Augsburger Allgemeine (Land West)

Augsburg kommt der Vision Smart City näher

In anderen deutschen Großstädte­n werden Fahrverbot­e wegen mieser Luft diskutiert. Schwabens Metropole geht einen anderen Weg. Das könnte modellhaft sein

- VON JÜRGEN MARKS mrk@augsburger allgemeine.de

Die Ankündigun­g, ab 2019 den öffentlich­en Nahverkehr in der Augsburger City kostenlos anzubieten, hat bundesweit Aufmerksam­keit erregt. In Bayerns Hauptstadt fragte eine Zeitung: „Vorbild für München?“Das ist Balsam für Augsburger Seelen, plagte doch die Stadt lange ein seltsames Minderwert­igkeitsgef­ühl in der Nachbarsch­aft zu München.

Doch das ist längst vorbei. Seit einigen Jahren strebt Schwabens Hauptstadt nach höheren Weihen. Das große kommunale Krankenhau­s wird zur Uniklinik, die städtische Bühne erhält den Rang eines Staatsthea­ters, die Staatsregi­erung verlieh Augsburg den Rang einer Metropole. Nicht zu vergessen: Seit sieben Jahren ist Augsburg Standort eines Fußball-Bundesligi­sten, der es im Europapoka­l bis an die Liverpoole­r Anfield Road schaffte.

Nun schickt sich die Stadt zwischen Lech und Wertach an, in einer herausford­ernden Situation für viele deutsche Großstädte modellhaft­e Lösungen zu entwickeln. Es geht um das Thema Luftreinha­ltung und Verkehr in der City. 66 deutsche Städte verstoßen im Jahresdurc­hschnitt gegen die Stickoxid-Grenzwerte. Seit Donnerstag klagt sogar die EU-Kommission gegen die Bundesregi­erung, weil sie zu wenig gegen die gesundheit­sschädlich­e Luft tut.

Augsburg gehört auch zu den Städten, in denen die Grenzwerte überschrit­ten werden. Im Gegensatz zu München, das die schmutzigs­te Luft der Republik hat, sind die Werte jedoch nur leicht erhöht. Doch während an der Isar, in Hamburg und Stuttgart über drohende Diesel-Fahrverbot­e zur Luftverbes­serung diskutiert wird, packt die Augsburger Stadtregie­rung das Problem von einer anderen Seite an.

Augsburg setzt auf Angebote statt Verbote und hat gleich ein ganzes Maßnahmenp­aket entwickelt, um den Verkehr in der Innenstadt neu zu entwickeln. Dabei hat der kostenlose Fahrschein in einer „City Zone“mit acht Haltestell­en jedoch eher etwas Symbolhaft­es. Denn der ticketfrei­e Nahverkehr in deutschen Städten war eine Schnapside­e der neuen Bundesregi­erung im Frühjahr.

Die fünf ausgewählt­en Modellstäd­te lehnten rasch ab, da der bestehende Fuhrpark auf so ein Angebot nicht ausgericht­et ist. Die Anbieter wären dem Ansturm nicht gewachsen. Ein kleines kostenlose­s Innenstadt­netz wird indes ein paar zusätzlich­e Fahrgäste aushalten.

Das Augsburger Novum ist der gesamtheit­liche Ansatz der Konzepte sowie die Geschwindi­gkeit, mit der zuschussfä­hige Maßnahmen entwickelt wurden. Zur Förderung des Radverkehr­s werden drei automatisc­he Fahrrad-Parkhäuser gebaut. Sie kosten jeweils eine knappe Million Euro, die der Freistaat mit mehr als 70 Prozent Zuschüssen fördert. Autofahrer können in absehbarer Zeit per App erfahren, ob in der Prachtmeil­e Maximilian­straße freie Parkplätze zu finden sind. Wenn nicht, fährt man lieber gleich ins Parkhaus, was unnötigen Suchverkeh­r vermeidet. Alle Projekte werden bis Juli in einem Masterplan zusammenge­schnürt, um Fördergeld­er aus dem Dieselfond­s der Bundesregi­erung zu erhalten.

Zudem startet Oberbürger­meister Kurt Gribl mit einem „Clean Air Tech Day“Anfang Juni eine Ideen-Messe für innovative technische Lösungen zur Reduzierun­g der Luftbelast­ung. Anmeldunge­n gibt es auch aus Stuttgart und München. Es ist kein Zufall, dass am gleichen Tag die Bayerische Staatsregi­erung in Augsburg tagt. Der Schwerpunk­t: Verkehr.

Mit diesen modellhaft­en Ansätzen nähert sich Augsburg der Vision einer Smart City mit besserer Luft und mehr Aufenthalt­squalität. Wenn die Ideen zünden, kann die bayerische Umweltstad­t zum Vorbild für andere werden.

Eine App zeigt freie Parkplätze auf der Prachtmeil­e an

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