Und doch war die Geschichte weit entfernt von jeglicher Klischeeha­ftigkeit: Mittels turbulente­r Performanc­e und treffsiche­rer Dialoge zeichnete eine bunt zusammenge­würfelte Truppe einen typischen Tag aus ihrem Alltagsleb­en nach, bei dem es durchaus auch mal richtig unpädagogi­sch zur Sache gehen durfte – so wird schon mal gehörig über das deutsche Regenwette­r gefrotzelt, auf hundsgemei­ne Weise ein mittellose­r Schwarzfah­rer verpetzt oder lauthals gemault, wenn der Supermarkt keine Zigaretten mehr in den Regalen stehen hatte.

Doch irgendwann wird den Charaktere­n klar, dass sie mit ihrer ständigen Miesepeter­ei nicht nur allen anderen auf die Nerven gehen, sondern auch sich selbst jeglichem Gefühl des Glücks entziehen. Die Lösung des Dilemmas: Ein echter Magier muss her, damit dieser mittels seiner arteigenen Zaubersprü­che wieder für ein friedliche­s Zusammenle­ben sorgt. Der Zauberer er- scheint tatsächlic­h und krempelt den ganzen Laden schließlic­h gehörig um – doch keineswegs mit überirdisc­hen Kräften, sondern indem er den Menschen zeigt, dass nur sie alleine in der Lage sind, eine positive Änderung ihres Gemütszust­ands zu erzeugen, Türen zu ihren eigenen Stärken aufzustoße­n und den Blickwinke­l auf das Leben einfach mal ein wenig zu verändern.

Darsteller­ische Improvisat­ionen, unheilvoll­e Musikeinsp­ielungen und originell verfremdet­e Gesangsstü­cke ergänzten das quirlige Bühnengesc­hehen schließlic­h auf stimmungsv­olle Weise. Ganz nebenbei wurde auch noch unentwegt das Bühnenbild umgebaut, ein schönes Spiegelbil­d dafür, dass der Mensch aus einer Vielzahl unterschie­dlicher Facetten besteht, die jedoch immer wieder selbstkrit­isch überprüft und bei Bedarf vollkommen neu geordnet werden müssen.

Der Grundgedan­ke des Stücks wurde dabei von den Darsteller­n wunderbar umgesetzt: Barrieren können abgebaut werden, jeder einzelne Mensch auf dieser Welt ist wichtig, und jede Persönlich­keit weist letztendli­ch ihre ganz eigenen Stärken und Schwächen auf. Ein lustiges, aber manchmal auch sehr nachdenkli­ches Stück über das eigene Ich.

 ?? Foto: Thomas Hack ?? Schluss mit der Miesepeter­ei, die dem eigenen Glück im Wege steht: Auch mit einem gehörigen Schuss Selbstiron­ie konnten die Darsteller des Inklusivth­eaters die Herzen der Zuschauer erobern.
Foto: Thomas Hack Schluss mit der Miesepeter­ei, die dem eigenen Glück im Wege steht: Auch mit einem gehörigen Schuss Selbstiron­ie konnten die Darsteller des Inklusivth­eaters die Herzen der Zuschauer erobern.

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