Augsburger Allgemeine (Land West)

Warteliste wird immer länger

Mehr als 1500 Bürger warten auf eine Parzelle. Die Liste der Interessen­ten wird immer länger. Doch die Stadt tut sich schwer, weitere Anlagen auszuweise­n. Nun soll ein Kniff helfen

- VON EVA MARIA KNAB

Andrea Ehm hat eine Wohnung ohne Garten. Während der Woche arbeitet sie im Büro. Entspannun­g und Ausgleich findet die Augsburger­in in ihrem Kleingarte­n im Stadtteil Oberhausen. Die 51-Jährige sagt: „Ein Leben ohne den Garten könnte ich mir nicht vorstellen.“Andrea Ehm hat das Glück, dass ihre Familie die Parzelle schon seit Generation­en gepachtet hat. Viele andere Augsburger können von einer grünen Oase nur träumen. Über 1500 Bürger stehen nach den neuesten Zahlen von Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) auf der Warteliste für einen städtische­n Kleingarte­n. Das soll sich nun ändern.

Gärtnern liegt im Trend. Auch bei Stadtbewoh­nern wird es immer beliebter, selber Gemüse, Kräuter oder Blumen anzupflanz­en. Das macht sich in vielen deutschen Großstädte­n bemerkbar. Auch in Augsburg ist die Nachfrage nach Kleingärte­n enorm. Nach Angaben des Stadtverba­ndes der Kleingärt-

Einige Projekte scheiterte­n, unter anderem am Platz

ner beträgt die Wartezeit auf eine Parzelle aktuell zwischen drei und sechs Jahren. „Die Leute sind sehr geduldig, aber der Druck ist groß“, heißt es dort.

Diesen Druck aus der Bevölkerun­g bekommen auch die Politiker im Rathaus zu spüren. Stadträte von CSU und SPD sprachen im März von einer „äußerst angespannt­en Situation“. Denn die Einwohnerz­ahl in Augsburg ist stark gewachsen. Anderersei­ts habe es die Stadt in den vergangene­n Jahren nicht geschafft, neue Kleingärte­n in dem notwendige­n Umfang zu schaffen, kritisiert Dieter Benkard (SPD).

Zwar wurden im Umweltauss­chuss des Stadtrates immer wieder Anträge gestellt, neue Anlagen auszuweise­n. Es gibt auch einen städtische­n Kleingarte­nentwicklu­ngsplan bis 2020, der eine Linie für die Verwaltung vorgibt. Teils scheiterte­n die Vorschläge auf dem Papier aber am nötigen Geld, teilweise fehlte es auch an geeigneten Grundstück­en. Ein Beispiel: Ein Projekt auf Erweiterun­gsflächen des Nordfriedh­ofs ließ sich nicht realisiere­n, weil der dortige Baumbestan­d erhalten bleiben sollte und die Kosten für eine neue Anlage zu teuer geworden wä- ren. Aktuell werden auch viele neue Wohnungen gebaut und die Grundstück­spreise sind entspreche­nd hoch. Auch das macht die Suche nach neuen Flächen für Kleingärte­n nicht einfacher, wie aus einem Bericht des Amtes für Grünordnun­g hervorgeht.

Von den ursprüngli­ch geprüften Flächen blieben am Ende nur noch drei Standorte übrig, so Erben: einer für die Erweiterun­g der Anlage „Reinhold Wolff“in Göggingen, einer für die Anlage am Wasenmeist­erweg nahe der Wertach, deren Bau vom Wasserwirt­schaftsamt Donauwörth für weggefalle­ne Flächen beim Flussumbau zugesicher­t ist, und einer für die Schreberga­rtensiedlu­ng am Neuen Ostfriedho­f. Für Letztere wird gerade ein Bebauungsp­lan erarbeitet. Weil gerade auch im Augsburger Norden die Nachfrage nach Schrebergä­rten besonders groß ist, soll am Oberen Schleisweg im Stadtteil Bärenkelle­r eine weitere Anlage entstehen.

Bislang gibt es in Augsburg knapp

5000 städtische Kleingärte­n. Wenn die neuen Anlagen kommen, wie geplant, werden im besten Fall rund

250 weitere Parzellen entstehen, davon 121 städtische. Dabei greift die Stadt allerdings auch zu einem Trick, um schneller mehr Schrebergä­rten anbieten zu können. Umweltrefe­rent Erben kündigt an, dass neue Parzellen um ein Drittel verkleiner­t werden sollen – von durchschni­ttlich 300 auf 200 Quadratmet­er. Dieser Vorschlag kam vom Runden Tisch fürs Augsburger Kleingarte­nwesen, in dem Stadträte und Experten zusammensi­tzen. Diese Lösung sei mit dem Stadtverba­nd der Kleingärtn­er abgesproch­en, die neue Größe auch in anderen Städten üblich, sagt Benkard, der mit in den Gremien sitzt.

Jetzt wird es darauf ankommen, ob die Stadt in den kommenden Jahren die nötigen Gelder für neue Kleingärte­n im Haushalt zur Verfügung stellt. Allein die Erweiterun­g der Anlage Reinhard Wolff südlich der Friedrich-Ebert-Straße soll

900 000 Euro kosten. Der Neubau im Bärenkelle­r am Oberen Schleisweg wird auf 450 000 Euro veranschla­gt. Noch fehlen Mittel. Sie sollen auf Beschluss des Umweltauss­chusses für den städtische­n Haushalt 2019/20 angemeldet werden.

Benkard ist optimistis­ch, dass die beiden Anlagen kommen. Denn

2020 ist in Augsburg Kommunal- wahl. Auf Wunsch der Grünen sollen außerdem Projekte für „urbanes Gärtnern“mit jährlich 10 000 Euro gefördert werden, etwa für mobile Beete oder Pflanzsäck­e. Grund: Gerade in der dicht bebauten Innenstadt ist wenig Platz für Schrebergä­rten. Laut Erben zeigen all diese Vorhaben die Wertschätz­ung der Stadt für klassische und neue Formen des Freizeit-Gartenbaus. Dieser sei ein Wohlfühlfa­ktor für Bürger und steigere die Lebensqual­ität.

Andrea Ehm ist froh, dass sie schon eine Parzelle hat. Dort kann sie sich nicht nur im Grünen erholen, sie kommt auch mit Nachbarn in der Anlage an der Schönbachs­traße ins Gespräch, die aus vielen unterschie­dlichen Ländern stammen. Sie sagt: „So ein Garten bringt Menschen zusammen.“» Kommentar

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Foto: Annette Zoepf Andrea Ehm hatte Glück: Weil ihre Familie seit Langem eine Kleingarte­nparzelle gepachtet hat, kann sie ihre Freizeit im eigenen Garten verbringen. Viele andere Augsburger haben sich auf eine Warteliste für einen Kleingarte­n setzen lassen. Doch die ist...

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