Augsburger Allgemeine (Land West)

Eine Schmutzsch­lacht hilft der CSU nicht

Mal umwerben die Christsozi­alen Wähler der AfD, mal verunglimp­fen sie die Partei als „braunen Schmutz“. Beides zeigt Panik – aber keine Wahlkampf-Strategie

- VON GREGOR PETER SCHMITZ gps@augsburger allgemeine.de

Markus Blume ist ein belesener Mensch. Also kennt er sicherlich den Satz von Joschka Fischer: „Das Amt verändert den Menschen schneller als der Mensch das Amt.“

Selbst wenn Blume diesen Satz nicht kennen sollte, er lebt ihn derzeit vor. Denn der Ex-Eiskunstlä­ufer war bis zu seinem Antritt als CSU-Generalsek­retär ein besonnener Zeitgenoss­e, eher Nachdenker als Nachtreter.

Kaum im Amt, tritt Blume aber im offenbar einzigen Aggregatzu­stand von CSU-Generalsek­retären auf: dem permanente­n Kriegszust­and. Gerade erst hat er alle zu „Religionsf­einden“erklärt, die am Kreuzerlas­s seines Ministerpr­äsidenten Markus Söder zu zweifeln wagten. Und über das Wochenende wurde ein Strategiep­apier aus Blumes Feder publik, in dem er die AfD als „braunen Schmutz“bezeichnet­e, der als „unbayerisc­h“zu bekämpfen sei.

Warum verwandelt­e sich der besonnene Blume so rasch in ein CSU-Fallbeil? Die Wahrheit lautet: aus Panik. Je lauter Blume poltert, desto leiser wird die Hoffnung, seine Partei habe eine taugliche Strategie für den Wahlkampf. In der aktuellen Umfrage unserer Zeitung ist der Söder-Effekt, der direkt nach dessen Amtsantrit­t zu verzeichne­n war, schon wieder verpufft. Das einzige CSU-Wahlkampfz­iel, die absolute Mehrheit, liegt nach wie vor in weiter Ferne. Schlimmer noch: Die Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD) bleibt eine Alternativ­e für rund 12 Prozent der Bayern.

Diese Partei soll nach dem Willen von Markus Söder aber unbedingt verschwind­en. Man dürfe sie nicht zur neuen Linksparte­i werden lassen, dekretiert er stets – also einer Bewegung, die sich, anders als früher die NPD oder die Republikan­er, dauerhaft etabliert. Landesverb­ände der Union mögen nachdenken, irgendwann sogar mit der AfD eine Koalition zu bilden. Für die CSU, die gar keine Koalitione­n will, ist das keine Option.

Nur: eine Strategie, dies zu verhindern, ist bislang nicht zu erkennen. Deswegen müht sich Blume so verzweifel­t. Mal scheint die CSU die Wähler der AfD zu umwerben, indem sie deren Jargon übernimmt, zu Flüchtling­en, zum Islam – und natürlich zum Kreuz, das Söder eigenhändi­g ins rechte Licht rückte. Dann ist Blume gleich zur Stelle, damit auch ja kein AfD-Wähler das Signal verpasst, siehe sein Satz über „Religionsf­einde“.

Und mal soll die AfD zum Staatsfein­d Nummer eins erklärt werden, auch dann ist natürlich auf Blume Verlass. Flugs schrieb er besagtes Strategiep­apier über eine demokratis­che Partei (und damit deren Wähler) mit einer Polemik, dass man nach der Lektüre erst einmal eine Dusche nehmen möchte.

Beides zusammen geht aber nicht. Populisten nachzueife­rn macht diese meist nur stärker. Im Zweifel wählen Bürger lieber das Original. Sie aber zu verteufeln, weckt eher Trotzgefüh­le, es den „Etablierte­n“mal richtig zu zeigen.

Deswegen sollte die CSU sich auf Tugenden besinnen, die in Wahljahren schwerfall­en: Ruhe bewahren, effizient arbeiten – und die rechte Konkurrenz nicht durch Hysterie aufwerten.

Ausgerechn­et Horst Seehofer, oft belächelte­r „Heimatmuse­umsministe­r“, gelingt das bislang zumindest im Ansatz. Auch er hat zwar gleich viel gepoltert. Aber Seehofer hat auch gemacht und angedacht – und gar einen Aufsatz veröffentl­icht, in dem er den Begriff „Heimat“verbindend zu definieren suchte, nicht nur ausgrenzen­d.

Markus Blume hat früher auch gerne geschriebe­n, etwa das neue CSU-Parteiprog­ramm. Vielleicht sollte er sich darauf wieder mehr konzentrie­ren, weniger auf das Austeilen. So könnte er seiner Partei als Generalsek­retär im Wahljahr vermutlich am besten dienen.

Einfach mal ruhig bleiben – auch im Wahljahr

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany